MEIN JAHRESRÜCKBLICK: 22 FRANZÖSISCHE LIEBLINGSORTE AUS 2022

Zweitausendzweiundzwanzig: Zwei Dutzend neue Lieblingsorte in Frankreich! Politisch war 2022 kein gutes Jahr, seit Februar herrscht Krieg in der Ukraine. Beruflich ging es – nach zwei Jahren Pandemie – endlich wieder besser: Für mich als Reiseautorin waren die Einschränkungen in den Vorjahren erheblich gewesen, nicht nur, was das Unterwegssein zum Recherchieren betrifft, sondern mehr noch finanziell – meine Einnahmen hatten sich auf ein mageres Drittel reduziert, dabei wird man mit Reiseführern schon in normalen Zeiten keineswegs reich. Die angestellten Kollegen in den Verlagen waren in Kurzarbeit, alle Projekte und Aktualisierungen auf unbestimmte Zeit zurückgestellt, manche Bücher wurden mangels Nachfrage ganz gekündigt und aus dem Programm genommen. Das Drittel verdanke ich nur meinem zweiten Standbein als Lektorin und Übersetzerin von Kochbüchern. 2022 hat sich einiges normalisiert, Städteurlaub war wieder gefragt, und dass die Wunschziele der wieder Reiselustigen noch eher in der Nähe lagen als weit weg, hat sich positiv auf meine Frankreich-Reiseführer ausgewirkt – fast alle habe ich im Lauf des Jahres aktualisiert, die aufgrund von Corona in die Insolvenz gerutschten Lokale, Bed&Breakfasts und Ausgehadressen gestrichen und neu eröffnete ausfindig gemacht und getestet. Ein Jahresrückblick zu Frankreich im Blog und zu einigen kulinarischen und vinophilen Lichtblicken:

 

22 Lieblingsorte in Frankreich

 

1 und 2 Die junge, lebendige und kulturell attraktive Universitätsstadt Nantes ganz im Westen Frankreichs war schon lange ein Wunschziel, 2020 musste ich wegen der Pandemie eine schon gebuchte Ferienwohnung aber stornieren. Im heißen Juli konnte ich die Reise endlich nachholen, und trotz Temperaturen von 38 °C war die Entdeckungstour entlang der grünen Linie durch den »Kunstsommer« ein voller Erfolg. Nicht verpassen: die Passage Pommeraye!

Meine Lieblingsviertel in Paris wechseln immer mal – noch vor einigen Jahren war der Charme von Batignolles für mich nicht augenfällig, wenn ich dort in einem Hotel übernachtete, das hat sich nach mehreren Spaziergängen durch das 17. Arrondissement geändert. Meine Lieblingsweinbar dort: Les Caves Populaires, wegen des Ambientes und wegen der Mosaikfassade.

4 Und schon vor dem Schwarz-Weiß-Film »Belleville – belle et rebelle« von Daniela Abke zog es mich bei Paris-Aufenthalten öfter mal hinauf zum Parc de Belleville und in das Multikulti-Viertel im 20. Arrondissement. Die Terrasse des MonCoeur de Belleville zählt zu den angenehmsten der Hauptstadt als Zwischenstopp beim Spaziergang.

5 Den Empfehlungen des Gastro-Guides Le Fooding, dessen Tipps etwas trendiger und moderner sind als im GaultMillau oder Michelin, kann man sich meiner Erfahrung nach anvertrauen. Das Café Les Deux Gares war mal von ihnen zum Bistro des Jahres gekürt, und es ist sozusagen die Verkörperung eines Pariser Bistros, wie man es sich wünscht. Retro-Ambiente ohne Folklore, unspektakuläre, aber gute Bistroküche zu maßvollen Preisen.

6 Trotz der unüberschaubaren Vielfalt an Cafés und Bistros in Paris gibt es ein paar Lokale, die ich jedes Mal wieder ansteuere. Beispielsweise das ebenfalls unspektakuläre Café de l’Epoque an der Galerie Vero-Dodat. Ich esse sogar immer die gleiche Vorspeise: Terrine de campagne maison mit »pain grillé« und Cornichons.

Hunderte kleine und große Inseln verteilen sich rings um die Küsten der Bretagne. Habe ich wirklich erst zwei davon besucht? Die Ile de Bréhat ist zwar zu jeder Jahreszeit einen Ausflug wert, als »Blumeninsel« aber besonders im Frühsommer.

8 und 9 Auch vom Zöllnerpfad rund um die Bretagne habe ich erst einen Bruchteil erlaufen. Zu den schönsten Etappen des Küstenwanderwegs gehören die Crozon-Halbinsel und die Pointe de Corsen.

10 Ich hielt »Son et lumière« eigentlich für Kitsch, Chartres hat mich eines Besseren belehrt – die Kathedrale ist schon tagsüber mehr als imposant, illuminiert erst recht faszinierend.

11 Dass man sich durch Vorurteile nur selbst einschränkt, hat mir das hübsche Hafenstädtchen Paimpol im bretonischen Département Côtes d’Armor gezeigt.

12 An Lyon sollte man nicht nur vorbeifahren, das hat sich inzwischen herumgesprochen. Das Treppenviertel Croix-Rousse bietet Szene und Street-Art.

13 Der Jardin du Palais-Royal ist keine Neuentdeckung, sondern ein All-Time-Favorit.

14 Die Rue Montmartre in Paris war früher die Adresse von Tageszeitungen und Magazinen, jetzt habe ich mit dem Café Noir dort nicht nur einen weiteren Lieblingsstopp, auch das 2. Arrondissement hat das Zeug zum Lieblingsviertel.

15 Hat man mal eine Vauban-Festung besichtigt, möchte man auch die anderen sehen. Neuf-Brisach im Elsass gilt als Meisterwerk des Baumeisters.

16 Meine Lieblings-»Mitnahmeartikel«? Lokale Kulinaria! Im Elsass ist dafür die Markthalle von Colmar eine gute Adresse.

17 In Menton war ich nicht das erste Mal, aber bislang noch nie zur Zeit des Zitronenfests. Durchaus ein Tipp: die Côte d’Azur im Februar!

18 Kamelien kannte ich nur aus dem Schlosspark von Pillnitz bei Dresden. Die Kamelien-Allee des Château de la Roche-Jagu in der Bretagne vereint unzählige Sorten, eine blüht schöner als die andere.

19 In manche Städte verliebt man sich gleich auf Anhieb, und dazu gehört Antibes. Der Flohmarkt, die Altstadt, die offene Markthalle, die Künstlerateliers in der Stadtmauer, das Kunstwerk von Jaume Plensa am Jachthafen, die Stadtstrände…

20 und 21 Ob mein Eindruck stimmt, dass ich in Marseille besser gegessen habe als in Paris? Ich sage nur La Mercerie und Ouréa… Das neue Hafen-Viertel hat dagegen gemischte Eindrücke hinterlassen, auch wenn die beeindruckenden, mehr als 300 Meter langen Speicherhäuser gerettet und aufwendig renoviert wurden.

22 In Saint-Malo wäre ich Anfang November gern zum Start der Rum-Regatta gewesen. Immerhin war ich dank NDR online beim Start dabei (und habe dann während der Atlantik-Überquerung einigen Seglerinnen und Boris Herrmann die Daumen gedrückt).

 

 

22 gute kulinarische Dinge

 

Keine Zitrone wie jede andere: Die Zitronen aus Menton sind süßer als ihre handelsüblichen Verwandten und zeichnen sich durch eine aromatische, essbare, kaum bittere Schale aus. Nicht ganz so berühmt wie Amalfi-Zitronen aus Süditalien und wie die neuerdings gehypten Meyer-Zitronen, werden sie in Frankreich von Chefköchen und Feinschmeckern höchst geschätzt.

Ab und zu gibt’s bei der Gemüsehändlerin meines Vertrauens und auf dem Wochenmarkt inzwischen Postelein und Brunnenkresse. Vor allem letztere werde ich 2023 noch öfter verwenden, mit Kartoffeldressing, mit Artischocken und weißen Bohnen oder mit Kichererbsen und Couscous, mit Linsen und Wurzelgemüse oder zu Roter Bete.

Einen Salat werten essbare Blüten nicht nur optisch auf, sondern auch geschmacklich. Kapuzinerkresse gedeiht auf meinem Balkon, im Garten wuchert Borretsch, für den Frühlingssalat war der Wochenmarkt ergiebig.

Ja, man kann Rosenkohl roh essen: Ein Rosenkohlsalat mit Gelber Bete, Walnüssen und Parmesan schmeckt tatsächlich richtig gut.

Beim letzten Kölner SlowFood-Treffen war die Regionalwert AG Rheinland Thema: Eine Bürgeraktiengesellschaft fördert nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung durch finanzielle Beteiligungen und ein regionales Partnernetzwerk. Beteiligung empfohlen! Auch anderswo!

Meine Lieblingsrebsorte ist Weißburgunder und ich freue mich über jeden feinen Wein daraus. Außer Gesine Roll aus Rheinhessen mit dem Weingut Weedenborn zählt seit meiner Nahe-Tour nun auch Caroline Diel zu meinen Lieblingswinzerinnen.

Dieses Jahr gab es wieder selbst gemachte Marmelade aus französischen Aprikosen. Einfach gut!

Dank herzhafter Galettes aus Buchweizenmehl bin ich in der Bretagne auf den Geschmack gekommen, jetzt verwende ich Buchweizen auch gepufft für Granola und als Schrot fürs Müsli, am liebsten aber ganze Körner im Salat, beispielsweise mit Fenchel, Walnüssen und Kräutern.

9 Früher mochte ich keinen Sekt, doch seit ich regelmäßig im Elsass bin, darf’s gern ein Gläschen Crémant sein.

10 Wenn sie richtig reif ist, schmeckt Ananas schon pur ausgezeichnet, doch eine süße Mandel-Gremolata mit frischer Minze und Zitronenmelisse hebt sie in ganz neue Geschmackssphären.

11 Andere Länder, andere Sitten – gern abgeschaut habe ich mir die Gewohnheit, schon zum Frühstück Salat aufzutischen. Ob Orange Staudensellerie Haselnüsse, Apfel Staudensellerie Gurke oder Möhre Apfel Mandeln – Gemüse schmeckt schon morgens.

12 Was verbindet mich mit Ludwig XIV.? Wie der französische Sonnenkönig bin ich ein Fan frischer Erbsen. Wann immer es sie auf dem Markt gibt, greife ich zu und verwende sie im Frühlingspanzanella, kombiniere sie mit Radieschen und Mozzarella oder nur mit Schnittlauchöl.

13 Nirgendwo kann man besser österreichische Weine probieren als im Heunisch & Erben in Wien.

14 Schon der Winterwirsing ist ein vielseitiger Kohl, jetzt macht der zarte Sommerwirsing auch die andere Jahreshälfte zur Saison für Krautköpfe.

15 Alkoholfreier Prisecco von den Streuobstwiesen in Baden-Württemberg: Jörg Geiger stellt in seiner Manufaktur aus alten Obstsorten feine Cuvées her.

16 Das Kochbuch »Junges Gemüse« aus dem Gestalten Verlag ist ein kein üppig bebildeter Rezept-Blätterband, sondern ein Ideen-Fundus für erfahrene Köchinnen – kurz und knapp gibt’s 800 Anregungen »für mehr Grünzeug auf dem Teller«.

17 Birnen wie bestellt – süß, saftreich, butterzart, aromatisch: die Sorte Vereinsdechant hat sich zu meinem Lieblingsobst entwickelt.

18 Neue Keramik: Auf der französischen Keramik der Jars-Manufaktur und den schönen flachen Tellern von Marcelina Król-Kadłucka (Studio M) fotografiere ich meine Salate am liebsten. Schon das zweite Mal habe ich bei ihr via Etsy bestellt, Teller von Jars bringe ich mir aus dem BHV in Paris oder einem Laden in Bordeaux mit.

19 Auf einer Wochenendtour ist die Zeit knapp für Winzerbesuche zum Kennenlernen der Region. Da war die Nahe-Vinothek mit ihrer umfangreichen Weinkarte die ideale Anlaufstelle.

20 Auf so manche Bücher von schreibenden Köchen kann ich gut verzichten, »Always Home« von Fanny Singer dagegen ist ein beglückendes und berührendes Buch.

21 Die Erdbeersorte Mara des Bois habe ich schon 2021 entdeckt. Seither darf ein Obstdessert auch mal nur aus Erdbeeren bestehen, denn sie schmecken fast wie Walderdbeeren.

22 Für einen besonderen Essig oder eine fruchtige Vinaigrette bin ich schnell zu begeistern. Besonders angetan hat es mir Johannisbeervinaigrette.

Jahr 2022 Ende