AUSFLUGSTIPP IM ELSASS: NEUF-BRISACH
Festungen für den Sonnenkönig: Im Auftrag von König Ludwig XIV., der mit all seinen Nachbarn Krieg führte, schützte Festungsbaumeister Sébastien Le Prestre de Vauban (1633–1707) ganz Frankreich mit einem Netz von Bollwerken, plante neue und modernisierte bestehende Festungen. Zwölf besonders gut erhaltene Fortifikationen des Architekten gehören seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe, die befestigte elsässische Stadt Neuf-Brisach gilt als sein Meisterwerk: »Der schönste von allen Edelsteinen der französischen Krone war die Rheinfeste.« (Ludwig XIV.)
Französische Militärarchitektur: Mit dem Aufkommen der Kanonenkugel aus Metall bieten hohe Stadtmauern keinen Schutz mehr. Breite Erdwälle und freie Pufferzonen, die sogenannten Glacis, kommen auf. Die Anlage von Neuf-Brisach basiert auf der für Vauban typischen achteckigen Sternform – zur Verteidung dienen acht bastionierte Türme, jeweils ausgestattet mit Kanonen und Pulverkammer sowie riesigen Kasematten, in den rund 300 Mann Platz fanden. Der achteckigen Festung vorgelagert sind weitere Umwallungen – das halbhohe Zangenwerk (Tenaille) mit Durchgängen, die den Soldaten den Wechsel zwischen inneren und äußerem Wallgraben ermöglichten. Weitere Außenwerke heißen Kontergarden (Contre Garde) und Halbmondwerke (Demi-Lune), und ihre versetzte Anordnung ermöglichte einerseits ein Kreuzfeuer zum Schutz der Wallgräben, bildete andererseits eine Reihe von sukzessiven Hindernissen für die Belagerer. Das deckungslose Glacis jenseits der Werke konnte von den auf den Bastionen aufgestellten Geschützen bestrichen werden. Ein prunkvolles Eingangstor, die Porte de Colmar, geschmückt mit dem Sonnensymbol des Königs Ludwig XIV., bildet den Stadteingang. Stadttore galten dem 1678 zum »Commissaire général des fortifications« ernannten Vauban als Schwachpunkte, deshalb begrenzte er ihre Anzahl auf vier (zwei der von Hardouin-Mansart entworfenen Toranlagen wurden leider zerstört). Wer den Weg oben auf dem inneren Sicherheitswall wählt, entdeckt dort Hohltraversen, die zu den Artilleriestellungen gehörten, sowie im 19. Jahrhundert errichtete Schutzräume und gepanzerte Beobachtungskuppeln.
Stadt in der Stadt: Nahezu unbeschadet überstand Neuf-Brisach die Jahrhunderte. Obwohl als funktionale Militärarchitektur geplant, entstand etwas Schönes und Harmonisches. Ein halbstündiger Rundgang führt durch die Gräben rund um die Befestigung oder oben auf dem hohen Schutzwall entlang. Das Gelände innerhalb des Oktagons unterteilte Vauban in 48 Vierecke für Wohnhäuser. Nicht nur ein weitläufiger (Exerzier)Platz und die mächtige Garnisonskirche Saint-Louis im Zentrum fanden Platz, auch mehrere Straßen gliedern die schachbrettartigen Stadtanlage. Denn Vaubans Interessen reichten über das Militärische hinaus, neben dem Festungsbau beschäftigte er sich auch mit Fragen der Stadtplanung, des Baus von Wasser- und Verkehrswegen und vielem mehr. So ließ er auch den Canal de Rouffach (später Canal de Vauban) anlegen, auf dem mit eigens dafür entwickelten Lastkähnen das Baumaterial für die Festungsstadt herangeschafft wurde.
Meisterwerk Neuf-Brisach: Nach dem Ende des Pfälzischen Erbfolgekriegs machte der Vertrag von Rijswijk den Rhein im Jahr 1697 wieder zur Grenze, der Sonnenkönig musste sich einer Allianz verschiedenster Gegner geschlagen geben, das 1648 gewonnene und bereits befestigte rechtsrheinische Breisach fiel an Österreich. Durch die territoriale Neuordnung war das Elsass allerdings schutzlos, daher ließ Ludwig XIV. die Grenzprovinz durch Vauban militärisch befestigen, um Frankreich gen Osten zu sichern. Als Gegenstück zu Breisach entstand ab 1699 in nur drei Jahren die Garnisonsstadt Neuf-Brisach »vom Reißbrett«. Das Vauban-Museum in der Porte de Belfort zeigt ein Stadtmodell sowie Dokumente zur Stadtgeschichte und zum genialen Baumeister, der als der bedeutendste Militärarchitekt der Barockzeit gilt.