WIEN: DIE WEINBAR HEUNISCH & ERBEN
Erbfolge: Heunisch & Erben, das hört sich nach einer Dynastie an. Und so ist es auch! Nur handelt es sich nicht um alten österreichischen Adel, sondern um eine fast vergessene Ur-Rebsorte, die schon im Mittelalter kultiviert wurde und von der viele weitere – insgesamt wohl mehr als hundert – europäische Rebsorten abstammen, darunter auch Chardonnay und Riesling, Aligoté und Auxerrois, Gamay und Blaufränkisch (Lemberger). Diese »Erben« gibt es in der Wiener Weinbar von Robert Brandhofer und Markus Gould glas- oder flaschenweise, zu bestellen aus dem lexikon-dicken Weinbuch oder nach Empfehlung.
Für Weinbegeisterte: Das schöne Ecklokal mit Weinkisten-Installation unter der Decke und angenehmer Akustik trotz hoher Räume steuere ich bei jedem Wien-Besuch an, neben der entspannten Atmosphäre schätze ich den fixen und sehr, sehr freundlichen Service. Hauptgrund ist aber natürlich die fantastische Weinauswahl. Den Blick in die über 1500 Positionen umfassende, vielseitige und raritätenreiche Weinkarte mit Flaschen aus internationalen Anbaugebieten haben wir uns geschenkt, weil wir Unterschiedliches aus Österreich probieren wollten (und eher nicht zum Essen, sondern zwischen den Gängen). Da schon die Auswahl glasweise rund 100 Weine umfasst, kommt hier Spezielles ins Glas, das man mit hoher Wahrscheinlichkeit sonst nie zu trinken bekommt oder überall kaufen könnte. Im Weingut von Thom Wachter etwa, von dem ich einen Weißburgunder und einen großartigen Blaufränkisch getrunken habe, bewirtschaftet der Winzer im Süd-Burgenland nur 3 Hektar an Rebflächen. Probiert haben wir außerdem einen Gemischten Satz von Edlmoser aus Wien, einen Grünen Veltliner aus der Wachau von Tom und Bianca Schmelz, einen Chardonnay von Andreas Ziniel aus dem Burgenland und einen Zweigelt, den ich mir blöderweise nicht notiert habe. Weinmagazin Falstaff zufolge gibt es in ganz Österreich keine so phänomenale Auswahl offener Weine wie hier im Heunisch & Erben.
Fein essen: Was auf keinen Fall unterschlagen werden darf: Hier wird auch außergewöhnlich gut gekocht! Bei den Menüs stehen vier und bis zu acht Gänge zur Wahl, neben den Gerichten à la carte. Für mich gab es unter anderem Knollensellerie mit Pekannuss, Gselchtem und grünem Apfel, Kräuterferkel mit Spitzkraut und Kümmelmilch, Kalb mit Rollgerste und weißer Karotte, für meinen Mitesser Gebirgsforelle und Zander mit Süßlupinen, Erbsen und Kohlrabi. Die Größe der Portionen ist gerade recht, um sich mit dem Abendessen nicht magenschwere Alpträume einzuhandeln, mag aber womöglich Fans von Schnitzeln, die über den Tellerrand reichen, enttäuschen. Alles war raffiniert und kreativ, doch ohne Firlefanz zubereitet und schmeckte großartig – drei Hauben und 16 Punkte im GaultMillau für Küchenchef Michael Gubik und »thumbs up« von uns. Wir freuen uns schon auf die nächste Wien- und Weinreise!
Landstraßer Hauptstraße 17, 1030 Wien, www.heunisch.at, Mo–Sa 15–1 Uhr, Abendkarte 18–22 Uhr