Es kann kein Zufall sein, dass ich für meine Reiseführer immer Weinregionen ausgewählt habe oder Städte, in denen man gut essen kann. In Württemberg, Elsass, Pfalz und auf Korsika, in Bordeaux, Paris, Stuttgart, Straßburg und Dresden fällt die Liebe zum guten Essen und zum guten Wein leicht. Wenn ich nicht gerade unterwegs bin und auswärts esse, koche ich gerne selbst, am liebsten bereite ich das zu, was ich selbst am liebsten mag, also Vegetarisches, Suppen, Salate, Salate, Salate… Als passionierte Genießerin teste ich aber genauso gern neue Rezepte und studiere Kochbücher, Foodblogs und kulinarische Magazine in Hülle und Fülle.

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Kochbücher

Wann immer ein Kochbuch erscheint, war eine ganze Reihe von Personen beteiligt – von der Idee bis zum Druck. Weitaus häufiger als von einem Koch oder einer Köchin, einem Foodjournalisten oder Fotografen kommt das Konzept zum Buch vom Verlag, der sich dann Autoren sucht – teils mehrere: für Rezepte und andere Texte, etwa Warenkunde –, eine Foodfotografin beauftragt und von einer Grafikerin ein Layout dafür entwickeln lässt. Nicht nur Themen, auch Promi- und Foodblogger-Kochbücher, Restaurant- und Länderkochbücher, Anfängerkochbücher, Cocktail- und Backbücher brauchen ein überzeugendes Konzept. Zwar müssen die Rezepte inspirieren und funktionieren, doch das ist nur die »halbe Miete«: Das Visuelle und Haptische spielen eine große Rolle, erst ansprechende Fotos und eine gelungene Gestaltung von Seiten, Typografie und Ausstattung machen aus einer Rezeptsammlung ein »Must-Have«-Kochbuch. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Dass alle Verlage »Foodtrends« beobachten, erklärt die Vielzahl von mehrfach besetzten Trendthemen wie Streetfood, Paleo, Smoothies, veganer Küche oder Superfoods, Landfrauenrezepten, Heimwehküche, Bierbrauen oder Fermentieren. Weil auch jeder Verlag, der selbst Kochbücher veröffentlicht, genau auf den internationalen Buchmarkt schaut – auf der Buchmesse in Frankfurt sieht man immer schon Layoutmuster für das kommende oder übernächste Jahr – muss man sich erst recht anstrengen, wirklich originell zu sein und Qualität zu produzieren. Der Aufwand, den ein Kochbuch-Team betreibt, ist zwar nicht auf den ersten Blick offensichtlich, aber wer genau hinschaut, bemerkt den Unterschied (zwischen hingehunzt und zusammengeklaut und ausgetüftelt, kreativ und erprobt).

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Lektorat

In einem Kochbuch darf’s eben nicht »ein bisschen mehr« sein, hier müssen Garzeiten und Mengen stimmen. Auch »Buchstabensuppe« ist weder in der Zutatenliste noch bei der Rezeptanleitung erwünscht – auf den Punkt wird nicht nur Fleisch und Fisch gegart, auch beim Lektorat muss auf den Punkt genau gearbeitet werden. Das gilt für Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik nicht minder als für den Inhalt: Wieso zwei Füllungen für eine Weihnachtsgans? Und was wird aus den Tomaten in der Zutatenliste, die nirgendwo sonst mehr erwähnt werden? Passt die knappe Anleitung zur Zielgruppe oder weiß diese gar nicht, was blanchieren oder sous-vide ist?

Kontrolliert wird auch, ob Foodfotos und Rezept übereinstimmen: Hat der Fotograf andere Kräuter als Deko verwendet? Ist die Pizza viereckig wie im Rezept oder rund geformt? Sind die roten Stückchen auf dem Foto getrocknete Tomaten oder Cranberrys? Ist das von den Roten Beten rot gefärbter Chicoree im Salat oder Radicchio Trevisano? Ist auf dem geschichteten Dessert nicht doch die Sahne zuoberst statt der Creme?

Wo immer möglich, werden Testköche mit dem Nachkochen aller oder eines Teils der Rezepte beauftragt und ihr Feedback eingearbeitet. Letzte Unstimmigkeiten fallen beim Korrekturlesen und beim Erstellen des Registers auf.

Fotografie

Bilder sagen mehr als 1000 Worte, das gilt auch für Kochbücher. Für die Fotos wird ein ausführliches Briefing erstellt: Soll Schrift ins Bild, werden Hoch- oder Querformate benötigt, welche grundsätzliche Optik passt zum Thema, aus welcher Perspektive – schräg oder von oben – soll das Gericht ins Bild gesetzt werden, wieviel Unschärfe darf sein? Soll nur bei Tageslicht fotografiert werden oder sogar draußen? Welchen Anteil bekommen Porträts des Kochs oder der Produzenten, die einzelnen Arbeitsschritte, welche Rolle sollen Warenkunde, Kapitelaufmacher, Moods (visuell) spielen? Die Fotografen wiederum arbeiten mit Foodstylisten zusammen, die Geschirr, Textiles und Accessoires besorgen, dekorieren und stylen – und oft auch kochen, wenn der Sternekoch nicht seinen Souschef zu Überstunden »überredet«. Haarspray auf dem Essen ist übrigens Schnee von gestern – was für Kochbücher fotografiert wird, kann man am Ende des Fotoshootings in der Regel auch aufessen (in der Werbung und für Lebensmittelverpackungen ist das anders, da wird mit Öl und Photoshop gemogelt).

 

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Übersetzung

Viele auf Deutsch lieferbare Kochbücher sind Übersetzungen aus dem Englischen oder Französischen. Das erfordert andere Arbeitsschritte und Überlegungen, und als Übersetzerin merkt man schnell: Der Fehlerteufel versteckt sich überall. »Falsche Freunde« gibt es auch bei Zutaten, die Pepperoni Pizza ist dann doch keine Pizza mit Peperoni, wie das dazugehörige Foto eindeutig zeigt, sondern Pizza mit scharfer Salami.

Zutaten müssen den deutschen Gegebenheiten angepasst werden, in amerikanischen Kochbüchern wird viel mehr Zucker verwendet, die britischen Molkereiprodukte haben ganz anderen Fettgehalt (thick heavy cream, thick double cream) und das Mehl (self raising flour) enthält schon Backpulver. Überhaupt Mehl- und Zuckersorten – eine Wissenschaft für sich! Andere Zutaten bekommt man nicht an jeder Ecke, Passionsfrucht- und Granatapfelmark, Pistazienpaste, neuseeländische Kekssorten für den Krümelboden vom Käsekuchen, »finger limes«, »golden syrup«, Atlantikfische und Meeresfrüchte im französischen Fischkochbuch, asiatische Spezialitäten im Vietnam-Kochbuch und und und und… In vielen Ländern sind die Fleischzuschnitte beim Rind und Schwein anders, ein Chateaubriand, Contrefilet oder Onglet muss man erst mal zuordnen – letzteres heißt im Deutschen Nierenzapfen. Rätsel geben auch manche Zubereitungsarten auf, etwa wenn Fleisch in normalen Einkaufsplastiktüten mariniert, Schinken in Cola gekocht oder Lachs in der Spülmaschine zubereitet wird. In Großbritannien sind nur kurz gegarte Bohnen im Rezept kein Problem, deutsche Leser fragen, ob man sie vergiften wolle.

Von Maßeinheiten und Garzeiten gar nicht zu reden: Die 50 cl im französischen Backbuch sind selbstverständlich 500 ml im Deutschen, bei Cups und Ounces muss ohnehin umgerechnet werden. Und zwar nicht wenig: wieviel wiegt 1 cup Mandelmehl, 1 cup Honig, 1 cup Kakaonibs oder 1 cup Datteln? Die Umrechnung von Ounces ergibt zudem immer ungerade Zahlen – in deutschen Rezepten machen 55 g Zucker dann einen komischen Eindruck. Insbesondere Sterneköche haben ganz andere Geräte als »Normalo«-Haushalte, auch hier muss jede Garzeitangabe kritisch geprüft werden. Die deutsche Übersetzung ist zudem um etwa 15 Prozent länger als das englische Original, so dass gegebenenfalls gekürzt werden muss, weil die Rezeptseite ohnehin schon voll ist, was für die Ausführlichkeit und Präzision der Zubereitungsschritte durchaus problematisch sein kann.

 

Slow Food

Seit vielen Jahren bin ich Mitglied, erst in Köln, dann in Düsseldorf, München und Stuttgart, jetzt wieder Köln. Mit meinem jeweiligen Convivium habe ich schon Brotbäcker, Kräuterbauern, Winzer, Obstbrenner und Schäferinnen besucht, und auf der Slow Food-Messe »Markt des guten Geschmacks« in Stuttgart ehrenamtlich in der Vinothek ausgeholfen.

Slow Food, die mittlerweile in 120 Ländern aktive Bewegung, engagiert sich für die Bewahrung der Esskultur und für nachhaltige Landwirtschaft. Erklärtes Ziel der Bewegung ist es, dem weltweiten Fastfood-Trend bewusst »Slow Food« entgegenzusetzen – mit genussvollem Essen, guten Produkten und Rückbesinnung auf die kulinarischen Traditionen der Regionen. Das heißt: Lebensmittel sollen nicht nur fair und umweltschonend, möglichst sogar biologisch, produziert sein und auf kurzen Wegen transportiert werden, mit der »Arche des Geschmacks« wird auch das Ziel verfolgt, alte Kulturpflanzen und Nutztierrassen vor dem Verschwinden zu bewahren und die Biodiversität zu erhalten.

http://www.slowfood.de