NANTES: DER KUNSTSOMMER
Folgen wir der grünen Linie! Der Zufall verschaffte uns gleich neben einer grünen Linie auf dem Bürgersteig einen Parkplatz (Mitte Juli bis Mitte August ist das Parken gratis in der gelben Zone, also rund um die rote Zone der Innenstadt), sodass wir ab der Place Viarme gleich auf Entdeckungstour gehen konnten. Vorbei am Marché de Talensac und dem Hochhaus »Tour de Bretagne« erreichten wir frühmorgens – noch vor der mittäglichen Gluthitze von 38 °C – die Fußgängerzone im Quartier Bouffay und konnten in unserem Hotel das kleine Handgepäck loswerden. Jedes Jahr in den Sommermonaten wird ganz Nantes zur Open-Air-Kunstausstellung – in diesem Jahr vom 2. Juli bis zum 11. September 2022. Denn die Kunst zeigt sich nicht in Museen oder Galerien, sondern auf der Straße. Und die gemalte grüne Linie führt zu den Werken und Installationen, nach Belieben auch mit Audioguide vom Office de Tourisme. Dort, wo Künstler die Ladenzeichen von Geschäften neu »interpretierten«, weist ein Piktogramm in Form eines Auges an der grünen Linie darauf hin. Wie so oft bei Kunst im öffentlichen Raum sind die Arbeiten am interessantesten, die Bezug auf ihre Umgebung nehmen und nicht überall auf der Welt stehen könnten.
Le Voyage à Nantes: Temporäre, für diesen Sommer installierte Arbeiten und dauerhafte Werke begegnen auf Schritt und Tritt auf dieser Route der zeitgenössischen Kunst. Es heißt die Augen aufzuhalten, denn an jeder Straßenecke kann Unerwartetes auftauchen – wer nichts verpassen will, für den lohnt es sich, den Stadtplan, das dicke Informationsheft oder die Website von »Le Voyage à Nantes« zu Rate zu ziehen. Für eine Pause zwischendurch sind das »Lieu Unique« am Bassin Saint-Félix, das Café de l’Orangerie im botanischen Garten oder die Cantine du Voyage am Ufer der Loire ideal – weil es so heiß war, haben wir für ein kühles Getränk sogar noch einige weitere Cafés angesteuert. Hervorragend zu Mittag gegessen haben wir im Lamacotte, abends noch den lokalen Muscadet in einer Weinbar mit ausgesprochen kundigem Wirt probiert.
Kunst an jeder Ecke: Die Fotos zeigen nur eine kleine Auswahl – »Le Fileur« von Jean Jullien im Jardin des Plantes, der die grüne Linie sozusagen ausrollt, ist das Aufmacherbild. Es folgen »Eloge du pas de côté« (Lob des Schritts zur Seite) auf der Place du Bouffay von Philippe Ramette, dann drei Werke auf der Ile de Nantes – »Air« von Rolf Julius (eine Klanginstallation am Bâtiment Manny, die dessen metallische Fassade »hörbar« machen soll), »L’Absence« (ein himmelblauer Pavillon) vom Atelier Van Lieshout und »Métre à Ruban« (Metermaß am Bâtiment Aethica) von Lilian Bourgeat. Nach einem der »Automaten« von Gavin Pryke folgen die Ladenschilder von Viva Las Vegas (18 rue de Verdun und Place Félix Fournier) und Le Gentil Garçon (31 rue de Verdun). Am Ende sind »Le Temps entre les pierres« an einer Brandmauer in der Rue des Echevins von Flora Moscovici und eine der schwarzen Silhouetten vor der Basilika Saint-Nicolas von Hélène Delprat zu sehen. Das ist längst nicht alles, doch aufgrund der Julihitze haben wir es weder bis zu den Ringen (»Les Anneaux«) von Daniel Buren geschafft noch ins Quartier Chantenay mit dem Jardin Extraordinaire. Fazit: Es war keinen Moment langweilig, über Sehenswertes gibt’s einen Extra-Blogartikel, Markt und Jardin des Plantes habe ich schon gerühmt. Wer sich zwei oder mehr Tage Zeit nimmt, kann auch noch einen Ausflug ins Weingebiet oder Richtung Loire-Mündung bei Saint-Nazaire einplanen. Nantes ist eine schöne, entspannte und grüne Stadt! Wir kommen wieder, und bestimmt nicht erst zum Kunstsommer 2023.
www.lamaccotte-restaurant-nantes.com