BRETAGNE: AUSFLUGSTIPP PAIMPOL
Küstenort: Den Hafen säumen schöne Reederhäuser entlang des Quai Morand, in den Gassen der Altstadt treffen Granitfassaden auf Fachwerk mit Schnitzereien. Paimpol im Département Côtes d’Armor ist eine belebte kleine Hafenstadt, und besonders sympathischer Trubel herrscht dienstags am Markttag, wenn sich die Stände auf Place du Martray, Place des Halles, Rue Saint-Vincent und Rue de l’Eglise verteilen. Aber auch an anderen Tagen laden die Gassen wegen der hübschen Geschäfte zu einem kleinen Bummel ein. Um 7200 Einwohner zählt das Städtchen, in das ich aus irrationaler Abneigung eigentlich nie fahren wollte. Denn mit dem Buch »Voyage à Paimpol« von Dorothée Letessier habe ich Französisch gelernt, reihum von den Lernenden Satz für Satz übersetzt, eine quälend langsam zusammengestotterte Lektüre – leider blieb am Namen des Orts die negative Erinnerung haften (an die Art des Lesens, nicht des Buchs). Jetzt bin ich gänzlich eines Besseren belehrt und spaziere gutgelaunt an der hübschen Marina entlang oder setze mich in eine der Bars mit Blick auf die Segelboote und genieße die entspannte Atmosphäre.
Vom Kabeljaufang zur Austernzucht: Ab Mitte des 19. Jahrhunderts und bis 1935 war Paimpol vor allem ein Hafen für die Hochseefischerei. In seinem 1886 erschienenen Roman »Die Islandfischer« hat Pierre Loti das harte und entbehrungsreiche Leben geschildert. Bei den monatelangen Fahrten in den hohen Norden verloren viele Paimpolais ihr Leben. Damals war der Kabeljaufang vor Neufundland und Island die wirtschaftliche Grundlage des Orts und der Schriftsteller konnte den Stoff sozusagen vor der Haustür sammeln. Die Romanheldin Gaud Mével lebt im selben Haus an der Place du Martray, wo auch ihr Erschaffer Loti einst wohnte. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich Julien Viaud (1850–1923), Marine-Offizier und kein gebütiger Bretone, sondern in Rochefort geboren. Bis heute spielen der Fang von Fisch und Krustentieren sowie die Austernzucht ökonomisch eine Rolle, daneben lebt Paimpol vor allem vom Tourismus, dem »port de plaisance« (dem großen Jachthafen) und der Landwirtschaft (vor allem Tomaten werden angebaut). In einem Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, in dem früher der Kabeljau getrocknet wurde, erinnert heute das Musée de la Mer an das maritime Erbe (bis Frühjahr 2023 allerdings noch wegen Renovierung geschlossen).
Einkaufen: Bei jedem Ausflug nach Paimpol steuere ich den Porzellanladen Passé Composé in der Rue des Huit Patriotes (Nr. 10) an, der sich auf altes Geschirr spezialisiert hat. Tellerstapel türmen sich neben Suppenterrinen, Tassen und Gläsern, ein bisschen Keramik gibt’s im Hinterhof, alte Tischwäsche in einer Anrichte. Nur ein paar Schritte entfernt bietet La Cale aux Epices (6 rue des Huit Patriotes) Pfeffer und andere Gewürze an, und den Käseliebhaber:innen unter den Foodies empfehle ich die Fromagerie (16 rue de Huit Patriotes). Einen Blick werfe ich außerdem immer in die Buchhandlung Librairie du Renard (8 rue de l’Eglise) und die Weinhandlung Cellier du Goëlo (2 rue de l’Eglise), die auch Feinkost führt. Und im Laden mit der schönen Mosaikschrift an der Ecke der Rue de Romsey zum Hafen hin residiert kein Uhrmacher mehr, sondern der Glacier Adam, der aus lokaler Milch leckeres Eis herstellt. Lokal gebraut wird auch das Craft Beer der Bio-Brauerei La Bonne Humeur, deren hübsche Flaschenetiketten ein Walfisch ziert, während die Räucherei Fumoir de Paimpol (24 quay Armand Dayot) direkt am Hafen Fischkonserven produziert und verkauft. Und wer nach hübschen Dingen für Wohnung oder Kleiderschrank sucht, schaut beim Conceptstore Le Chantier de Jeanne (6 rue Georges Brassens) vorbei, wo ebenfalls die schöne alte Schrift an der Fassade bewahrt wurde.
Le Goëlo: Nur wenige Kilometer von Paimpol entfernt, lockt zum einen die kurze Überfahrt zur »Blumeninsel«, zum anderen eine eindrucksvolle, malerisch verfallene Abteiruine. Von der Pointe de l’Arcouest nördlich von Paimpol geht es in kurzer Überfahrt mit der Fähre zur Ile de Bréhat, die südlich gelegene Abbaye de Beauport im Stil der normannischen Gotik liegt fast direkt am Meer. Den letzten Ausflug nach Paimpol habe ich zur Erkundung des Goëlo genutzt, so heißt die bretonische Küstenregion südlich des Orts, doch davon ein andermal mehr.