TYPOTRAVELETTE UNTERWEGS: MARKTSCHILDER IN FRANKREICH

Richtig ausgezeichnet: Auf dem Wochenmarkt in Frankreich sehen die Marktschilder etwas anders aus als in Deutschland. Um Gemüse und Obst zu kennzeichnen und mit Preisen zu versehen, greift man in Deutschland gern auf wiederverwendbare Kistenschilder oder Teleskopständer zurück, in Frankreich auf Hängeschilder und handschriftliche große Zettel, die in einer Reihe über der Ware aufgehängt werden. Nur in den seltensten Fällen sind die Schilder bedruckt sondern in der Regel von Hand beschriftet.

Auszeichnungspflicht: Beim Verkauf von Obst und Gemüse auf dem Wochenmarkt müssen auch die Preisschilder gewisse rechtliche Vorgaben erfüllen. Seit vielen Jahren sind Gewerbetreibende zur Auszeichnung von Waren aller Art verpflichtet. In Deutschland besteht die sogenannte Preisangabenverordnung (PAngV) bereits seit 1985, die die Warenauszeichnung regelt. Deutlich und lesbar beschriftete Preisschilder müssen bestimmte Informationen beinhalten, so ist etwa bei Speisekartoffeln oder Erdbeeren die Handelsklasse anzugeben, bei Äpfeln, Birnen und Trauben auch die Sorte. Für unverpackte lose Ware stellt der Gesetzgeber geringere Anforderungen – hier ist lediglich der Grundpreis pro Kilogramm oder Stück anzugeben, da Kundin oder Kunde Informationen beim Verkaufspersonal erfragen können. Weitere Angaben wie »Aus eigener Ernte« sind freiwillig möglich. Eigentlich ist auch in Frankreich die Angabe des Ursprungsland bei der »étiquetage« Pflicht, doch wie auf den Fotos zu sehen, steht es nicht immer dabei.

Eine Frage der Etiketten: Hersteller wie Bequet liefern auch individualisierte Preisschilder (»signalétique personnalisé«), mithilfe derer sich besser ein bestimmter Eindruck erzeugen lässt, beispielsweise um auf Bio- oder Premiumqualität aufmerksam zu machen. Besonders beliebt sind Preisschilder mit »roulette«, also mit einer Drehscheibe für den Grundpreis. Denn wenn es darum geht, ein Produkt zu beurteilen, tragen beispielsweise auch Design und Material des Preisschildes zum Gesamteindruck der Käufern bei. Farbe spielt hier eine ganz wichtige Rolle – so suggeriert Rot Erschwinglichkeit, der Einsatz von Schwarz, etwa bei Fleisch oder Käse, steigert den wahrgenommenen Wert des Produkts erheblich. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung spezieller Materialien, die sich von anderen unterscheiden, wie Holz oder kleiner Schiefertafeln: In Menton betonte das Spanholz das Handwerkliche der angebotenen Käsesorten, in Antibes hatte der Gewürz- und Kräuterstand sich für kleine Kreidetafeln mit Rahmen entschieden (»ardoise écolière«), wie es sie früher in der Schule gab, in der Makthalle Le Havre nennen edle schwarze Preisschilder Namen und Herkunftsregion.

Typografie überall! In der Stadt tut sich für alle die, die die Augen offen halten, eine ganze Schriften- und Schilderwelt auf. Schriftzüge und Buchstaben sind allgegenwärtig und prägen Orte auf subtile und doch eindrückliche Weise. Wer durch Frankreichs Städte oder Dörfer streift, wandert durch Jahrhunderte des geschriebenen Worts. In den Straßen, auf Verkehrsmitteln, Ladenschildern, den Fassaden von Cafés und Restaurants, auf Mauern und Werbeplakaten: Jede Stadt hat ihre ganz eigene urbane Typografie. In Metropolen wie Paris vermischen sich verblasste oder verwitterte Schriftzüge, Leuchtreklamen mit Kultstatus, historische Stadttypografie, traditionelle Restaurant- und Ladeninschriften mit urbaner Street-Art und Graffiti, Neon-Zeichen und Werbeplakaten, kunstvoller Mosaikschrift und Trottoir-Typo, modernen Markensignets und Leitsystemen zur Orientierung. Die Typografie im Stadtbild spiegelt die Geschichte Frankreichs auf eine ganz eigene Art wider und vereint dabei nostalgischen Retro-Charme mit stetem Wandel.

Paris Marktschilder Richard Lenoir

Paris Marktschilder

Antibes Markt Kraeuter

Paris Markt Aligre

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