LYON: DAS RHÔNE-UFER
Relaxen am Fluss: Der Umbau von Lyon ist im vollen Gange: Spazier- und Radwege statt Kaimauern, Park statt Parkplätze. Wie viele andere Städte wandte Lyon seinen Flüssen jahrzehntelang den Rücken zu, die Uferstraße wurde gar zur Autobahn ausgebaut. Ende der 1990er-Jahre erkannte man das Potenzial der »blauen Adern«. Mit erheblichem Aufwand schuf man an den Flussufern von Rhône und Saône grüne Trassen für Fußgänger und Radler, die mitten in der Stadt für mehr Sport- und Freizeitanlagen, Luft und Lebensqualität sorgen. Schon vor mehr als zehn Jahren bekam die Stadt zwei internationale Preise für die Rückverwandlung des Rhône-Ufers, das 2007 eingeweiht werden konnte. Aber man muss die »Berges du Rhône« selbst mal erleben, am besten einen ganzen Sommer, oder mindestens eine Radtour oder einen Abend lang.
Ab ins Grüne: Sobald die Witterung mitmacht, spielt sich das Leben in Lyon »open air« ab. Also mehr oder weniger das ganze Jahr über. Seit das linke Rhône-Ufer zwischen dem Parc des Berges im Süden und dem Parc de la Tête d’Or im Norden für Radfahrer:innen und Fußgänger komplett neugestaltet wurde, versammelt sich halb Lyon besonders gern draußen am Flussufer, Faule und Sportliche, Junge und Alte. Im Sommer sowieso, aber auch schon im frühen Frühjahr, wie man an den fast blattlosen Bäumen auf meinen Fotos aus dem März sieht, und noch im späten Herbst. Der Parc des Berges du Rhône erstreckt sich südlich und nördlich der eleganten Rhône-Brücke Pont Raymond Barre, die die Südspitze der Halbinsel mit dem Stadtteil Gerland verbindet und Tram, Fußgänger:innen und Radfahrern vorbehalten ist. Auch dieser Park mit seiner Pappelreihe entlang des Flussufers als begrünte Verbindung zum Parc Gerland und »Wiedereingliederung der Natur in die Stadt« gehört zu den Projekten nachhaltiger Stadtentwicklung, von denen sich andere Metropolen vieles abschauen könnten (und dringend sollten). Dort ist auch die Base Nautique von Lyon Canoe, die Paddeltouren und SUP-Touren anbieten – vom Wasser aus ist eine weitere schöne Art, Lyon kennenzulernen.
Abkühlung im Schwimmbad: Klar, im Sommer erfrischt ein Bad im Centre Nautique Tony Bertrand ganz besonders. Doch das Freibad hat das ganze Jahr über geöffnet, was auch in der kühleren Jahreszeit durchaus rege genutzt wird. Die Sportanlage wurde im Rahmen der Bewerbung um die olympischen Sommerspiele 1968 erbaut. Liegewiesen oder Schatten spendende Bäume sucht man in der Betonlandschaft zwar vergebens, doch der Ausblick auf Fluss und Halbinsel ist eindrucksvoll. Auch wenn die meisten Schwimmer dem keine Beachtung zollen, weil auf den abgetrennten Bahnen des 50-Meter-Beckens nicht geplanscht, sondern trainiert wird.
Freizeit am Fluss: Nicht nur Grün säumt den Fluss, überall bestehen Angebote, sich zu bewegen oder zu entspannen: Trimmpfad und Skatepark, Plätze zum Boule-, Fußball- oder Volleyballspielen, für Rollschuhfahrer, Spielplätze für Kinder, Picknickwiesen, Sonnenliegen und Wasserbecken ziehen die Lyoner Bevölkerung magisch an. Für solche Freizeitaktivitäten wurde das Rhône-Ufer übrigens von rund 2500 Parkplätzen befreit. Den Pont de la Guillotière flankieren auf beiden Seiten Treppen, die Terrasses de Guillotière, von deren Stufen man den fantastischen Blick auf das Wasser und die Halbinsel mit dem Hôtel-Dieu genießen kann – fast meditative Wirkung inbegriffen (einen ähnlich schönen Blick ermöglichen die Deutzer Treppenstufen am Rheinufer in Köln – auf die Altstadt, Museum Ludwig, Hohenzollernbrücke und den Dom). Nirgendwo schaltet man schneller auf die Betriebsgeschwindigkeit der Einheimischen und Lässigkeit als Lebenseinstellung herunter!
Schwof on the Water: Zwischen Pont Wilson und Pont Lafayette erstreckt sich eine weitläufige Wiese. »Péniches« heißen die umfunktionierten Lastkähne wie Sirius, Plouf, La Marquise, Ayers Rock und La Passagère, die hier als Dancefloor, Partyschiffe mit DJ-Sets oder Konzertbühne, Musikclub, Pub oder Café am Quai festgemacht haben. Ganz schön angesagt sind die alten Kähne an den Rhône-Quais, meist geöffnet vom Nachmittag bis in die späte Nacht – besonders beliebt beim Partyvolk ist das Hopping von Boot zu Boot. Weil die Kapazitäten der ausgedienten Kähne begrenzt sind und es am Wochenende recht voll wird, bleibt ein Teil der Gäste am Ufer und feiert auf den Holzterrassen der Abendlocations oder gleich im Uferpark.
Via Rhôna: Auf dem Radweg am Rhône-Ufer sind zwei Richtungen mit Pfeilen markiert, »la source« und »la mer«, zur Quelle flussaufwärts und zum Meer flussabwärts. Kein schräger Humor! Tatsächlich ist das städtische Stück Teil eines rund 800 km langen Fernradwegs, der Via Rhôna, von der Schweiz bis zur Mündung der Rhône in der Camargue (https://de.viarhona.com). Auf der Website stehen GPS-Tracks zum Download bereit sowie Infos zu Unterkünften, Reparaturwerkstätten und Sehenswertem.
Dieser etwas gekürzte Text steht mitsamt Adressen und Tipps in meinem im DuMont-Verlag erschienenen Lyon-Reiseführer. Die zweite aktualisierte Auflage erscheint im September.