NEU IM JUNI: DUMONT DIREKT LYON

Jahrzehntelang war die 500 000-Einwohner-Stadt im Südosten des Lands bloß ein unangenehmes Stau-Nadelöhr auf auf dem Weg ans Mittelmeer, vielleicht noch eine Fußballmannschaft und dann war da noch irgendetwas mit gutem Essen. Doch seit einigen Jahren sammelt Lyon im Wettbewerb mit Paris immer mehr Pluspunkte. Die große Unbekannte unter den französischen Städten entwickelt sich – wie auch Bordeaux, Nantes und Marseille – zur angesagten Reisedestination.

Feinschmeckermetropole, Lichterstadt: Neuerdings hört man immer öfter von Parisern, die nach Lyon umziehen, auch ohne familiäre Bindungen. Nicht nur, dass die Mieten hier etwas erschwinglicher sind als in der teuren Hauptstadt, die sich bald niemand mehr leisten kann, hier sind auch Savoir-vivre und Lebensgenuss zuhause. Es herrscht Aufbruchstimmung in Lyon, das sich schon seit Jahren bemüht, nicht nur Wohnraum zu schaffen und sogenannte »saubere« Industrien anzusiedeln, sondern auch die Lebensqualität für die Einwohner stetig zu verbessern, durch Förderung des Radverkehrs, mehr Grün, nachhaltiges Bauen und mehr. Dazu kommen ein attraktives Kulturprogramm und Freizeitangebot, feine Essadressen und coole Ausgehlocations – kein Wunder, dass der Wohlfühlfaktor hoch ist. Besuchern erschließt sich der Zauber der Stadt geradezu magisch beim Lichterfest im Dezember, der Fête des Lumières. Und dass man in Lyon großartig essen gehen und hervorragenden Wein trinken kann, ist kein Geheimnis. Kurzzeitbesuchern auf Stippvisite kann es durchaus gelingen, Lyon nur als eine übersichtliche Metropole mit fotogener Altstadt, fast pariserischem Flair auf der Halbinsel, hippem Seidenweberviertel, imposanten Murals und schönen Flussufern wahrzunehmen. Ich kann nur empfehlen, ein paar Tage mehr als nur ein Wochenende einzuplanen und sich auch Zeit für Sehenswertes in Randlagen zu nehmen – mein Reiseführer enthält zahllose Tipps dafür (und in einem der Häuser auf dem Foto unten habe ich im Herbst 2018 gewohnt).

Besuchermagnete und Welterbestatus: Vieux Lyon, eines der größten erhaltenen Renaissance-Ensembles Europas, zieht die allermeisten Touristen an, doch nicht nur die Altstadt, sondern noch drei weitere Stadtviertel – Fourvière, Croix-Rousse und die Presqu’île – zählen schon seit 1998 zum Unesco-Weltkulturerbe. Während sich die Altstadt Vieux Lyon mit ihren kopfsteingepflasterten Gassen, den rosa- und ockerfarbenen Renaissancehäusern, engen Wendeltreppen und versteckten Durchgängen auf einen schmalen Streifen am Saône-Ufer quetscht und an den Fourvière-Hügel schmiegt, bietet dieser rund 300 m höher fantastische Aus- und Übersicht. Hoch oben thront die Basilika Notre-Dame de Fourvière, eines der Wahrzeichen Lyons. Unweit davon entstand vor rund 2000 Jahren einst Lugdunum. Rund 10000 »alte Römer« fanden einst im erstaunlich gut erhaltenen Amphitheater Platz. Das gallo-römische Museum Lugdunum erinnert an diese Epoche, als Lyon als Galliens Hauptstadt eine wichtige Rolle spielte. »La Presqu’île«, die Halbinsel zwischen Saône und Rhône, erinnert in vielfacher Hinsicht an Paris: prächtige Plätze und elegante Bürgerhäuseraus dem 19. Jahrhundert, große Boulevards mit Caféterrassen – doch im Gegensatz zur Hauptstadt ist hier alles überschaubar und nah beieinander. Der eng bebaute Hügel Croix-Rousse war einst das Arbeiterviertel der Seidenweber. Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert war Lyon ein Zentrum der europäischen Seidenindustrie, zeitweise lebte die Hälfte der Einwohner davon, die Arbeiter an den Webstühlen allerdings oft eher schlecht als recht. Heute ist Croix-Rousse ein Viertel für junge Talente: Die einen machen Mode, die anderen Kunstobjekte, Design oder Schmuck. Damit zog im alten Quartier wieder Leben in die bislang nur teilweise sanierten Straßenzüge ein. Und längst schickt sich das Einwandererviertel La Guillotière an, die Nachfolge von Croix-Rousse als Szenekiez anzutreten. Und im neuen Confluence-Viertel, wo einst Lagerhallen, Hafenkräne und Verladeflächen das Bild bestimmten, tummeln sich heute trendige Restaurants und coole Clubs, Medienunternehmen und Hipsterhotels an der neuen Uferpromenade, teils in den ehemaligen Lagerhäusern wie der Sucrerie (Zuckerhalle). Das Musée des Confluences am Zusammenfluss von Rhône und Saône, an der Südspitze der Halbinsel, ist sichtbarstes Zeichen dieser Veränderung.

Lyon entdecken: Obwohl Lyon nach Paris und Marseille die drittgrößte Stadt Frankreichs ist, bleibt sie für den Besucher doch recht überschaubar. Die Altstadt Vieux-Lyon und die Halbinsel zwischen Rhône und Saône lassen sich problemlos erlaufen, auf die Hügel Fourvière und Croix-Rousse heißt es Treppensteigen oder die Standseilbahn nehmen, mit dem Rad, U-Bahn oder Tram gelangt man problemlos in die benachbarten Viertel. Und was kommt nun auf die Bucket List in Lyon, um die angenehmen Seiten des Lebens zu genießen? Ein Abendspaziergang, wenn über 200 Gebäude eindrucksvoll beleuchtet werden. Ein Mittagessen im Bouchon, denn die kleinen Gasthäuser sind Teil der kulinarischen Tradition. Ein Radelausflug im Sommer, immer an der Rhône entlang. Eine Entdeckertour durch die Traboules, die versteckten Durchgänge der Altstadt. Treppensteigen im Croix-Rousse-Viertel mit wunderbaren Ausblicken auf die Dächer der Stadt. Ein Konzert im römischen Theater oder ein DJ-Set auf dem Partyschiff. Mit der Seilbahn zur Basilika Notre-Dame de Fourvière hinauffahren. Mit Blick auf den Wochenmarkt am Quai Saint-Antoine einen Café trinken. Und zum Apéro in eine Weinbar.

Welterbe Lyon