EINE MALERISCHE TREPPE IN LANNION

Immer wieder donnerstags: Bei unseren Bretagne-Aufenthalten fahren wir regelmäßig nach Lannion, zum Einkaufen auf dem großen Markt, der sich durch die ganze Innenstadt zieht – mit rund 250 Händlern wohl der größte im Département Côtes d’Armor. Während unten am Flussufer des Léguer Haushaltswaren und Klamotten im Angebot sind, verteilen sich die Stände der regionalen Erzeuger auf die Place du Général Leclerc mit einigen schönen Fachwerk- und Schieferhäusern sowie die benachbarte Rue Jean Savidan im Zentrum. Dort bekommen wir Roggenbrot als Abwechslung zum ewigen Baguette, eine Vielfalt an Käsesorten, bunte Tomatensorten und anderes Obst und Gemüse in Hülle und Fülle – Hauptsache, wir müssen so selten wie möglich in einen Supermarkt. Und was ist ein Marktbesuch ohne Einkehrschwung? Donnerstags macht der Barn’s Pub schon um 11 Uhr auf statt erst um 14 Uhr, da lassen wir uns nach der Buchweizengalette auf dem Markt doch gern ein Glas bretonisches Bier zapfen. Und wir verlassen Lannion erst, wenn ich mir in der Librairie Gwalarn Lektürenachschub besorgt habe, von Marie-Hélene Lafon, Annie Ernaux, Maylis de Kerangal oder Virginie Despentes beispielsweise, und bei der Keramikwerkstatt Porcelaine & Cie. vorbeigeschaut habe – ich liebäugele mit den Salatschüsseln und den großen Tellern. Einen richtigen Stadtbummel mit Sightseeing haben wir erst letzte Woche zum ersten Mal gemacht, und sind dabei nicht nur durch den Parc Sainte-Anne spaziert, sondern haben auch den Anstieg zur Eglise de Brélévenez in Angriff genommen. Und der lohnt sich! GK

 

GASTBEITRAG VON DR. CHRISTOPH FISCHER

142 Stufen himmelwärts: Die Treppe ist als wunderschön in allen relevanten Reiseführern von Lannion angekündigt. Und in der Tat ist sie malerisch. 142 Stufen an kleinen historischen Häusern vorbei, eines am anderen, das eine oder andere aufgehübscht und liebevoll saniert, andere noch unrenoviert oder vielleicht sogar leerstehend. Und nach den 142 Stufen steht man vor der Eglise de la Trinité de Brélévenez, erbaut ab dem 12. Jahrhundert. Aus der Romanik stammen Krypta, Chor und Südportal, der Glockenturm aus dem 15. Jahrhundert. Eine wunderschöne Kirche, die hoch oben auf einer Anhöhe im Norden der Stadt thront, und rund um das Gemäuer der Friedhof. Immer wieder nähern sich Menschen, um ihrer Toten zu gedenken, während wir ebenfalls innehalten, allerdings um die herrliche Aussicht auf Lannion und das Léguer-Tal zu genießen. Am Fuße der Treppe der alte Bahnhof. Die 12 Kilometer lange Strecke der Chemins de Fer des Côtes du Nord von Lannion nach Perros-Guirec, im Jahr 1906 eingeweiht, ist lange stillgelegt, heute eignet sich die alte Eisenbahnstrecke zum Wandern und Radfahren. Schön muss das früher gewesen sein, von hier aus dem Hinterland ans Meer zu zuckeln.

Wie kann man nur? Was Neubauten an so einem schönen alten Ort wie Lannion aber alles kaputtmachen können, sieht man erst richtig, wenn man auf den Treppenstufen wieder abwärts in Richtung Stadtzentrum unterwegs ist. Die Binse zuerst: Ohne Stadterneuerung geht es natürlich auch in der Bretagne nicht. Doch beim Panoramablick auf Alt und Neu nimmt man sich unweigerlich vor, im Tourist-Office danach zu fragen, wie man in Lannion selbst darüber denkt. Den schönsten Blick auf die Dreifaltigkeitskirche gab es vielleicht früher mal von der Place du Marc’hallac’h oberhalb der Altstadt. Doch so wie der hübsche Platz als Parkplatz zweckentfremdet ist, so verstellen monströse mehrgeschossige Wohnburgen die Aussicht und nehmen dem Tal die ganze Atmosphäre.

Gestern und heute: Die Avenue Ernest Renan war übrigens intensiv bebildert mit vergrößerten historischen Schwarzweiß-Postkarten an den Hauswänden. Sie ließen erahnen, wie schön es früher in Lannion gewesen ist. Und wie eindrucksvoll die breite von Bäumen gesäumte Avenue, die heute als verkehrsgeplagte Durchgangsstraße in Richtung Place Marc’allac’h hinaufführt, einst war. Aber die Dinge sind nun einmal, wie sie sind. Und man wird sie auch kaum ändern. Wenn wir das nächste Mal wieder in Lannion sind, gehen wir die Treppe wieder hoch. Gefragt haben wir im Office de Tourisme am Ende dann doch nicht, wir haben es einfach vergessen. Erledigen wir aber beim nächsten Mal.

www.lannion.bzh

https://gwalarn.com

https://www.guillaumegaresceramique.com

https://www.facebook.com/pages/category/Pub/Le-Barns-263031364443489/

Bretagne Côtes d'Armor Lannion

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