BORDEAUX: DER MIROIR D’EAU
Spieglein, Spieglein: Wer ist die Schönste im ganzen Land? Vor der Place de la Bourse in Bordeaux sorgt der »Wasserspiegel« für schönste Fotomotive: Besonders eindrucksvoll spiegelt sich die beleuchtete Platzanlage mit ihren klassizistischen Fassaden zur Abenddämmerung. Der Miroir d’Eau ist ein echter Geniestreich – kein klassischer Brunnen, sondern eine knapp 3500 m² große Fläche aus Granitplatten, auf die in regelmäßigen Abständen Wasser strömt und wieder abläuft – die grandiose Platzanlage scheint sich zu verdoppeln und der Sprühnebel sorgt für tolle Effekte. An heißen Tagen marschieren die Jüngsten in Windeln barfuß durchs flache, nur etwa 2 Zentimeter hohe Wasser, während junge Touristinnen versuchen, zwischen all den tobenden Kleinkindern noch ein Selfie hinzubekommen. Nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die effektvolle Beleuchtung eingeschaltet wird, reihen sich die Stative der Fotografen aneinander, die auf ihr nächstes Instagram-Motiv warten. Der Wasserspiegel, umgesetzt von Brunnenspezialist Jean-Max Llorca, kann als der spektakulärste Erfolg der Uferneugestaltung entlang der Garonne gelten, die von Landschaftsarchitekt Michel Corajoud entworfen wurde.
Nizza, Paris, Nantes, Montpellier: Nicht nur in Bordeaux ist der Miroir d’Eau eines der Highlights, das Anklang bei Groß und Klein findet, Einheimische und Touristen gleichermaßen fasziniert. Der Spiegeleffekt der Wasserflächen und die Nebel sprühenden Brumisateurs zählen auch auf der Promenade du Paillon in Nizza bei Hobby- wie Profifotografen zu den beliebtesten Motiven. 2013 in Betrieb genommen und mit 3000 m2 fast genauso groß wie in Bordeaux wurde dort zusätzlich noch Lichttechnik installiert, die die in Frankreich so beliebten »Son et Lumière«-Shows möglich macht. Auch in Nantes und in Montpellier wurden ähnliche, wenn auch kleinere Brunnenanlagen gebaut, in Paris auf der neu gestalteten Place de la République. Der nur 270 m2 große Miroir d’Eau ist ebenfalls ein beliebtes Planschbecken, doch dient er weniger dem Spiegeleffekt als – wie die angepflanzten Bäume – dem Versuch, die Lufttemperatur abzusenken. Seit der Fertigstellung ist es auf der einstigen Hitzeinsel (»ilot de chaleur urbain«) im Sommer merklich kühler. Der zuvor vom Autoverkehr dominierte Knotenpunkt war ein Ort ohne Aufenthaltsqualität, nach dem Umbau verwandelte sich der weitläufige Platz in eine zwei Hektar große Esplanade mit Bänken und einem Café. Die Place de la République ist für die Pariser nun ein Ort zum Entspannen; seit den Attentaten im Jahr 2015 kommen sie aber auch hierher, um zu trauern – oder um zu protestieren: Für die »Nuits debouts« (wörtlich der aufrecht verbrachten Nächte, also während man wach bleibt), die nächtlichen Versammlungen als Protest gegen Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichheit, ist die Place de la République das Epizentrum der Bewegung. Demnächst sollen solch eine Verjüngungskur auch die Place de la Bastille und Place de la Nation erhalten.