TYPISCH PARIS: METROFLIESEN

Keramiktrends: Eine Zeitlang kam kein neuer Fliesenspiegel in Wohnmagazinen, Pinterest- und Instagram-Accounts, ob für Küche oder Bad, ohne die seitlich abgeschrägten Kacheln aus. Der Name ist Programm: In weiß glasierter Ausführung geschaffen wurden Metrofliesen um das Jahr 1900 zur Verkleidung von Wänden und Deckengewölben in der Pariser U-Bahn. In der Regel sind sie doppelt so lang wie hoch und messen 7,5 x 15 Zentimeter, verlegt werden sie horizontal mit versetzt angeordneten Fugen, benötigt werden 88 Fliesen pro Quadratmeter. Später kamen solche Fliesen mit Facettenkanten auch in der Londoner U-Bahn zu Einsatz. Heute bekommt man Metrofliesen in jedem Baumarkt, dabei ist die Mode längst vorbei und man sieht in neuen Wohnbeispielen nur noch hochkant verlegte Fliesen mit den Maßen 5 x 25 Zentimeter.

Nord-Süd: Zu Beginn und bis etwa 1930 gab es zwei Betreiber der Metrolinien, CMP (Compagnie du chemin de fer métropolitain de Paris) und Nord-Sud (Société du chemin de fer électrique souterrain Nord-Sud de Paris). Bei beiden unterschieden sich nicht nur die Gestaltung der Eingänge und des Schriftzugs »Metropolitain«, sondern auch die Keramik. Die Wände seitlich der Treppenabgänge bestanden bei Nord-Sud aus ockerfarbenen Ziegeln mit farbiger Jugendstilgirlande, die vor dem Brennen mit Schablone aufgetragen wurden. Aber vor allem im Innern sahen die Stationen anders aus als die der CMP (die einige Gestaltungselemente später übernahm). Die farbigen Friese in den Gängen, mal dunkelgrün, mal hellblau oder honigfarben, mit Wellenmuster, später auch mit vierblättrigem Kleeblatt, wurden immer in Augenhöhe angebracht. Die großen Werbeflächen erhielten aufwendige keramische Rahmen mit dem Signet NS, und die Namen der Haltestellen wurden weiß auf blaue Kacheln gebrannt – je nach Faïencerie (H. Boulenger & Cie in Choisy-le-Roi, Gien und Gentil & Bourdet aus Billancourt).

Pariser Metro: Einige Stationen wurden von Künstlern gestaltet – so wurde an der Place de la Concorde nach einem Entwurf von Françoise Schein die Menschenrechtserklärung auf Kacheln gebrannt. Die vergleichsweise unscheinbare Haltestelle Havre-Caumartin lassen sich noch Schichten verschiedener Modernisierungen ablesen lassen, wie sie die Metro im Lauf der Jahrzehnte erfuhr – sie besitzt noch sechseckige Kleinstfliesen in Blau, Weiß und Rot sowie auch die nur kurzfristig verwendeten orangefarbenen rechteckigen Kacheln. Gerade werden erneut viele Haltestellen umgestaltet, unter Verzicht auf die wunderschönen historischen Keramikkacheln für die Stationsnamen.

Besonderheiten: Die Haltestelle Arts et Métiers dagegen ist statt gekachelt ganz mit Kupfer ausgekleidet und wirkt mit Bullaugen und riesigen Zahnrädern wie ein der Phantasie Jules Vernes entsprungenes U-Boot. Wieder andere Metrostationen sind interessant, weil sie technische Herausforderungen darstellten wie die in die Tiefe gebohrte Haltestelle Abbesses, andere wie der Geisterbahnhof Porte des Lilas dienen als Kulissen für Filmaufnahmen. Einige besitzen sehenswerte oberirdische Eingänge – die Porte Dauphine einen der von Hector Guimard (1867–1942) entworfenen Jugendstil-Eingänge, die Station Palais-Royal-Musée du Louvre ein Kunstwerk aus Murano-Glasperlen von Othoniel.

Metrofliesen

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