PARISER METRO: CONCORDE

Was ist geblieben von der Französischen Revolution? Wer denkt nicht zuerst an die Menschenrechte, zum Dreiklang der Demokratie geworden im Motto »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit«. Am 26. August 1789 verkündete die Nationalversammlung in Frankreich die Menschen- und Bürgerrechte, die in 17 Artikeln in die Verfassung von 1791 eingingen. Artikel 1: »Der Mensch wird frei und gleich an Rechten geboren und bleibt es.« Artikel 2: »Das Ziel aller politischen Gesellschaften ist die Erhaltung der natürlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen. Diese Rechte sind die Freiheit, das Eigentum, die Sicherheit und das Recht des Widerstands gegen willkürliche Bedrückung.«

Aus aktuellem Anlass: Vorläufer dieser Erklärung war übrigens die »Virginia Bill of Rights« von 1776, in der es heißt: »Alle Menschen sind gleich geboren.« Diese Unabhängigkeitserklärung, mit der sich Virginia vom Königreich Großbritannien lossagte, wurde zur Grundlage der amerikanischen Verfassung und markiert den historischen Durchbruch der Idee der unveräußerlichen Grundrechte. Sie hatte großen Einfluss auf die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika und die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte im Jahr 1789.

Eine Idee zum Bicentenaire 1989: An der Metro-Station unter der Place de la Concorde kreuzen sich die Linien 1, 8 und 12 – die 1 ist darunter die älteste, schon um die Jahrhundertwende 1900 eröffnete Linie, die mehr als ein Jahrhundert später auch als eine der ersten auf automatischen Betrieb ohne Fahrer umgestellt wurde. Mehr als 7,1 Millionen Menschen steigen hier alljährlich in einen der U-Bahn-Züge – wieviele davon betrachten wohl die Kacheln an der Wand genauer? In der Station der Linie 12 zieren seit 1991 weiße Kacheln mit blauen Buchstaben die Wände – ein Werk der Künstlerin Françoise Schein: rund 44.000 Buchstaben in der Garamond-Schrift, fortlaufend ohne Zwischenräume und ohne Punktuation – scheinbar nur ein typografisches Muster oder ein Buchstaben-Scrabble. Doch wer lesen kann, ist klar im Vorteil – schnell entdeckt man einzelne Sinneinheiten wie »D E F E N D R E« und entziffert nach und nach den Text der »Déclaration des droits de l’homme et du citoyen«. In der Folge gestaltete die in Belgien geborene Künstlerin weitere U-Bahn-Stationen in Europa nach dem Pariser Vorbild mit dem Text der Menschenrechte, im Dezember 1993 wurde die Haltestelle »Parvis de Saint-Gilles« in Brüssel eröffnet, es folgten »Parque« in Lissabon – eine Stadt, in die Azulejos ja wunderbar passen – und »Westhafen« in Berlin, die im Rahmen des Projektes »INSCRIRE – die Menschenrechte schreiben«, im Jahr 2000 komplett umgestaltet wurde. Im Pariser Stadtteil Charonne hat Françoise Schein ein partizipatives Kachelkunstwerk mit Anwohnern des Viertels gestaltet.

Übrigens: Auch die Unterscheidung von »rechts« und »links« für die Position politischer Parteien entstammt der Französischen Revolution und bezieht sich auf die im Jahr 1789 geltende Sitzordnung von Gegnern und Verteidigern des Königtums im Parlament. Und wohl auch die französische Küche verdanken wir der Französischen Revolution. Die durch die Enthauptung ihrer adligen Herrschaft arbeitslos gewordenen Köche eröffneten angeblich die ersten Restaurants in Paris.

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