TYPISCH BORDEAUX: VCUB
Radelmetropole Bordeaux: Dass Bordeaux mehrfach zur attraktivsten europäischen Reisedestination gewählt wurde, liegt nicht nur an den berühmten Weinen und der klassizistischen Architektur aus dem 18. Jahrhundert – beides gibt es schon länger, auch die Auszeichnung als Unesco-Weltkulturerbe besteht schon seit 2007. Zum echten Besuchermagneten entwickelte sich die Stadt aber erst mit ihrer fußgänger- und radlerfreundlichen Infrastruktur und der Verbannung des motorisierten Verkehrs aus der Innenstadt. Nicht nur die weitgehend autofreien Straßen und Gassen der Altstadt, vor allem auch die kilometerlange Uferpromenade an der Garonne sind für Einwohner wie Besucher ein echter Gewinn an Lebensqualität. Richtung Bahnhof, wo das Quartier Euratlantique komplett im Umbau ist, soll sie parallel zum Quai de Paludate noch verlängert werden.
Umweltfreundliche Fortbewegung: Fast lautlos gleitet die Tram durch die verkehrsberuhigten Straßen, die Straßenbahn entlastet Bordeaux vom Autoverkehr. Parallel dazu wurde als weiteres »sanftes« Mobilitätsangebot ein öffentliches Verleihsystem für Fahrräder eingerichtet. An fast 180 Stationen stehen für Einwohner und Besucher rund 2000 Räder zur Verfügung. Das VCub getaufte System, auch V3 geschrieben, wurde bereits im Februar 2010 installiert, drei Jahre nach dem Leihsystem Vélib der Hauptstadt Paris. Die Abkürzung Cub steht dabei für die damalige Bezeichnung Communauté Urbaine de Bordeaux, heute heißt der Gemeindeverband Bordeaux Métropole. Der Ausbau der Metropolen zu autogerechten Städten hatte Radfahrer Ende des 20. Jahrhunderts zu einer seltenen Spezies werden lassen. In Bordeaux wurde das Leihsystem ein echter Erfolg, innerhalb von knapp zehn Jahren hat sich die Nutzerzahl verzehnfacht. Dass sie jetzt stagniert, hat wohl damit zu tun, dass sich die Bordelaiser vermehrt eigene Räder angeschafft haben – auch die Vorzüge von Lastenrädern haben viele entdeckt.
Platzsparend, flexibel, günstig: Leider macht der Vandalismus die Fahrradleihsysteme für die Betreiber zu einem Risiko, in manchen französischen Städten wurde das Angebot bereits wieder aufgegeben, und in Lyon sind derzeit 1000 von 4000 Rädern gesamt zur Reparatur und nicht verfügbar. Hergestellt werden die »libre-service vélos« in Machecoul südlich von Nantes, im Département Loire-Atlantique. Die Manufacture Française de Cycles, die zu Intersport gehört, ist mit rund 450.000 pro Jahr gefertigten Rädern (2018) der größte Fabrikant Frankreichs und beliefert auch Paris mit den Leihrädern der zweiten Generation. Weit vor der Zeit hatte Michel Crépeau, der damalige Bürgermeister von La Rochelle, Mitte der 1970er-Jahre 350 kostenlose »vélos jaunes« in der Stadt verteilt, nachdem zehn Jahre zuvor ein ähnliches Experiment in Amsterdam gestartet war. Es brauchte noch Jahrzehnte, bis die Idee Nachahmer fand. 1995 startete Kopenhagen mit dem Programm »Bycyclen«, in Rennes ging es 1998 los, 2005 folgte Lyon, 2007 Paris, 2010 Bordeaux und Straßburg. In Deutschland haben sich stationsgebundene Systeme kaum durchsetzen können, mit allen Nachteilen der achtlos abgestellen Leihräder, die sich jetzt noch durch die E-Scooter vervielfachen. Wie immer hat sich mal wieder keiner getraut, ein paar Autoparkplätze für Radstationen zu opfern…
So geht’s: Anmelden kann man sich für 24 Stunden (1,70 € Grundgebühr) oder 7 Tage (7,70 € Grundgebühr) entweder online, an einer VCub-Station oder einem Kiosk der TBC. Die E-Bikes sind allerdings nur mit Jahresabo zu nutzen. Man benötigt zur Bezahlung eine Kreditkarte, mit der auch ein Sicherheitspfand von 140 € hinterlegt wird (fällig bei Beschädigung des Fahrrads). Mit einem Code kann man an jeder Station ein Rad ausleihen und an jeder beliebigen anderen zurückgeben. Die ersten 30 Minuten sind kostenlos, jede weitere Stunde kostet 2 € Gebühr. Meist befinden sich die VCub-Stationen in der Nähe von Tram- oder Bus-Haltestellen. Übrigens: Die Gestaltung der Schutzbleche variiert immer mal wieder, zur Tour de France gab’s sogar gelbe, zur Einweihung der Brücke Chaban-Delmas blaue.