TYPOTRAVELETTE UNTERWEGS: WEGZEICHEN BEIM WANDERN
Normvorschriften – nein danke! Mir gefallen die »moosgrünen« Schilder (RAL 6005) mit weißem Rand im Sächsischen Elbsandsteingebirge. Und die alten Holzschilder, die man aber immer seltener findet, etwa im Harz und im Bayerischen Wald. Und die bunten Signets der zahlreichen Themenwege im Pfälzerwald – Felsenland-Sagenweg, Drei-Burgen-Tour, Brunnen-und-Quellen-Weg, Pfälzer Waldpfad, Pfälzer Weinsteig. Denn kaum zu glauben: Im sonst so durchregulierten Deutschland gibt es keine bundesweite Regelung zur Beschilderung von Wanderwegen. Der Deutsche Wanderverband und der Alpenverein wünschen sich eine Vereinheitlichung der »Wegeleitsysteme«, in etwa so wie die überaus korrekten »verkehrsgelben (RAL 1023)«, pfeilförmigen Wegweiser mit schwarzer Schrift der Schwäbischen Alb und im Alpenraum, und empfiehlt Aluminium als Material und eine serifenlose Linear-Antiqua in »Verkehrsschwarz (RAL 9017)« mit einer Schrifthöhe von 20 bis 30 Millimetern. Das Konzept orientiert sich am Schweizer Modell, das auch »variationsreich« (hören wir da den leisen Vorwurf des preußisch-akkuraten Bürokraten an der nachbarlichen Schlampanzerei?) in Österreich umgesetzt wird. Immerhin: Das Moosgrün der neuen Bundesländer, das »im Wesentlichen nach wie vor nach der Anleitung zur Markierung von Wanderwegen in der DDR« erfolgt, soll eine Option bleiben, ebenso das »Verkehrsweiß (Ral 9016)« im Schwarzwald. Ich dagegen hoffe, es bleibt bei der unüberschaubaren Vielfalt an Kennzeichnungen und Wegweisern. Quelle der Zitate: Wegeleitsystem Wanderwege, (Hg.) Europarc Deutschland, ohne Angabe des Jahres.
Schilder im Wald: Im Wegverlauf sind es oft nur kleine Schilder und auf Bäume oder Steine gepinselte oder gesprayte Markierungen, die mit simplen geometrischen Figuren wie Ringen, farbigen Balken oder Rauten einen Weg kennzeichnen oder mit bekannten Logos wie dem des Jakobspilgerwegs. Doch an Wegkreuzungen finden sich auch Schilder mit weiteren Angaben, außer Ziel und Entfernung oder Gehzeit geben Piktogramme auch Hinweise auf Haltestellen des ÖPNV, Wanderparkplätze, Aussichtspunkte und Einkehrmöglichkeiten, werden »Wegehalter« und Wegnummer oder Wegname aufgeführt. Manchmal ist zusätzlich der Schwierigkeitsgrad gekennzeichnet, in einigen Bundesländern Österreichs werden leichte Wanderwege mit einem blauen, mittlere Bergwanderwege mit rotem und schwierige Alpinsteige mit schwarzem Punkt markiert. Übrigens: Das Handbuch für Wegewarte im Schwarzwald zum Thema »Wanderwege markieren« umfasst 108 Seiten, enthält aber auch Themen wie Naturschutz, digitale Wegeverwaltung oder Brückenbau!
Angaben der Kilometer oder Wegzeit? Klar, es lässt sich nicht abstreiten, dass Wegweiser unterwegs oft sehr hilfreich sind für die Einteilung der Kräfte und beim Abschätzen der Dauer für die verbleibende Strecke. Im Flachland erhält der Wanderer meist Kilometerangaben und kann dann leicht selbst ausrechnen, was das für die Gehzeit bedeutet. Bei durchschnittlichem Schritttempo rechnet man 4 Kilometer pro Stunde, sehr flotte Geher schaffen auch 5 Kilometer. In den Bergen kommen zur Entfernung die zu bewältigenden Höhenmeter, die in die Berechnung der Gehzeit einfließen. Doch wie verlässlich sind die Zeitangaben? Die Beschilderung der Bergwanderwege wird auf Grundlage der DIN 33466 berechnet und so von den Alpenvereinen verwendet: 300 Höhenmeter pro Stunde für den Aufstieg und 500 Höhenmeter pro Stunde für den Abstieg.
Ein Blick ins Nachbarland: Wie im von Zentralisierung geprägten Frankreich nicht anders zu erwarten ist die Markierung (»balisage«) der Fernwanderwege sowie der regionalen und lokalen Wanderwege landesweit einheitlich geregelt – GR (Fernwanderweg = Sentier de Grande Randonnée = weiß-roter Balken), GRP (regionaler Wanderweg = de pays = gelb-roter Balken) und PR (lokal = promenades et Randonnées = gelber Balken). Doch bei den Wegweisern (»panneau de signalisation«) herrscht auch hier Vielfalt – man beachte die verspielten Schilderbäume der Ardèche oder die Warnhinweise in der Bretagne und an der Côte d’Azur für die Küstenwanderwege (»sentier littoral«). Im bretonischen Finistère warnt gleich ein Achtung-Schild vor steilen Klippen, am Cap d’Antibes ein Störer vor rauer, stürmischer See.
Der Weg ist das Ziel: Verlaufen möchte sich wohl dennoch niemand. Noch lieber als auf eine gute Markierung und Wegbeschilderung verlasse ich mich auf eine gute Karte und gehe nie ohne. Für Frankreich schwöre ich auf die Wanderkarten des Institut Géographique National (IGN) im Maßstab 1:25.000 – demnächst schreibe ich hier mal einen Fanartikel dazu.
Wen es interessiert: Das Aufmacherfoto für den Beitrag stammt vom Stripsenjochhaus (Wilder Kaiser). Das eine nicht lesbare Schild, das nur von hinten zu sehen ist, zeigt auf den Serpentinenpfad, auf dem es genau dort am nächsten Morgen hinunterging. Schönste Wandererinnerung (Vier-Tages-Hütten-Tour Zahmer und Wilder Kaiser)!