WANDERN IM PFÄLZERWALD

Von der Rheinebene gehen die geschwungenen Weinberge nach Westen hin direkt in den Pfälzerwald über, das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Wein und Wald sind das Charakteristische der Pfalz, und die landschaftlichen Kontraste machen den besonderen Reiz der Region aus. Doch so schön ein Spaziergang durch herbstlich bunte Rebfelder auch ist – um die Natur zu entdecken und längere Wandertouren ohne »Overtourism« zu unternehmen ist der Pfälzerwald mein Favorit. Das ohnehin engmaschige Wanderwegenetz dort hat in den letzten Jahren noch erheblich Zuwachs bekommen. Man könnte tagelang zu Fuß unterwegs sein, Natur und Stille erleben und vom Alltag Abstand gewinnen, ohne den Naturpark dabei zu verlassen: Stolze 12.000 Kilometer an markierten Wanderwegen stehen zur Auswahl. Auch eigens ausgeschilderte Mehrtagestouren wie der Felsenland Sagenweg (87 Kilometer) bei Dahn und der Pälzer Keschdeweg (56 Kilometer) sind darunter. Neben vielen Eichen sind Fichten, Kiefern, Rotbuchen und Kastanien im Wald vertreten – häufig wandert man unterm hohen Blätterdach im diffusen Licht zwischen Farnen und in der Waldeinsamkeit: 50 Kilometer am Stück könne man hier vor sich hinwandern, ohne einmal den Wald zu verlassen, heißt es. Darüber hinaus bietet das einzigartige Naturparadies aber noch viele weitere Möglichkeiten der Bewegung – Frischluftfans können sich hier auch als Kletterer, Reiter, Radfahrer, Mountainbiker, Jogger, Nordic Walker oder Geocacher mit Muskelkraft stramme Waden erarbeiten.

Grenzübergreifendes Biosphärenreservat: Mehr als ein Drittel der Pfalz ist mit Wald bedeckt – der Pfälzerwald ist mit 158.000 Hektar das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands und genießt als grenzübergreifendes »Biosphärenreservat Pfälzerwald Nordvogesen« den besonderen Schutz der Unesco. Schon 1958 als Naturpark ausgewiesen – seinerzeit als einer der ersten Deutschlands – ist er heute auch einer der größten. Während der Naturpark noch stark auf Tourismusförderung zielte und dem städtischen »Sitzmenschen« zu Bewegung in frischer Luft verhelfen sollte, rückte der Landschafts- und Naturschutz immer stärker in den Fokus – 1967 wurde der Pfälzerwald zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Und im Jahr 1992 erkannte die UNESCO dasvon dicht bewaldeten Bergrücken geprägten Mittelgebirgeals Biosphärenreservat an, ebenso wie den angrenzenden Parc Naturel Régional des Vosges du Nord im Elsass. Seit 1998 sind sie grenzübergreifend vereinigt, als erstes Biosphärenreservat in Europa.

Forst oder Urwald? Weniger als 5 Prozent der Fläche Deutschlands können noch als natürlich im Sinne von »wild und unberührt« gelten: In der Kernzone des Biosphärenreservats wird die Natur sich selbst überlassen, dürfen Bäume altern, umstürzen und liegen bleiben, von Käfern und Pilzen zersetzt werden, der Mensch greift nur gerinfügig ein. Insgesamt ist das Biosphärenreservat etwa 310.000 Hektar groß – deutlich größer als das Saarland – aber nur knapp 3 Prozent des riesigen Gebiets unterstehen dem strengsten Naturschutz und dürfen sich zu »Urwald« entwickeln. In den großen »Pflege- und Entwicklungszonen« rundherum wird der Wald teils auch forstwirtschaftlich genutzt, sanfter Tourismus und lokales Handwerk gefördert. Ziel ist es, Landwirtschaft, Naturschutz und die Bewahrung alten Kulturguts in Einklang zu bringen und ein nachhaltiges Miteinander von Mensch und Natur zu gewährleisten.

Eichen für Schiffsmasten und Weinfässer: Während in anderen von Laubbäumen geprägten Mischwäldern Buchen dominieren, macht im Pfälzerwald die Eiche etwa 18 Prozent des Bestands aus. Das Holz von hoher Güte ist als Rohstoff heiß begehrt, für Vollholzmöbel und Parkett, vor allem aber als Fassbauholz sind jahrhundertealte Eichen wie geschaffen. Für den Bau von Weinfässern werden Traubeneichen und Stieleichen genutzt, aus denen Fassdauben gepalten werden, jene Längshölzer aus denen der Küfer das Fass zusammensetzt. Etwa 150 bis 230 Jahre alt muss ein Baum dafür sein, und solche Baum-Opas gibt es im Pfälzer Wald, weil Napoleon dort Aufforstungen in die Wege leitete. Das Holz war allerdings nicht für Barrique-Fässer vorgesehen, sondern für den Schiffsbau. Heute wissen deutsche wie französische Winzer die Fässer aus Pfälzer zu schätzen, fast die Hälfte des geschlagenen Eichenholzes wird für Dauben verwendet (und mehr als ein weiteres Drittel wird zu Furnier verarbeitet).

Was hier kreucht und fleucht: Im Biosphärenrervat Pfälzerwald gelang unlängst die Wiederansiedlung von Luchsen. Im Jahr 2016 waren im Biosphärenreservat sieben Luchse ausgewildert worden, weitere sollen folgen, und ersten Nachwuchs gab es auch schon. Im Gegensatz dazu könnte der Wolf von allein zurückkehren, denn in den benachbarten Vogesen ist er schon unterwegs. Auch sonst wird nicht alles allein der Natur überlassen: in einigen Talauen des Pfälzerwalds sorgen Rinder, Schafe und Ziegen als tierische Landschaftspfleger dafür, dass bestimmte Bäume und Büsche nicht zu stark wachsen und die Artenvielfalt erhalten bleibt. In Sankt Martin beispielsweise grasen die seltenen Heckrinder als lebendige Rasenmäher – eine Rückzüchtung der Auerochsen. In den unzähligen Nischen und Spalten der Sandsteinfelsen finden Kolkraben und Uhus gut versteckte Nistplätze. Daneben ist der streng geschützte Wanderfalke wieder heimisch geworden, dazu kommen Fledermäuse, Vogel- und Schmetterlingsarten, Käfer und Eidechsen, Schnecken und Wildbienen. In den zahlreichen sauberen Bächen und Teichen fühlen sich Kröten, Frösche und Unken, Bachforellen, Elritzen und viele andere Fische wohl.

Trekking: Auch für Wildnisabenteuer unter freiem Himmel ist der Pfälzerwald mit seiner Ruhe und Weite ein geeignetes Revier. Outdoor-Fans dürfen von April bis Oktober an einigen Stellen im Wald übernachten. Rund ein Dutzend kleine, naturbelassene Plätze für eine Handvoll Zelte mit Feuerstelle und Toilettenhäuschen wurden dafür eingerichtet. Sie liegen abseits von Orten und Wanderwegen in aller Abgeschiedenheit – Verpflegung, Wasser und das eigene Zelt müssen daher im Gepäck sein, wenn man mitten in der Wildnis sein Lager aufschlagen will (maximal eine Nacht). Erst nach der Reservierung unter www.trekking-pfalz.de erhält man die genauen GPS-Daten, wo die nur zu Fuß erreichbaren Trekkingplätze zu finden sind.

 

Pfälzer Höhenweg: Auf dem 112 Kilometer langen Wanderweg lässt sich das Pfälzer Bergland zwischen Winnweiler und Wolfstein ganz im Norden der Region erkunden. Die Strecke führt durch eine offene Hügellandschaft mit schönen Ausblicken, berührt den 687 m hohen Donnersberg und mit Ruppertsecken das höchstgelegene Dorf der Pfalz, hübsche Kleinstädte in den Tälern und romantische Burgruinen.

Pfälzer Waldpfad: Der 142 Kilometer lange Wanderweg verläuft in Nord-Süd-Richtung und führt von Kaiserslautern nach Schweigen-Rechtenbach durch den Pfälzerwald. Imposante Sandsteinfelsen des Dahner Felsenlands und Burgen liegen am Weg, der durch schattige Wälder und idyllische Bachtäler führt, aber auch zu bewirtschafteten Hütten und spektakulären Aussichtspunkten. Wer auf dem Waldpfad den Naturpark durchqueren will, sollte dafür etwa 10 Tagesetappen veranschlagen.

Pfälzer Weinsteig: Der knapp 170 Kilometer lange Wanderweg führt von Nord nach Süd von Bockenheim bis Schweigen-Rechtenbach, berührt gemütliche Winzerdörfer und trutzige Burgen, Hambacher Schloss und Villa Ludwigshöhe. Am Haardtrand entlang geht es abwechslungsreich auf und ab, durch Wald und Weinland, mit schönen Aussichten in die Rheinebene. Wer die Gesamtstrecke erwandern will, auf der mehr als 6000 Höhenmeter zu absolvieren sind, sollte sich mindestens 14 Tage dafür Zeit nehmen.

 

Wandern ohne Gepäck: Wer vorzugsweise in Etappen von Ort zu Ort wandert, kann dies auf den drei Fernwegen Pfälzer Höhenweg, dem Pfälzer Waldpfad und dem Pfälzer Weinsteig tun.Um die Pfalz völlig »unbelastet« in mehreren Etappen zu erkunden, können auch mehrtägige Arrangements mit Gepäcktransport und Unterkunft gebucht werden, sowohl für die drei Fernwege Pfälzer Höhenweg, Pfälzer Waldpfad und Pfälzer Weinsteig in ganzer Länge als auch für Teilstücke. Extraschmankerl für Läufer: Trailrunning-Angebote für Weinsteig oder Waldpfad mit entsprechend längeren Distanzen. Weitere Infos über Wanderrouten: www.pfaelzer-wanderwege.de, www.wandermenue-pfalz.de, www.pwv.de

Naturführungen: Die Pflanzen- und Tierwelt im Pfälzerwald, in den Rheinauen oder im Bienwald lässt sich auf Exkursionen mit zertifizierten Landschafts- und Naturführern erkunden. www.naturfuehrer-pfalz.de

Ausrüstung: Von Mai bis September kommt man mit leichter Kleidung aus, doch ein Regenschutz und geeignetes Schuhwerk gehören auf jeden Fall ins Gepäck. Wegen der Zeckengefahr empfiehlt sich auch im Sommer das Tragen langer Hosen und Oberteile bzw. das regelmäßige Absuchen nach dem Ende der Tour.

Wanderkarten: Topografische Wanderkarten und Freizeitkarten im Maßstab 1:25.000 gibt das Landesvermessungsamt Rheinland-Pfalz heraus.Erhältlich im Shop www.vermkv.service24.rlp.de/shop/

Pfälzerwald Deutschland

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