BRETAGNE: AUSFLUGSTIPP LOCRONAN
Grauer Granit: Durch dichten Nebel in den Monts d’Arrée ging es in den Süden des Finistère, durch eine schwarz verkohlte Landschaft, denn im Dürresommer 2022 hatten Waldbrände sogar in der Bretagne gewütet, nicht nur in der trockenen Garrigue Südfrankreichs. Unser eigentliches Ausflugsziel war Douarnenez mit seinem Museumshafen an der Küste, doch das Dörfchen Locronan liegt gleich nebenan, ein kleines Stück landeinwärts. »Petite Cité de caractère« darf sich der hübsche bretonische Ort nennen, so wie beispielsweise auch Tréguier, Moncontour oder Le Faou, und zu den »plus beaux villages de France« zählt er ebenfalls, gilt also als eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Seine von alten Granithäusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert gesäumten Sträßchen laden zum Bummel durch den autofreien Ort ein – was trotz der ruhigen Vorsaison erstaunlich viele Ausflügler auch taten. Während die Abendsonne im Sommer goldene Lichter auf den grauen Granit zaubert, blieb es an diesem bewölkten, teils regnerischen Apriltag beim Grau in Grau. Bei schönerem Wetter und besserer Sicht lohnt es sich, auf den 289 Meter hohen Stadtberg von Locronan zu spazieren und den Panoramablick auf die Bucht von Douarnenez und die Landschaft zu genießen.
Saint-Ronan: Die spätgotische Kirche im Flamboyant-Stil ist dem Iren Ronan gewidmet, der im 6. Jahrhundert an der Christianisierung der Bretagne beteiligt gewesen sein soll und hier als Eremit lebte. Einige elegante Häuser begrenzen den großen Platz mit zierlichem Ziehbrunnen vor der Kirche und der Pénity-Kapelle, dahinter erstreckt sich der Friedhof, kopfsteingepflasterte Sträßchen führen in alle Richtungen. Zu einigem Wohlstand gelangte der Ort im späten Mittelalter und bis zum 18. Jahrhundert, vor allem durch die Herstellung von Segeltuch aus Hanffasern. Einst lebten hier unzähligen Weber von ihrem Handwerk. Die Manufaktur in Locronan stattete in früheren Jahrhunderten die größte Segelschiffe Europas aus, sowohl die der französischen wie auch der englischen und spanischen Marine. Die prächtigen Gebäude rund um die Grand’Place waren einst Kaufmannshäuser oder beherbergten die Compagnie des Indes und das Bureau de la toile, in dem königliche Offiziere die Qualität der Stoffe prüften, bevor sie von bretonischen Häfen aus verschifft wurden. Locronan vermarktet sein wirklich sehenswertes Architekturerbe geschickt, das intakte, etwas musealisierte Ortsbild ohne Satellitenschüsseln, Ampeln oder Werbung diente schon häufig als Kulisse für Spielfilme, und die vielen Crêperien und Boutiquen mit Kunsthandwerk hängen nur zurückhaltende Ladenschilder auf. Wenn man sieht, wie wenig viele andere, ärmlich wirkende Dörfer im Landesinneren der Bretagne vom Tourismus an der Küste profitieren, kann man sich auch mit den Besuchermassen im Sommer anfreunden.
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