24 STUNDEN IN TOULON
Vormittags: Lange stand es mit dem Ruf der Stadt, dem wichtigsten Militärhafen und Marinestützpunkt Frankreichs, nicht zum Besten. Unter den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg hatte Toulon sehr gelitten, außerdem zerschneidet eine mehrspurige Straße mit tosendem Verkehr Alt- und Neustadt. Inzwischen hat sich die Großstadt (mit 181.000 Einwohnern) vom »Aschenputtel« der Côte d’Azur zum Geheimtipp entwickelt. Allein die sanierte Altstadt liefert schon Anlass genug, an der Hafenstadt nicht nur vorbeizufahren. Nur ein paar Schritte südlich der Place de la Liberté taucht man in das kräftig sanierte, fast autofreie Gassengewirr ein (mehr dazu hier). Auch nachmittags lädt die Altstadt zum Bummeln ein, doch vormittags bringt der große Wochenmarkt auf dem Cours Lafayette dazu noch sämtliche Genüsse der Provence in die Stadt (Di–Sa).
Mittags: Ganz leger wirkt das Beam! auf den ersten Blick, mit Flohmarktstühlen und locker verteilten Tischen. Der hohe loftartige Raum mit riesigen Sprossenfenstern war früher ein Postamt, heute tischt hier Küchenchef Arnaud Tabarec ein Überraschungsmenü auf, mit ausgeprägter Vorliebe für vegetarische und saisonale Zutaten, was GaultMillau und Michelin mit lobender Bewertung quittieren (https://restaurant.letelegraphe.org). Im historischen Gebäude von 1850 kam außer dem Restaurant ein Kulturzentrum unter, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Workshops beleben den kreativen Ort.
Nachmittags: Nur ein paar Schritte entfernt, lohnt das Hôtel des Arts noch einen kleinen Abstecher. In einer bunt bemalten Jahrhundertwende-Villa wird zeitgenössische Kunst präsentiert (Eintritt frei, www.hda-tpm.fr/fr). Nicht versäumen sollte man eine Hafenrundfahrt, um Toulons maritime Geschichte zu erkunden. Petite Rade und Grande Rade, die große natürliche Bucht, ließen schon die französischen Könige zum Militärhafen ausbauen und bis heute blieb Toulon ein wichtiger Marinestützpunkt. Im 17. Jahrhundert lagen hier die Galeeren der königlichen Flotte, im 20. Jahrhundert die Kriegsschiffe der Republik. Hier starten aber auch Fähren nach Korsika und zu den Balearen sowie kleine regelmäßig verkehrende Schiffe, die Teil des ÖPNV sind und die Innenstadt mit den Orten und Stränden der Rade de Toulon verbinden (www.lesbateliersdelarade.com).
Apéro im Bubble Tent: »Erst keine Sonne und dann kam auch noch Regen dazu«, möchte ich ein bekanntes Fußballzitat mal abwandeln. Statt wie von bisherigen Reisen an die Côte d’Azur gewohnt, war der Himmel eine ganze Woche lang nicht strahlend blau, sondern mal hell-, mal dunkelgrau, aber immer grau. Doch selbst die Temperaturen um 12, 13 Grad schreckten nicht alle ab, auch ohne Heizpilze draußen zu sitzen, ob am Quai Kronstadt, der beliebten Flaniermeile am Hafen, oder auf der fast komplett von Bars bestuhlten Place de l’Equerre, wo transparente Blasenzelte Schutz vor Regenschauern boten. Alternative zum Apéro im Plastikzelt ist die Weinbar in der restaurierten Markthalle von Toulon.
Abends: Unter einem restaurierten Glasdach aus dem 19. Jahrhundert sitzt man recht chic auf (recht niedrigen) blauen Fauteuils oder gelben Sofas (www.leautel.toulon.com) in der modern-maritim designten Brasserie L’Equerre. Nicht weit vom Hafen am Rand der Altstadt gelegen, füllt das elegante Hotelrestaurant vom Ambiente und Küchenanspruch mit fein komponierten mediterranen Gerichten eine Lücke in Toulon.
Gut gebettet: Gleich nach der Ankunft den Koffer im Hotel wieder abstellen? Die Okko-Hotels suchen sich bahnhofsnahe Standorte aus, in Paris habe ich schon direkt am Gleis 2 der Gare de l’Est übernachtet, und auch in Cannes geht man aus dem Bahnhof nur hinaus und nimmt gleich nebenan den Lift hinauf zur Rezeption. Ausgesprochen praktisch, wenn man mit dem Zug reist, was an der französischen Mittelmeerküste zwischen Marseille und Menton komfortabel und günstig möglich ist. Ein paar Schritte nur sind es in Toulon, dann ist vom Bahnhof aus das Okko an der Place de la Libération erreicht – und gleich dahinter beginnt die Altstadt. Spa, Fitness und Apero – beim Kurzaufenthalt habe ich das nicht getestet, nur einen Regenschirm ausgeliehen.