TYPISCH PARIS: FRANZÖSISCHE BALKONE
Namenlos: Französische Balkone, auch Pariser Fenster genannt, gehören zum Stadtbild in Paris – als kunstvolle Geländer aus Eisen schmücken sie die Fassaden entlang der Boulevards und Avenuen. Bei historischen Gebäuden kennen wir oft die Namen der Architekten, doch nur selten ist so ohne Weiteres herauszufinden, wer die dekorativen Elemente der Fassaden und Hausflure entwarf und als Unikat oder in Serie fertigte. Dabei sind etwa die Eingangstüren, Balkongitter, Treppen- und Fenstergeländer, ja, selbst die Radabweiser, mehr als einen Blick wert, oft Zeugnisse hervorragender Handwerkskunst und integraler Bestandteil der urbanen Identität von Paris. Denn was wären die Häuserfronten aus der Ära Haussmanns, der Belle Epoque oder des Art-Déco in der französischen Hauptstadt ohne ihre geschmiedeten oder gusseisernen Elemente?
Garde-corps: Echte »Balkone« sind es nicht, sondern das, was im Bürokratensprech Absturzsicherungen genannt wird. Wie die »lambrequins« in Lyon sind auch die »garde-corps« genannten Brüstungen teils genau in die Fensterlaibungen eingepasst, teils außen davorgesetzt. Als Fachbezeichnungen tauchen neben dem Oberbegriff »garde-corps« und »garde-fou« auch »appui de fenêtre« (Fensterstütze), »appui de croisée« oder »barre d’appui« (Stützstange) für die teils meterhoch, teils niedriger ausgeführten Modelle auf. Diese Fenstergeländer ragen nicht oder nur kaum über die Fassade hinaus, manche schließen mit einem Handlauf aus Holz ab. Ihre unbestritten dekorative Funktion zeigt sich nicht nur am einzelnen Fenster, sondern in ihrer schmückenden Wirkung an großen Mehrfamilienhäusern – nach der schlicht-genialen Formel »Einheit in der Vielfalt, Vielfalt in der Einheit«.
Maßarbeit und serielle Fertigung: Das 18. Jahrhundert ist in Frankreich die Ära der Balkon- und Fenstergeländer aus Schmiedeeisen. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich manch eine Kunstschmiede (serrurerie) zur Gießerei (fonderie). Dort können die garde-corps günstiger gefertigt und aus Katalogen geordert werden. Die 1850 gegründete Fonderie Loiselet beispielsweise hat noch heute rund 300 Modelle für garde-corps nach historischen Vorbildern im Sortiment, außerdem fertigt das Unternehmen in Nogent-le-Roi Gartenzäune, Balkon-, Treppen- und Brückengeländer, Tische und Vordächer (marquise), Wendeltreppen, Säulen und Leuchten.