TREPPEN, STIEGEN, STÄFFELE: WEINBERGSTAFFELN AM NECKAR

Ausblick auf die Neckarschleife: Auf weiten Strecken eher Verkehrsweg und Wasserstraße mit mächtigen Staustufen, Schleusen-Bauwerken aus Beton und wenig idyllischen Häfen, entspringt der Neckar bei Villingen-Schwenningen und mündet rund 360 Flusskilometer später bei Mannheim in den Rhein. Auf seinem Weg von Stuttgart nach Heilbronn zeigt sich der Fluss jedoch als windungsreiche Schönheit – seinen Weg nach Norden hat sich der Neckar hier in großen Bögen gebahnt. Den besten Blick auf die besonders große Neckar-Schleife zwischen Mundelsheim und Hessigheim bietet die Käsberg-Kanzel inmitten rebbedeckter Steilhänge. Der Aussichtspunkt thront über einer der berühmten Lagen im mittleren Neckartal – begünstigt vom milden Klima, optimaler Sonneneinstrahlung und wärmespeichernden Muschelkalkböden. Zahlreiche kleine, von Trockenmauern gestützte Terrassen prägen das Landschaftsbild am Naturdenkmal Käsberg.

Der Mundelsheimer Käsberg: Wie in einem natürlichen Amphitheater ziehen sich die Rebterrassen am extrem steilen Hang entlang: eine spektakuläre Kulturlandschaft. Fast zwei Drittel der Hänge weisen eine Bodenneigung von mehr als 50 Prozent auf – nur an der Mosel und in der Ortenau gibt es steilere Weinberge. Allein hier am Käsberg sorgen rund 100 Kilometer Trockenmauern und himmelhohe Stäffele dafür, dass die Arbeit im Weinberg überhaupt zu bewältigen ist. Man muss einfach nur bewundern, was die Winzer hier in schwer zu bewirtschaftender Steillage – quasi als Akrobaten im Weinberg – an Knochenarbeit leisten. Ein Teil der Käsbergparzellen wurde Anfang des 18. Jahrhunderts von Herzog Eberhard Ludwig erworben und gehört bis heute zu den Weinbergen des Hauses Württemberg, dass den hier gepflanzten Trollinger im großen Holzfass und den Spätburgunder im Barique ausbaut. Den Großteil der Mundelsheimer Steillagen bewirtschaften fast 600 Weingärtner:innen aus Mundelsheim, die in der Winzergenossenschaft der »Lauffener Weingärtner« organisiert sind. Im Käsbergkeller in Mundelsheim können die Weine der Winzergenossenschaft verkostet werden.

Weinwandern: Der Käsberg-Höhenweg ist erreichbar vom Wanderparkplatz beim Steinturm, oberhalb von Mundelsheim – ein Spaziergang von etwa einer Stunde (3,5 Kilometer) mit weitem Panoramablick über das Neckartal. Alternativ startet die Käsbergrunde (5,1 Kilometer) direkt am Rathaus. Fun-Fact 1: Durch die Gemeinde Mundelsheim verläuft der 49. Breitengrad, an dem auch Vancouver und Paris liegen.

Schweißtreibende Steillagen: Wie viele Stufen und Rebterrassen es in der der Weinregion Württemberg gibt, weiß wohl niemand so genau. Während viele der kunstvoll errichteten Württemberger Weinterrassen – vor allem rund um Heilbronn, im Weinsberger Tal, im Zabergäu, im Bottwar- und Remstal – den Flurbereinigungen des 20. Jahrhunderts zum Opfer fielen, um die maschinelle Bearbeitung zu ermöglichen, blieben an Enz und Neckar in den terrassierten Steillagen Weinbergstaffeln und Trockenmauern erhalten. Dass die Stäffele Winzerin oder Winzer ganz schön außer Puste bringen, ist gewiss – man selbst gerät schon beim Gedanken an den Aufstieg ins Schwitzen. Abgesehen von der mühsamen Handarbeit im Weinberg ist auch die Instandhaltung der Treppen und Terrassen aufwendig und zeitintensiv. Als Weinbergstaffel werden in Württemberg die schmalen Treppen bezeichnet, die den Hang erschließen. Sie bilden die Verbindung zwischen befahrbaren Wirtschaftswegen, zu denen während der Weinlese die mit Trauben gefüllten Bütten hinauf- oder hinuntertransportiert werden. Eigentlich bestehen die Blockstufen aus Natursteinen, heute sind teils auch Betontreppen zu sehen. Fun-Fact 2: An der Hochschule Regensburg gibt es an der Architektur-Fakultät eine Arbeitsstelle für Treppenforschung, das Friedrich-Mielke-Institut für Scalalogie.

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