PARISER STADTMOBILIAR: POLLER

Wildparken: Was ich Pömpel nenne, heißt hochdeutsch Poller und umfasst auch »Schiffshalter« in Häfen, um Festmacherleinen zu belegen. Im Straßenverkehr dienen solche Absperrpfosten dazu, das wilde Beparken von Gehwegen, Ein- und Ausfahrten, Radwegen und Fußgängerzonen zu verhindern. Also ein verzichtbares Stadtmöbel, würden sich Autofahrer an Regeln halten. Aber weil das Gegenteil der Fall ist, erwehren sich Städte wie Paris der notorischen Falschparker mittels ausufernder Bepollerung und rüsten immer mehr auf gegen die Invasion des motorisierten Verkehrs. Denn leider muss man konstatieren: Je größer das Auto, desto geringer das Unrechtsbewusstsein. Sanktionen scheinen die Parksünder nicht zu fürchten. »Ganze Reihen, ja Wälder von dünnen und weniger dünnen Stäben und Wülsten wuchsen an allen möglichen und und unmöglichen Stellen aus dem Boden« (Lampugnani).

Pollerwald als Notwehrmaßnahme: Wie heißen die »fahrzeugabweisenden Elemente« eigentlich auf Französisch? Bollard klingt zwar sehr ähnlich, doch damit sind die Schiffspoller gemeint, im Straßenverkehr werden sie als »potelet«, »borne de protection« oder »borne d’interdiction« bezeichnet. In Paris, wo Metallpoller »anti-stationnement« ab den 1990er-Jahren installiert wurden, sind sie gern mal Ziel freundlicher Übernahme – durch Street-Art mit einem Augenzwinkern oder kreative Umnutzung. Le CyKlop (www.lecyklop.com) beispielsweise bemalt die Poller mit Augen, andere mit Gesichtern oder nur mit unterschiedlichen Farben. Wie beim Guerilla-Knitting wollen solche Kunst- oder Nachbarschaftsinitiativen das Stadtmobiliar mithilfe von Humor etwas spielerischer machen (www.hackingurbanfurniture.net). Die »Kugelkopfpoller« werden mit Blumentöpfen versehen oder farbig bemalt, mit Aufstecktischchen laden sie sogar zum Apéro vor der Bar ein.

Parkhindernisse für Autos: In Paris gibt es ab und zu versenkbare Poller, die eine temporäre Durchfahrt ermöglichen, und rund 45.000 niedrigere Absperrpfosten aus Beton, doch das Gros der Poller, die sich inzwischen auf mehr als 332.000 summieren (Quelle: Atelier parisien d’urbanisme), besteht aus Gusseisen und wird in der Regel mit etwa 30 Zentimeter Abstand vom Bordstein installiert. Dadurch verlieren unzählige Bürgersteige in Paris ein Drittel ihrer Breite! Zwar kann hier nun niemand mehr unrechtmäßig parken, aber auch die Fußgänger:innen schränkt es enorm ein. An Engstellen kann es schwierig werden, sich zu begegnen, einen breiten Kinderwagen zu schieben oder jemand an der Hand zu führen. Wem gehört der öffentliche Raum? Den Menschen oder den Fahrzeugen? Hoffentlich sind Poller irgendwann wieder überflüssig, um die Vorherrschaft der Autos in den Städten einzudämmen – von großen Entpollerungsaktionen ist aber nichts zu lesen. 

Kleine Dinge im Stadtraum: Woran erkennt man auf einem Foto, dass es sich um Paris handelt, auch wenn kein bekanntes Wahrzeichen zu sehen ist? An den unscheinbaren, aber ubiquitären Objekten, die sich seriell über die ganze Stadt verteilen: Abfallbehälter, Poller und Straßenlaternen, Baumschutzscheiben und Gullydeckel, Stadtmobiliar wie Bänke, ja sogar am Straßenpflaster, Gehwegsteinen oder Hausnummernschildern lässt sich Paris identifizieren. Über die Rolle von solchen Details im öffentlichen Raum – vom Kiosk bis zur Anschlagsäule – geht es im Buch »Bedeutsame Belanglosigkeiten« des italienischen Stadtwissenschaftlers und Architekturhistorikers Vittorio Magnago Lampugnani. Hier gab es schon Beiträge zu den Fontaine Wallace genannten Wasserspendern, zu Straßenschildern, Bänken und Baumscheiben, ein weiterer zur Beleuchtung soll noch folgen.

GK Paris Poller

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