MAISON DU BEURRE IN SAINT-MALO

Butter bei die Fische: In deKüche der »Butterregion« Bretagne wird (ja – was wohl) viel Butter verwendet, im bretonischen Zuckerkuchen »Kouign amann« etwa landet ein komplettes Päckchen – ungefähr im Verhältnis 1:1:1 zu Mehl und ZuckerDie Bretonen sind stolz auf ihre Butter, und zu fast hundert Prozent ist damit gesalzene Butter gemeint – sowohl für süße als auch für salzige Gerichte. Jedenfalls sind die Franzosen unangefochtene Butterweltmeister, pro Kopf liegt der Verbrauch bei acht Kilogramm pro Jahr, noch ohne die mediterranen »Olivenöl«-Regionen Südfrankreichs herauszurechnen. Deutschland folgt mit knapp sechs Kilogramm auf Rang zwei, obwohl die Molkereien mit fast 500.000 Tonnen etwas mehr Butter produzieren als in Frankreich (450.000 Tonnen). Drei Buttersorten sind durch AOC-/AOP-Herkunftsbezeichnungen geschützt, die Beurre Poitou-Charentes, die Beurre d’Isigny aus der Normandie und die Beurre de Bresse aus dem Burgund. Damit steht Butter in Frankreich auf der gleichen Qualitätsstufe wie Champagner, Cognac, Calvados oder Wein und einige Käsesorten.

Alles in Butter? Drei Varianten findet man im französischen Supermarktregal – »beurre salé« (Butter mit mehr als 3 Prozent Salzgehalt), »beurre demi-sel« (leicht gesalzene Butter mit 1,5–3 Prozent) und »doux« (Butter mit möglichst geringem Salzgehalt). »Beurre de baratte« steht auf manchen Packungen, das entspricht der deutschen Bezeichnung Fassbutter. Dabei wird Rahm in kleinen Holzfässchen zu Butter geschlagen, schonender als in industrieller Verarbeitung. »Beurre cru« bezeichnet in Frankreich Rohmilchbutter, die einen intensiveren Geschmack als Butter aus pasteurisierter Milch hat – für manche Vegetarier schon zu sehr nach Tier und Bauernhof. Rohmilchbutter ist allerdings weniger lange haltbar als konventionelle und in Deutschland kaum zu bekommen, da hier Butter nur aus pasteurisiertem Rahm hergestellt werden darfDie Deutschen kennen meist nur die standardisierten Massenprodukte aus den großen, volltechnisierten Molkereien – geschmacks- und farbneutral, keimfrei, streichfähig und ohne jeden Charakter. Selbst der Unterschied zwischen Süßrahm- und Sauerrahm-, Marken- oder Molkereibutter spielt für die Verbraucher kaum eine Rolle. Weil zudem ungesättigte pflanzliche Fette als gesünder geltenwurde mit Sprüchewie »Kühe würden Margarine kaufen« ein ganzes (tierisches) Produkt zugunsten eines industriell hergestellten Streichfetts verteufeltErst langsam kommt wieder auf den heimischen Tisch, was in der gehobenen Gastronomie und bei Feinschmeckern als Importschlager aus Frankreich gilt und für unsere Urgroßeltern noch ganz normal warAuch einige kleine bäuerliche Betriebe stellen wieder auf traditionelle Art und Weise Rohmilchbutter her, die in Deutschland offiziell »Landbutter« heißtDie sahnige Rohmilchbutter vom Foto, die uns im bretonischen Locquirec so gut schmeckt, hat allerdings vom Département Loire-Atlantique (südlich von Nantes und Teil der Region Pays de la Loire) den Umweg über Paris genommen (sie wird für den Käsegroßhändler Gratiot in Rungis hergestellt). 

Saint-Malo: Die Rue de l’Orme in Saint-Malo Intra Muros ist ein kleiner Geheimtipps für Foodies, gleich mehrere Adressen lohnen den Abstecher, so etwa das Maison du Sarrasin, das Café Breizh und die Bar à Babas. In Nr. 9 ist die Maison du Beurre ein fantastisch sortiertes Käsegeschäft, das vor allem aber durch seine Butter überregional bekannt ist. Die »Beurre Bordier« hat in der kulinarischen Szene zahlreiche Fans, renommierte Pariser Hotels und berühmte Sterneköche servieren die Butter zum Frühstück oder vor dem mehrgängigen Menü zum Brot. Immer mehr Esser schwärmen von der bretonischen Köstlichkeit, sodass Bordier-Butter inzwischen frankreichweit in guten Käse- und Feinkostgeschäften zu bekommen ist. Jean-Yves Bordier stammt aus einer Familie von Käse-Affineuren und erwarb 1985 eine Cremerie in Saint-Malo. Als er das schon 1927 gegründete Geschäft übernahm, fand Bordier auch altes Werkzeug voretwa eine historische Knetmaschine für Butter mit Holzwalze und -drehscheibe. Neben den rund 230 Käsesorten, die in Reifekellern verfeinert werden, stellt er seither Butter auf traditionelle Art her und lässt sie von Hand in Form bringen. Genauer gesagt entstehen mit Hilfe kleiner Holzpaletten von Hand Butterwürfel und Butterkegelwas man sich auf kurzen Videos auf der Website auch anschauen kann. Drei Tage dauert in der Manufaktur das Herstellen von Butter, während Molkereien sechs Stunden benötigen – doch nur so entfalten sich alle Aromen, und nur so wird die Butter wunderbar cremig. Während des Knetens schon wird die Butter teils noch aromatisiert, mit Meersalz, aber auch mit Algen, Kräutern, Piment d’Espelette, Szechuan-Pfeffer, Yuzu oder Vanille. Basis einer guten Butter ist hervorragende Milch, die Bordier von den Landwirten des französischen Westens bezieht – fast ausschließlich in Bioqualität. Dass auf der Verpackung kein Biolabel oder sonstiges auf die Qualität hinweist, entspricht Bordiers Überzeugung, dass eigentlich alle nicht biologisch erzeugten Lebensmittel kennzeichnungspflichtig sein müssten.

Butter in der Literatur: Alexandre Dumas meint in seinem »Grand Dictionnaire de Cuisine« ja, Werther habe sich beim Anblick der Butterbrote für mehrere Kinder machenden Lotte in die junge Frau verliebt. »Werther a rendu le beurre poétique; c’est en voyant Charlotte faire des tartines pour les enfants qu’il prend cet amour fatal, qui se termine par un coup de pistolet.« Dabei schneidet Lotte das Brot nur ab, die Liebe entflammt wohl eher beim Tanz. Von Butter und Butterbroten ist aber tatsächlich mehrfach die Rede im »Werther«. Ganz schwärmerisch wird es bei Erbsen: »Wenn ich des Morgens mit Sonnenaufgange hinausgehe […] und dort im Wirtsgarten mir meine Zuckererbsen selbst pflücke, mich hinsetze, sie abfädne und dazwischen meinen Homer lese; wenn ich in der kleinen Küche mir einen Topf wähle, mir Butter aussteche, Schoten ans Feuer stelle, zudecke und mich dazu setze, sie manchmal umzuschütten: da fühl ich so lebhaft, wie die übermütigen Freier der Penelope Ochsen und Schweine schlachten, zerlegen und braten. Es gibt nichts, das mich so mit einer stillen, wahren Empfindung ausfüllte […]. Wie wohl ist mirs, daß mein Herz die simple, harmlose Wonne des Menschen fühlen kann […].« Während heute Butter meist abgepackt verkauft wird und nur selten lose, war es im 19. Jahrhundert umgekehrt, wie Emile Zola (1840–1902) in seinem Roman »Der Bauch von Paris« beschreibt, für den die (heute abgerissenen) zentralen Markthallen die Kulisse bilden. Neben Butter, die »in Weinlaub gehüllt zum Verkauf nach dem Pfunde bestimmt« ist, bietet der Käsestand in Les Halles lose Butter: »Auf den zwei Brettergestellen des Standes lagen riesige Ziegel Butter; bretonische Butter, die Körbe bis an den Rand füllend; normandische Butter, in Linnen gehüllt, aus Tonerde modellierten Bäuchen gleichend, über die der Bildhauer feuchte Tücher gebreitet hat; andere, bereits angeschnittene Stücke, durch das breite Messer schier zu Kegeln zugespitzt, voll Täler und Schluchten abgestürzten Gletschern gleichend, über die die Herbstsonne ihren Goldglanz breitet.« (Übersetzung Projekt Gutenberg ). 

 

9 rue de l’Orme, 35400 Saint-Malo Intra Muros, www.lebeurrebordier.com, Di–Do 9–12.30, 15.30–19.30, Fr, Sa 9–13, 15.30–19.30, So 9–13 Uhr. Außer mit der Maison du Beurre in Saint-Malo ist Jean-Yves Bordier auch in der Markthalle von Rennes mit einem Stand vertreten: Halles Centrales, 35000 Rennes, Mo 9–13, 15.30–19, Di–Do 9–14, 15–19, Fr 8.30–19.30, Sa 8.30–19 Uhr