GRÜNE ARCHITEKTUR IN PARIS

Vertikale Gärten: Weil Europas versiegelte Städte in Hitzesommern unerträglich werden, lassen sich die Metropolen zur Abkühlung allerhand einfallen, von Nebelduschen, Trinkwasserspendern und Schattendächern über Miroirs d’Eau – begehbare Brunnen – bis zu mehr Grün. Bepflanzt werden nicht mehr nur Plätze, Straßen und Flachdächer: Aus der Horizontalen wagten sich zuerst einige Landschaftsgärtner in die Vertikale. Am Quai Branly erhielt das von Jean Nouvel entworfene Museum eine 800 Quadratmeter große Pflanzenwand zur Seine hin. Verantwortlich für diese »Mur végétal« zeichnete Gartenarchitekt Patrick Blanc, von dem auch die 25 Meter hohe begrünte Fassade im 2. Arrondissement stammt, an der Ecke von Rue d’Aboukir und Rue des Petits Carreaux, sowie weitere bei der Fondation Cartier, im Hotel Pershing Hall und im Ausland.

Bäume auf jedem Balkon: Zu Pflanzenwänden haben sich auch Architekten inspirieren lassen, etwa der Italiener Stefano Boeri mit seinem »Bosco verticale« in Mailand. In seinen beiden Wohnhochhäusern haben die Städter den »Wald« gleich vor der Balkontür, denn es wurden so viele Bäume und Sträucher gepflanzt, wie es einem Hektar Fläche entspricht. Diese 2014 entstandene »Symbiose von Architektur und Natur« wurde mit dem Internationalen Hochhauspreis ausgezeichnet, als mutige und radikale Idee für urbane Zukunft.

Flower Tower: Ein noch früheres Beispiel für begrünte Wohnbauten steht schon seit zwei Jahrzehnten im 17. Arrondissement in Paris, der 2004 fertiggestellte Flower Tower. Der Architekt Edouard François integrierte 380 Betontöpfe in die umlaufenden Balkone der zehn Geschosse, deren Bepflanzung den Bewohnern Schatten und Kühlung spenden soll. Für die automatische Bewässerung wird aufbereitetes Regenwasser genutzt, das durch die Geländer zu den Pflanzen gelangt. Das Balkongrün soll den benachbarten Park gleichsam bis in die Wohnung holen. Obwohl ausschließlich Bambus ausgewählt wurde, weil er robust ist und schnell wächst, macht die Bepflanzung nach zwei Jahrzehnten keinen guten Eindruck, ebenso wenig wie der verwendete Hightech-Baustoff Ultra-High Performance Concrete (UHPS). Die hellen und dunkleren Flächen sind jedoch kein Bau- oder Wasserschaden, wie man auf den ersten Blick annimmt, sondern wohl bewusste Gestaltung.

Fassadenbegrünung: Auch eine neue Landmarke im 13. Arrondissement entwarf Edouard François. Für die 2016 fertiggestellte »Tour de la Biodiversité« wurde größtmögliche Artenvielfalt auf kleinem Raum angestrebt. Ausgewählt wurde die Pflanzen von Mitarbeitern der Ecole du Breuil, einer Pariser Hochschule für Gartenbau und Landschaftsgestaltung. Hier wachsen sie nicht in Pflanztöpfen, sondern in fix in die Gebäudestruktur integrierten Röhren. Das 18-geschossige Wohnhochhaus ist zudem mit einem Metallnetz umspannt, das als Rankhilfe für die Kletterpflanzen dient. Die Fassadenverkleidung, die je nach Lichteinfall und Blickwinkel hell- oder dunkelgrün schimmert, ist mit Titanblech verkleidet und soll nach und nach hinter der grünen Pflanzenhülle verschwinden.

Grünes Bauen: Zu nachhaltiger und umweltfreundlicher Architektur gehört mehr, als einfach Bäume und Sträucher vor die Balkontüren von Wohntürmen zu stellen, auch wenn diese sich positiv auf das Stadtklima auswirken. Die Bepflanzung von Gebäuden ist nur ein Aspekt, bedacht werden müssen auch flächensparendes Bauen, langlebige und recycelbare Baustoffe, Nutzung erneuerbarer Energie, effiziente Wärmedämmung, Wasseraufbereitung und mehr…

Mur végétal im 2. Arrondissement

Paris Flower Tower

Paris Tour de la Biodiversité