TYPISCH PARIS: DENKMALGESCHÜTZTE LADENFASSADEN
Goldschrift hinter Glas: In der französischen Hauptstadt stehen rund 200 historische Ladenfassaden unter Denkmalschutz, unter anderem gehört das aufwendig restaurierte Kaufhaus Samaritaine dazu, aber auch viele kleine Alltagsläden wie die Chocolaterie Debauve et Gallais (30 rue des Saints-Pères). In einigen sind noch immer Geschäfte, die zur Fassade passen, so etwa die Boulangerie Au Petit Versailles du Marais. Seit 1860 ist die Bäckerei an der Ecke von Rue François Miron und Rue Tiron ansässig, und im Innern ist auch die historische Ausstattung mit Säulen, Stuck, Deckengemälde von Charles Anselme und Holzarbeiten sensationell gut erhalten. Erfreulicherweise können Brot, Gebäck und Törtchen mit der Klasse des Ambientes mithalten – Boulanger-Pâtissier Christian Vabret wurde als »Meilleur Ouvrier de France« ausgezeichnet. Auch die Moulin de la Vierge (64 rue Saint Dominique) beherbergt eine Bäckerei, während hinter der Boulangerie-Fassade im Haut-Marais (29 rue Poitou) heute ein schickes Hotel residiert und hinter der blauen Fassade an der Ecke 62 rue de l’Hôtel-de-Ville (und 2 rue des Barres) das Restaurant Chez Julien. Die durch Glas geschützten Bildtafeln mit einer Mühle, Weizengarben und Erntearbeitern stammen von Anfang des 20. Jahrhunderts. Nicht nur Bäckereien, auch andere Läden wie Konditoreien und Confiserien wählten für ihre Schriftzüge gern Gold hinter Glas, in meinem Beitrag dazu zeigen Fotos die Pâtisserie Stohrer (51 rue Montorgueil) und A la Mere de Famille (35 rue du Faubourg Montmartre).
Magasin aux Tortus: Nur die Fassade steht unter Denkmalschutz, drinnen befindet sich eine Filiale der Bäckereikette Paul (55 boulevard Haussmann.) Das längst geschlossene Unternehmen handelte einst mit Schildpatt und Elfenbein aus den Kolonien, Objekten aus raren Hölzern, Federn und anderem. Das in den 1860er Jahren von Léonidas Garland gegründete Eckgeschäft zeigt an der Fassade ein Marmordekor von 1910 und Bronzeschildkröten sowie zwei Elefantenschädel. Für den Artenschutz ist der Handel mit Elfenbein und Schildpatt heute verboten.
Fischhandlung und Pferdemetzgerei: Die ehemalige Poissonnerie Bernheim, 1879 gegründet und auch innen sehenswert, wird heute von einer Tapasbar genutzt (24 rue du Faubourg Montmartre). Architektonische Keramik und Mosaikfliesen, wie sie im 19. Jahrhundert teils sehr aufwendig hergestellt wurden, für die Beschriftung von Läden sind leider aus der Mode gekommen. Die Fliesen stammen aus der Feinsteinzeugmanufaktur in Sarreguemines; über den Inhaber ließ sich nichts herausfinden (eine Poissonnerie Bernheim scheint es aber auch in Brüssel und Reims gegeben zu haben. Ein 1836 in Nancy geborener Paul Bernheim, seit 1858 in Brüssel ließ sich 1895 in Belgien einbürgern, zeigt eine im Internet auffindbare Urkunde. Das rote Mosaik zierte einst eine Boucherie Chevaline (15 rue Vieille du Temple).
Ancienne Laiterie: Das Gebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert, die Inschrift »beurre, oeufs, laiterie« aus Gusseisen auf einer Marmorfassade wurde in den 1930er Jahren angebracht (25 rue Danielle Casanova). Was heute Crèmerie hieße, nannte sich einst Molkerei, denn früher wurde nicht nur Abgepacktes verkauft, sondern durchaus selbst Hergestelltes wie beispielsweise Butter. Ich habe noch in den 1960er Jahren ein Milchgeschäft in meinem Heimatort geliebt, in dem es nur sagenhaft köstliches Milcheis und lose Milch aus zwei großen Kühlbehältern in einer Marmortheke gab, mehr nicht. Wenn stimmt, die ich ohne Quellenangabe gefunden habe, verringerten sich die Zahlen von rund 500 Milchgeschäften in Paris in den 1890er Jahren auf nur noch 30 im Jahr 1920.





