TANJA GRANDITS: TANJA VEGETARISCH

Glanzleistung: Woran man erkennt, dass ein neues, gerade im Herbst erschienenes Kochbuch richtig Lust aufs Loslegen macht? Wenn man es aufschlägt, anfängt zu blättern und sich dann ärgert, dass man für das Abendessen an diesem Tag schon eingekauft hat. Also habe ich wenigstens das Fenchelöl angesetzt, weil dafür alle Zutaten in meinem Vorratsschrank sind (und Schnittfenchel auf dem Balkon) und am nächsten Morgen mit den Gemüse-Pancakes und Miso-Kräuterquark zum Frühstück begonnen, nachdem ich die Kräuter dafür auf dem Markt besorgt hatte. Dann habe ich Reisessig gekauft, um den Chilisirup zu kochen, und die Anisplätzchen vorbereitet, abends gab es den Tomaten-Fried-Rice. Am nächsten Tag schmeckte mittags die Kartoffelsuppe hervorragend, nachmittags habe ich die Gewürze für das Dukkah geröstet (mein Dukkah, eine völlig andere Mischung, war gerade alle), abends gab es Limettenrisotto mit Gurkensalsa. Was nicht heißen soll, dass ich schon damit aufhöre, nach den Rezepten von Tanja Grandits zu kochen… Zunächst will ich aber diese uneingeschränkte Empfehlung für »Tanja vegetarisch« teilen, denn die Rezepte werden dem Versprechen auf dem (schönen) Cover vollkommen gerecht: »Grüne Lieblingsrezepte für jeden Tag – einfach & genussvoll«. Als nächstes stehen bei mir Ziegenkäse-Spätzle mit Salbei und das Linsen-Spinat-Curry mit Minze auf der Tagesordnung.

Aromenküche: Tanja Grandits hat im »Stucki« in Basel mit ihrem Team zwei Michelin-Sterne und 19 Punkte im Gault-Millau erkocht und wurde gerade zum zweiten Mal als »Schweizer Koch des Jahres« ausgezeichnet. Die von der Schwäbischen Alb stammende Chefköchin ist nicht nur für ihren meisterhaften Umgang mit Kräutern und Gewürzen, sondern auch mit Farbe bekannt – ihr Markenzeichen sind »monochrome« oder farbenfroh leuchtende Teller. In ihren fünf ersten Kochbüchern (alle ebenfalls im Schweizer AT Verlag erschienen, vier davon siehe unten) hat sie schon mehrfach demonstriert, was mit Aromen und Farben, Kräutern und Gewürzen auf hohem Niveau an überraschenden Geschmackserlebnissen kreiert werden kann. Nummer sechs und sieben (»Tanjas Kochbuch. Vom Glück der einfachen Küche« und »Tanja vegetarisch. Grüne Lieblingsrezepte für jeden Tag«) sind bewusst alltagstauglicher gehalten – der »Aromenküche« bleibt die beste Köchin der Schweiz aber selbstverständlich auch hier treu, mit einfallsreichen, harmonisch austarierten »Lieblingsrezepten« aus der Familienküche.

Virtuos würzen: Die große Stärke des Kochbuchs sind die vielen Anregungen zum Würzen – mit Kräutern und eigenen Würzmischungen, Ölen, Pestos und Saucen –, das letzte Kapitel ist tatsächlich eine echte »Schatzkammer«. Wer vegetarisch kocht, kann trotz Ottolenghi und anderer Würzspezialisten nach wie vor Rezepte gut gebrauchen, die Antworten darauf geben, wie Gemüsesorten verwendet und kombiniert werden können, wie spannende Kontraste entstehen und erstaunliche Aromenkombinationen Gerichte verfeinern. Selbst wer über ein großes Repertoire an traditionellen vegetarischen Rezepten verfügt (von Blumenkohl-Pasta bis Zwiebelkuchen) und ab und zu indisch oder asiatisch kocht, macht hier unentwegt Entdeckungen. So schmeckten die Pfeffertomaten zu den Sobanudeln deutlich anders als eine konventionelle Tomatensauce, und Kapern machen sich nicht nur im Kartoffelsalat gut, sondern auch in einer Kartoffelsuppe. Der Kräuterquark wird mit Miso und Kreuzkümmel abgeschmeckt, Shakshuka statt mit Tomaten und Paprika mal mit vielen Kräutern und Spinat zubereitet, der Spargelsalat mit Minze und Karamell-Schalotten oder die Bittersalate mit eingelegten Pflaumen verfeinert, und auf Gurkensalsa zum Limetten-Risotto muss man überhaupt erstmal kommen. Für Kochanfänger:innen eignet sich das Buch nicht ganz so gut, es gibt keine Angaben, für wie viele Portionen die Zutaten gedacht sind, und auch Zubereitungszeiten und Zwischenschritte bei der Anleitung, Konsistenzen und Temperaturangaben werden nur begrenzt aufgeführt. Für alle Menschen, die sich über Anregungen freuen und beim Kochen nach Rezepten mitdenken, ist »Tanja vegetarisch« dagegen ein Muss – oder ein tolles Weihnachtsgeschenk.

 

Tanja Grandits, Tanja vegetarisch, AT Verlag, 34 Euro, ISBN 978-3-03902-093-5

www.tanjagrandits.ch

https://at-verlag.ch/buch/978-3-03902-093-5/Tanja_Grandits_TANJA_VEGETARISCH.html

Das Kochbuch stellte mir der AT Verlag kostenfrei für die Rezension zur Verfügung. Merci!

Getestete Rezepte

Damit keine Missverständnisse aufkommen – die folgenden Fotos stammen nicht aus dem Kochbuch, sondern sind Schnappschüsse von mir, die zeigen, was ich schon gekocht habe.

Kartoffelsuppe mit Kapernbutter und Thymian: Ich habe für mich allein ein Viertel der Menge zubereitet, das passte gut. Meine Konsistenz war flüssiger als auf dem Foto, das mag an der Kartoffelsorte liegen – jedenfalls plumpsten Kapern und Buchweizen im Nullkommanichts an den Boden des Suppentellers – es sah also nicht ganz so bildhübsch aus wie im Buch. Schmeckte nach mehr!

Zwiebelsuppe mit Rosmarin: Ich habe die Hälfte der Menge zubereitet – hier war gut, dass es für die Zwiebeln auch eine Gramm-Angabe gibt, denn vier meiner Zwiebeln wogen nur 250 Gramm, vielleicht sind im Rezept Gemüsezwiebeln gemeint. Eine tolle Idee, Knollensellerie unter die Zwiebeln zu mischen. Schmeckte sehr rosmarinig – 2 Esslöffel gehackter Rosmarin (bei mir also einer) plus 3 Esslöffel als Topping sind ja allerhand! Mir gefällt (und schmeckt) es, wenn nicht nur mit Prisen- und Messerspitzen-Mengen gewürzt wird.

Limetten-Risotto mit Gurkensalsa: Eine ungewöhnliche Kombination, die mich überzeugt hat! Auch das wird es jetzt öfter geben.

Tomaten-Fried-Rice: Nicht an den Zwiebeln sparen, sonst muss man sich mit seinen Mitessern drum streiten!

Wurzelgemüse-Dal: Echtes Soulfood! Ich hab’s geahnt, daher gleich die Hälfte der Rezeptmenge für mich allein zubereitet, damit es für zwei Portionen reicht.

Radicchio-Risotto mit Roquefort: Seit ich das mal bei meinem Stamm-Italiener gegessen habe, gehören Pasta mit Schalotte, Knoblauch, Radicchio und Pinienkernen (bei Antonio waren auch noch Rosinen dran, die lasse ich weg) zu meinen Lieblingsessen, die es mindestens einmal im Monat gibt – auch weil ich Bitternoten gerne mag. Außerdem habe ich ein Risotto-Kochbuch plus zwei Dutzend aus Zeitschriften gerissene vegetarische Risotto-Rezepte. Trotzdem hat mich nichts davon auf die Idee gebracht, Radicchio und Pinienkerne mal im Risotto probieren, dafür brauchte ich Tanja Grandits, obwohl es doch eigentlich sehr nahe liegt. Überzeugt hat mich die Idee, nur einen Teil des Radicchio mit dem Reis zu garen und den Rest als knackiges Topping zu verwenden.

Kartoffel-Pesto-Auflauf mit Wirsing: Ein tolles Winteressen, ich hätte gar nicht gedacht, dass zu Wirsing ausgerechnet Basilikum gut passt.

Gewürzöl, Chilisirup, Dukkah: Sehr einfach und schnell gemacht – der Geschmackstest steht noch aus. Beim Chilisirup war ich mir nicht ganz sicher, ob man die gehackte Chili im Sirup lassen sollte oder nicht. Da das Filtrieren nicht gut klappte, habe ich sie dringelassen.

Anisplätzchen: Ich habe etwas gerätselt, ob die Anissamen nach dem Rösten nicht gemahlen werden müssten und das vorsichtshalber getan.

Buchweizen-Soba mit Pfeffertomaten: Die Pfeffertomaten gab es statt zu Buchweizen-Soba bei uns zu Nudeln aus Kastanienmehl, ein Geschenk, das mal verbraucht werden wollte. Mein Wochenend-Mitesser, ein Tomaten-Fan, war sehr angetan. Ich wollte nicht glauben, dass man die Tomaten nach dem Garen im Ofen noch gut häuten kann, aber es ging super leicht.

Gemüse-Pancakes und Miso-Quark: Das Pfannkuchen-Rezept habe ich gedrittelt, das ergab fünf Puffer, das komplette Rezept dürfte vier Personen gut sättigen. Den Misoquark habe ich nur halbiert, den Rest gibt’s als Brotaufstrich. Beim nächsten Mal wurde ich den Gemüseanteil noch etwas erhöhen und den Mehlanteil reduzieren, damit es weniger Pfannkuchen und mehr Gemüsepuffer sind. Wer wie ich die Kräuter von Hand hackt mit dem Wiegemesser, sollte den Quark zuerst zubereiten oder während der Pfannkuchenteig etwas ruht, nicht erst dann, wenn die Pancakes schon braten.

Karamell-Schalotten: Da ist etwas schiefgegangen, wer würde denn eine kleine Schalotte karamellisieren (mit 50 Gramm Zucker!) und dann in Gläser (!) füllen… Ob 200 Gramm gemeint sind?

Blumenkohl mit Tahin und Sesam: Das Rezept ist zweimal im Buch mit minimaler Abweichung (kalt als Salat, warm mit Joghurt), das hätte auch als Variante im Buch gereicht.