SÄCHSISCHER WEINWANDERWEG: PILLNITZ

Vom Borsberg zur Rysselkuppe: Als in Dresden die Sonne endlich mit strahlend blauem Himmel den lang ersehnten Frühling ankündigte, war ich kurzentschlossen in Wachwitz und Loschwitz ein Stück auf dem Sächsischen Weinwanderweg entlang spaziert. Und weil’s so schön war, am Tag darauf gleich noch mal! Das Wegstück durch die Weinberge in Pillnitz gehört zu den schönsten des Wanderwegs, ich bin es schon öfter gelaufen und freue mich jedes Mal wieder über die schöne Kulturlandschaft. Mit dem Bus 63 ging es bis zur Haltestelle Pillnitz-Rathaus. Ein Stück das steile Sträßchen hinauf, dann biegt man auf den Leitenweg, der oberhalb der Weinberge am Waldsaum entlangführt. Alte Wächterhäuschen, eine lange Mauer und Informationstafeln säumen den Weg mit Erläuterungen – hier ist der Weinwanderweg zugleich auch Weinlehrpfad der Weinbaugemeinschaft Pillnitz. In den 1980er-Jahren begannen Dresdner Freizeitwinzer die seit Jahrzehnten ungenutzten und verwilderten Terrassen in der Steillage neu aufzureben. Im Jahr 2016 waren hier etwa 10 Hektar und weitere 4,5 Hektar auf der benachbarten Rysselkuppe mit Wein bestockt. Beim letzten Spaziergang bin ich schon an Schneiders Delle mit dem hübsch gepflasterten Serpentinenweg wieder hinunter zum Bergweg gegangen, dieses Mal nur wenig weiter im Waldstück.

Königlicher Weinberg in Pillnitz: Schilder weisen auf das Weingut von Klaus Zimmerling hin, einer der renommiertesten Winzer Sachsens. Gearbeitet wird wie gestern in Wachwitz auch hier zwischen den Rebzeilen, dazwischen blühen schon die ersten Blümchen und am Wegrand Zierkirschen und Forsythien. Vorbei am Hockeyplatz, der barocken Weinbergkirche »Zum Heiligen Geist« von Matthias Daniel Pöppelmann und der liebevoll restaurierten Alten Weinpresse kehre ich zurück zum Schloss und bestelle im Restaurant selbstverständlich einen Goldriesling – zwar nicht von Klaus Zimmerling oder überhaupt aus Pillnitz, aber von Jan Ulrich, der ganz am anderen Ende des Sächsischen Weinwanderwegs, elbabwärts noch hinter Meißen, seine Weine keltert. Warum gerade Goldriesling? Diese Rebsorte wird fast nur noch in Sachsen angebaut.

Weinbau in Sachsen: Unter den dreizehn deutschen Weinregionen ist Sachsen das kleinste und östlichste Weinanbaugebiet, es umfasst nur knapp 490 Hektar Anbaufläche (zum Vergleich: Rheinhessen, Pfalz und Baden bewirtschaften Flächen von 16.000 bis zu 27.000 Hektar). Warme, nicht zu heiße Sommer und milde Winter machen ausgezeichnete trockene Weißweine möglich, und angesichts des Klimawandels müssen sich die Winzer, deren Hauptsorge bislang den Spätfrösten galt, vielleicht immer weniger (Wetter)Sorgen machen. Bevorzugte Rebsorten sind Müller-Thurgau, Weißburgunder, Riesling und Grauburgunder. Mehrheitlich bewirtschaften Hobby- und Nebenerwerbswinzer Berge und Keller und nur wenige größere Betriebe im Haupterwerb – etwa 35 sind es wohl. Traditionsbewusste Winzer füllen ihren Wein in die »Sachsenkeule« – die keulenförmige Flasche gibt es seit den 1930er-Jahren. 

Im 17. Jahrhundert hatten die guten Verdienstmöglichkeiten die Winzer an der Elbe auf die Idee gebracht, auch leichter zu bewirtschaftende flache Lagen aufzureben. Ein Erlass von Johann Georg III. aus dem Jahr 1684 verbot dies: »Wo der Pflug kann gehn, dort soll kein Weinstock stehn!« – nach dem Dreißigjährigen Krieg brauchte man dringend Getreide. Zwischen Diesbar-Seußlitz und Pirna wachsen die Rebstöcke bis heute an den seit Jahrhunderten kultivierten, sonnenbegünstigten Steilhängen, und der Weinbau blickt auf eine lange Geschichte zurück. Was auch immer auf den endlosen mit Reben bepflanzten Rübenäckern Rheinhessens produziert wird, für den Wanderer ist das angesichts der wunderbaren Kulturlandschaft an der Elbe keine Option. Weniger als 1 Prozent der deutschen Weinproduktion stammt aus Sachsen. Die sächsischen Weine sind daher echte Raritäten, die vornehmlich an Endverbraucher und Gastronomie in der Region gehen. Wegen der im Vergleich zum überschaubaren Angebot großen Nachfrage werden inzwischen stolze Preise aufgerufen. Winzeradressen und Weingeschäfte findet man in meinem Citytrip plus Dresden, erschienen im Reise-Know-How-Verlag.

Sächsischer Weinwanderweg: Zu Fuß lässt sich die Elblandschaft in allen Einzelheiten genießen – ob in flottem oder gemächlichem Wandertempo. Zu entdecken sind Winzerhäuschen mit Rankgittern und Weinbergkapellen, sommerliche Besenwirtschaften und gemütliche Weinstuben, steile Rebterrassen und zahlreiche Aussichtspunkte. Der Sächsische Weinwanderweg beginnt im malerischen Pirna, berührt hinter Dresden die Villen- und Gartenstadt Radebeul und die Porzellanstadt Meißen und endet elbabwärts im Weinort Diesbar-Seußlitz. Wer das Ganze am Stück erwandern will, kann die Gesamtstrecke von knapp 90 km in fünf bis sechs Tagesetappen von jeweils 15–18 Kilometer bzw. 5–6 Gehstunden bewältigen.

Sächsischer Weinwanderweg

 

Und so sieht’s im Sommer aus (August 2011 zum Beispiel), hinten sieht man schon das Elbsandsteingebirge…

Sachsen Dresden Weinwanderweg