ROUEN: MIT JEANNE D’ARC IN DIE NEUZEIT

GASTBEITRAG VON DR. CHRISTOPH FISCHER: Manchmal ist es gut und regelrecht beeindruckend, völlig unvorbereitet und nahezu ahnungslos in einer Stadt anzukommen, in der man nur Station machen will. Und die man dann am anderen Morgen auf eine fast traurige Art und Weise wieder verlässt, weil man eigentlich noch viel lieber dageblieben wäre. Von Rouen wusste ich, dass es die Metropole der Normandie ist, ein immer noch bedeutender Hafen, eine Stadt an der Seine, in der Jeanne d’Arc einst auf dem Scheiterhaufen des Marktplatzes starb.

Rouen ist eine Stadt, die im Zweiten Weltkrieg gelitten hat, die sich aber in der Altstadt gerade auch deshalb einen großen Charme bewahrte, weil rund um die Kathedrale herum auch noch viel altes Fachwerk stehen geblieben und großteils ebenso liebe- wie eindrucksvoll restauriert worden ist. Da sieht man schiefe Fenster und schräge Decken und Dachbalken, die den Häusern eine geradezu unumstößliche Widerstandsfähigkeit zu verleihen scheinen, als wären sie deshalb gerade so schief und krumm, um ihren Überlebenswillen um so nachdrücklicher zu demonstrieren.

Und wenn man dann abends durch die Altstadt streift, trifft man vorwiegend junge Leute, die meisten vermutlich Studentinnen und Studenten einer Universität, die von einer altehrwürdigen und offenbar weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten medizinischen Fakultät ihren Ausgang nahm, die jüngste Fakultät ist die für Sportwissenschaft, und heute über 25000 Studierende zählt.

Und die trifft man abends auf den Straßen und in den Kneipen, international parlierend, englisch, italienisch, niederländisch und so weiter. Das älteste Gasthaus Frankreichs befindet sich seit 1345 in Rouen. Zwischen Place du Vieux Marché über den Place Martin Luther King und den Place de la Cathedrale bis zum Place Saint-Vivien am östlichen Rand des historischen Zentrums wird da und dort die Nacht zum Tag gemacht, allüberall pulsierendes Leben, gelegentlich laut, aber immer freundlich. Lachende Gesichter, zum Bleiben auffordernd.

Wir sind trotzdem am anderen Morgen weiter in Richtung Bretagne gefahren. Mit dem festen Vorsatz, wiederzukommen. Und vielleicht länger als nur eine lange Nacht zu bleiben.

Rouen Normandie

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