DER FLEISCHATLAS 2018
Fleischkonsum halbieren: Das brachte es heute sogar in die Nachrichten: Umweltschützer fordern die Deutschen auf, nur noch halb so viel Fleisch zu essen. Anders seien Klima- und Naturschutzziele nicht zu erreichen, so eine der zentralen Aussagen bei der Vorstellung des »Fleischatlas 2018«, der gerade zum vierten Mal erschien. Schon die ersten drei Fleischatlanten seit 2013 stießen auf ein großes öffentliches Interesse. Veröffentlicht wird der Fleischatlas vom BUND, der Heinrich-Böll-Stiftung und der Zeitung »Le Monde Diplomatique« – immer im Vorfeld der Demonstration »Wir haben es satt« und der »Grünen Woche« in Berlin. Stand bislang vor allem im Fokus, wie sehr die industrielle Fleischproduktion zum Verlust an Artenvielfalt, der Abholzung von Wäldern und zum Klimawandel beiträgt, unter welch schlechten Bedingungen die Tiere gehalten werden und wie weitreichend die negativen ökologischen, gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen sind, geht es in der aktuellen Ausgabe vor allem um Wege zu einer nachhaltigen Fleischproduktion. Das Fazit kurz gefasst: »Etwas weniger« ist nicht genug, der übermäßige Fleischkonsum muss deutlich gesenkt und die Tierbestände kräftig abgebaut werden.
Im Land der Fleischfresser: Nach Branchenzahlen haben die Deutschen 2016 pro Kopf durchschnittlich 59 Kilogramm Fleisch (davon zwei Drittel Schweinefleisch) gegessen, etwa 1,5 Kilogramm weniger als im Vorjahr, jedoch kaum weniger als vor einem Jahrzehnt. Das ist doppelt so viel, wie von Ernährungsexperten empfohlen wird. Vor Kurzem hatte ich noch moniert, dass die sich so harmlos gebenden Zahlen im Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, »Deutschland, wie es isst«, eher interessensgesteuert als aussagekräftig sind. Der »Fleischatlas« dagegen liefert eine Fülle aufschlussreicher Daten, visualisiert in anschaulichen Infografiken wie die Übersicht zu den deutschen Essgewohnheiten, alle mit nachprüfbaren Quellenangaben und in Zusammenhänge eingeordnet.
Klasse statt Masse in Baden-Württemberg: Der zuvor erschienene »Fleischatlas 2016« mit dem Schwerpunkt »Deutschland Regional« warf einen Blick in die Bundesländer. Im Vergleich zu den Tiermast-Bundesländern wie Niedersachsen steht Baden-Württemberg noch ganz gut da. Hier sind die Höfe kleiner als im Bundesdurchschnitt, und insgesamt ist die Rinderhaltung in Baden-Württemberg stetig zurückgegangen und hat sich seit den 1980er-Jahren etwa halbiert. Ökonomische Zwänge führen auch im Südwesten dazu, dass vor allem kleinere Höfe die Haltung von Rindern und Schweinen aufgeben, die größeren dagegen ihre Bestände aufstocken und die Konzentration zunimmt. Kleinere Betriebe setzen eher auf die Strategie, besonders hochwertige Lebensmittel zu produzieren und die steigende Nachfrage nach regionalen Produkten zu bedienen. Allerdings ist die Direktvermarktung vor allem für Betriebe am Rand von Ballungsräumen wie Stuttgart interessant, Landwirte fern größerer Städte haben es schwerer.