BRETAGNE: AUSFLUGSTIPP SILLON DE TALBERT
Landzunge: Unser Ausflug auf die Halbinsel im abgelegenen äußersten Norden der Bretagne galt einer landschaftlichen Besonderheit. Der Sillon de Talbert bei Pleubian, eine lange, in Europa einzigartige Landzunge aus Kieseln und Sand, die weit ins Meer ragt, ist seit 2006 als Naturreservat geschützt. Seevögel wie Pfuhlschnepfe, Küstenseeschwalbe, Brachvogel, Seeregenpfeifer, Steinwälzer, Austernfischer und Strandläufer finden auf dem schmalen, etwa 3 km langen und 35 m breiten Damm Brutplätze (daher dürfen Hunde von Mitte April bis Mitte September nicht auf die Landzunge mitgenommen werden). Im Maison du Sillon, eingerichtet vom Conservatoire du Littoral, erfährt man mehr über Geologie, Flora und Fauna des Naturschutzgebiets (www.reserve-sillondetalbert.bzh). Ein Spaziergang auf dem Sillon – oder besser wie empfohlen am Meeressaum entlang – ist ein einzigartiges Erlebnis. Bei Ebbe führt der Kiesstreifen weit, weit weg, fast bis zu den fünf Ollonne-Inselchen, die einst womöglich Teil der Landzunge waren. Aber Vorsicht bei Flut! (Unbedingt die Gezeiten beachten und den Hinweis am Beginn des Sillon lesen). Der Abstecher beginnt mit einem Sandweg, umgeben von typischer Dünenvegetation, nach rund 500 Metern gelangt man an eine Bresche, die ein schwerer Sturm vor einigen Jahren verursachte. Bei Flut geht es hier nicht weiter… Dahinter gibt es kaum noch Vegetation, Sand und Kiesel prägen das Bild (Ohne Drohne ist so eine Landzunge nicht gut zu fotografieren, daher ein Link zum Video von Claude Le Quellec: https://www.youtube.com/watch?v=P1vUmdVfctw).
Austern-Bar am GR34: Meerkohl, Strandwinde, Blaudisteln und Strandknöterich säumen unsere Runde auf dem bretonischen Zöllnerweg entlang der Küste. Die knapp 9 Kilometer lange Wanderrunde ist auf der IGN-Karte 0814 OT im Maßstab 1:25.000 eingezeichnet, wir konnten die »Boucle du Sillon de Talbert« allerdings nicht ganz laufen, da ein Teil des Wegs in der Bucht von Laneros bei Flut unter Wasser stand, und mussten leider auf die Straße ausweichen. Doch das schönste Stück des Küstenpfads ist ohnehin die Strecke zwischen dem Strand Porz Ran und der Halbinsel Pen Lan (dort mit Blick auf die Île de Bréhat und den Leuchtturm Héaux de Bréhat in der Ferne). Wo mit den Hallen der Austernzüchter »Bouchots du Sillon«, einer Whiskydestillerie und Unternehmen der Algenverarbeitung eine Art kleines Gewerbegebiet beginnt, lädt die Bar à huîtres (täglich 12–20 Uhr, https://huitrearin.com/) zur Einkehr ein, doch dafür waren wir zu früh unterwegs.
L’Armor: Start und Ziel unserer Wandertour war der Parkplatz an der hübschen Kirche von Armor. Die 1932 im Art-Déco-Stil erbaute Église Notre-Dame entwarf der Architekt James Bouillé (1894–1945), Mitglied des in den 1920er-Jahren von Jeanne Malivel (1895–1926) begründeten »Seiz Breur«. Diese der (früheren) britischen Arts and Crafts ähnlichen Reformbewegung, die bretonische Traditionen bewahren und zugleich modernisieren wollte, gehörten rund 60 Kunsthandwerker und Künstlerinnen an. Die Glasfenster stammen von Paul Rault, »maître verrier« aus Rennes, der mit seinem Bruder das vom Vater gegründete Unternehmen übernahm (heute in der vierten Generation von Sébastien Rault geführt). Zurückgekehrt saßen wir – beschwingt von Livemusik – an einem sonnigen Sonntag auf der Terrasse der Bar Talbert, die im Sommer regelmäßig Konzerte veranstaltet. Gegenüber verkaufte ein Bauer alte Tomatensorten, vor der Kirche gab es die Bouchots de Sillon-Austern auch zum Mitnehmen an einem weiteren Stand mit zwei freundlichen alten Herren.
Presqu’île sauvage: Als »wilde Halbinsel« gilt die Region zwischen den tief ins Land reichenden Mündungstrichtern der Flüsse Jaudy und Trieux (www.bretagne-cote-degranitrose.com). Neben der Austernzucht prägte die Algenernte die Küste der Halbinsel; heute ist Pleubian Sitz des nationalen Centre d’Étude et de Valorisation des Algues (CEVA), das sich mit der Erforschung und Verarbeitung der Meerespflanzen beschäftigt und an dem man ebenfalls auf der Rundwanderung vorbeikommt. Früher wurde mit Seetang und Algen geheizt und die Äcker gedüngt, heute interessieren sich Kosmetik-, Pharma- und Lebensmittelindustrie für die darin enthaltenen Mineralstoffe und Spurenelemente. Jährlich werden von mehr als 100 Unternehmen »goémoniers« rund 73.000 Tonnen Algen an der bretonischen Küste geerntet (Quelle: www.bretagne-peches.org), teils mit speziellen Trawlern, teils durch das Sammeln bei Ebbe. Seit Ende des 19. Jahrhunderts können aus Braunalgen Alginate gewonnen werden, die als Gelier- und Bindemittel in zahlreichen Produkten eingesetzt werden, von Speiseeis bis zur Mayonnaise, von der Wundkompresse bis zur Gesichtsmaske.


