BORDEAUX: MASCARONS

Schau doch mal hoch: Typisch für Bordeaux sind nicht nur die schmiedeeisernen Balkongitter und die großen historischen Türklopfer – auch Maskaronenköpfe sind allgegenwärtig an den Gebäuden der Altstadt. Schlendert man ein Stück entlang der schönen Fassaden zur Garonne hin, am Quai de Richelieu beispielsweise, und schaut auch mal hoch, dann fallen die vielfältigen Mascarons ins Auge, mit denen die Häuser im Erdgeschoss oder der ersten Etage geschmückt sind. Vor allem entlang der Quais findet man unzählige dieser Skulpturen mit menschlichen Gesichtern als Schlussstein über Tor- und Fensterbögen, die charakteristisch für die Bordelaiser Architektur sind. Der Name Maskaron (frz. mascaron) für Fratzengesicht, verwandt mit dem deutschen Begriff Masken, leitet sich vom italienischen Mascherone her: in der Architektur der Antike und Renaissance speisten solche Fratzen häufig Brunnen.

O Schreck: Diese teils grotesk verzerrten, teils freundlich lächelnden Antlitze sind auch anderswo in der Stadt an Häusern aus dem 18. Jahrhundert zu entdecken. Sie sind keine Porträts, auch wenn manche Köpfe dem Betrachter als Abbilder realer Personen erscheinen mögen, sondern rein dekorative Elemente. Andere gleichen Fabelwesen wie Satyrn und Gorgonen oder stellen antike Götter von Apollo über Neptun bis zu Bacchus dar. Zu hübschen Mädchen und Frauen gesellen sich Türken und Afrikaner, Seemänner und Nonnen, Tiere, »Wilde« und Engel. Seine Blütezeit hat dieser Fassadenschmuck zwischen 1730 und 1770, doch auch noch später erbaute Häuser weisen teils diese menschenähnlichen Halbplastiken auf. Wer genau hinschaut, kann Freimauersymbole und den Davidstern entdecken, selbst Jesus mit Dornenkrone wurde als Maskaron verewigt.

Steinmetzkunst: Rund 3000 dieser Bauornamente soll es in Bordeaux geben: Unter den unzähligen verschiedenen Ausprägungen sind allegorische, komische und traurige, naive, stilisierte oder detailverliebte Exemplare – allerdings lächeln nur die wenigsten, die meisten Mascarons schauen starr, viele blicken mit verzerrten Gesichtszügen, aufgerissenem Mund oder aufgeblasenen Backen über den Betrachter hinweg. Anders als Wasserspeier, die dazu dienten, das Regenwasser abzuleiten, und als Neidgesichter an mittelalterlichen Fachwerkhäusern, die das Böse abwehren sollten, haben die Mascarons aber wohl nur schmückende Funktion.

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