WINTERTOMATEN IM SALAT

Ganz schön geschmacklos: Im Winter gibt’s nur Tomaten, die nach rein gar nichts schmecken, wer weiß das nicht aus eigener leidvoller Erfahrung. Seit auch Eier-, Strauch-, Rispen-, Cherry- und Cocktailtomaten ein Massenprodukt sind, kommen sie das ganze Jahr über optisch einwandfrei, aber ohne Aroma in den Handel. Selbst sogenannte »Naschtomaten« schmecken nur fad und wässrig. Für zweitbesten Ersatz können da Dosentomaten sorgen – aber leider nicht im Salat. Pastasaucen, Schmorgerichte, Suppen, auch im Winter kein Problem, dafür habe ich Dosentomaten und Tomatenmark immer im Vorrat (in Dosen oder noch lieber im Glas außerdem nur Kichererbsen, Cannellini- und Fava-Bohnen und sonst nichts).

Beans Greens Potatoes Tomatoes: Fett ist ein Geschmacksträger, das hat sich herumgesprochen… Kein Wunder, dass (mir) auch gebratener Spargel, gebratener Rosenkohl und gebratene Möhren besser schmecken als gekochte. Aber darauf, Tomaten zu braten, muss man erstmal kommen – und wie das so ist, wenn man so ein flüssigkeitsreiches Gemüse brät: es wird eine Riesensauerei. Wasser und Öl passen einfach nicht zusammen – kein Wunder, dass die Südstaaten-typischen »Fried Green Tomatoes« in Teig ausgebacken werden. Wer die Tomaten (auch gemischte verschiedener Größe) in etwas Olivenöl und Knoblauch brät und die Spritzer auf Küchenschürze, Herd und nähere Umgebung beim Platzen der Tomaten in Kauf nimmt, kann mit einer Kugel weißem Büffelmozzarella und Basilikum auch im Winter »Insalata Caprese« genießen.

Ofentomaten: Intensiveren Geschmack bekommen Tomaten auch im Backofen. Halbieren, mit der Schnittfläche nach oben nebeneinander in eine hohe Auflaufform setzen oder auf einem tiefen Backblech verteilen, mit Öl beträufeln, salzen und pfeffern und 20–30 Minuten bei 200 °C im Ofen backen. Wer mag, würzt schon vor dem Rösten mit Knoblauch, Thymian, Rosmarin oder Fenchelsamen. Hugh Fearnley-Whittingstall gibt noch etwas Honig hinzu, ich bestreue die Tomaten manchmal mit etwas Rohrohrzucker. Süß werden sie durch das Rösten aber auch ohne zusätzliches Süßungsmittel. Statt kurz bei großer Hitze dürfen die Tomaten auch 40–50 Minuten oder bei 160 °C sogar bis zu 1 Stunde im Ofen bleiben, das entzieht ihnen Flüssigkeit. Für kleine Portionen (unter 1 Kilogramm Tomaten) ist aber eher die Pfanne das Mittel der Wahl, daher siehe oben.

Rezepte vom »bloody genius and greatest cookery writer of them all« und vom »godfather of salads«: Der eine, also Nigel Slater, auch einer meiner persönlichen Küchenhelden, mischt seine »roast tomatoes« noch warm mit Sardellen, Basilikum und Weißweinessig und isst sie abgekühlt als Salat oder Bruschetta-Belag. In seinen Kochbüchern und »Kitchen Diaries« notiert er aber noch diverse weitere Varianten für Ofentomaten. Der andere, also Peter Gordon, dessen geniales Buch »Salatsensationen« im März 2017 im Knesebeck-Verlag erscheint, mischt im Salat gebratene Tomaten mit Mozzarella, Datteln und selbst gemachtem Dukka oder kombiniert »herb-baked tomatoes« (mit Oregano, Thymian, Rosmarin) und »roast carrots« mit Farro (Emmer), Kapern und Parmesan. Hohen Genussfaktor konzediert nicht nur Yotam Ottolenghi den Rezeptkreationen von Peter Gordon (»Peter is a master of a very elusive art: combining great innovation with a massively delicious tummy-hug«) – auch ich kann nur sagen: Was ich ausprobiert habe, schmeckt sensationell.

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