SALATKLASSIKER: UNGARISCHER PAPRIKASALAT

Herbst zum Oktoberbeginn: Dauerregen, Temperaturen um 10 °C, graue Wolken und buntes Laub auf Straßen und Wegen – alles verkündet, dass der Sommer vorbei ist. So schön das Juli- und Augustangebot auf dem Wochenmarkt war, jetzt im Herbst bersten die Stände förmlich vor Erntefülle. Pilze und bunte Bete, der erste Rosenkohl und die ersten Schwarzwurzeln, Feldsalat und Fenchel, die letzten Bohnen und Tomaten – umzingelt von Kürbissen aller Art. Auch die Saison für Paprika endet gerade, deshalb habe ich gleich eine größere Menge gekauft, als ich am Marktstand die Freilandpaprika aus regionalem Anbau sah. Damit kann die Ampelkoalition aus dem Supermarkt oder Discounter nicht mithalten, mit dickfleischigen Paprika, die in China, Mexiko, der Türkei oder Spanien unter Treibhausfolien mit massivem Dünger- und Pestizideinsatz unter Ausbeutung illegaler Arbeitsmigranten und enormen Wasserverbrauch für den Export angebaut werden.

Capsicum: Aus der ungarischen Küche sind Paprika nicht wegzudenken. Die vor allem bei Kolocsa und Szeged angebauten milden oder scharfen Gewürzpaprika werden getrocknet und zu mildem Edelsüß- oder scharfem Rosenpaprika pulverisiert oder zu püriert und zu scharfer (Erös Pista) oder milder Würzpaste (Édes Anna) verarbeitet. Doch auch für viele Gerichte sind milde Gemüsepaprika eine essenzielle Zutat. Bei ungarischer Küche denkt man an würziges Gulasch, Lecsó und Paprikás, nicht unbedingt an diesen Paprikasalat. Als Beilage passt er nicht nur zu Fleisch und Fisch, sondern auch zu Käse oder Bratkartoffeln mit Speck. Botanisch gehören Paprika, Peperoni und Chili alle zur Gattung der Capsicum, und ursprünglich waren auch alle Sorten mehr oder weniger scharf. Ende des 19. Jahrhunderts gelang es ungarischen Gärtnern, mild-süße, fast capsaicinfreie Gemüsepaprika zu züchten (der »Scharfmacher« Capsaicin sorgt für die in der Scoville-Skala gemessene »Feurigkeit«).

Und so geht’s: 800 g Paprika von Stielansatz, Samen und Scheidewänden befreien und in dünne Streifen schneiden. Die Zwiebel schälen, fein würfeln und mit den Paprikastreifen in eine Schüssel geben. Mit Salz bestreuen und zugedeckt eine Stunde ziehen lassen, dabei mehrmals umrühren. In einem Topf 150 ml Wasser zum Kochen bringen und die Paprika-Zwiebel-Mischung darin zugedeckt 3 Minuten blanchieren. Mithilfe eines Schaumlöffels in eine Schüssel heben und den Sud auffangen. Die Paprika-Zwiebelmischung mit 3 EL Weißweinessig, 3 EL Olivenöl und 2 EL Kochsud vermischen. Die Schüssel abdecken und 2–3 Stunden ziehen lassen. Die Petersilie fein hacken. Den Paprikasalat auf Tellern anrichten und mit gehackter Petersilie bestreuen.

Peperonata und Piperade: Rote Paprikaschoten sind ein idealer Partner für Tomaten. Der Paprikasalat ist nah verwandt mit der italienischen Peperonata, die warm als Gemüsebeilage oder kalt als Vorspeise serviert wird. Sie enthält zusätzlich auch Tomaten, allerdings werden die Paprika und Zwiebeln nicht nur kurz blanchiert, sondern in Olivenöl angeschwitzt und mit Tomaten oder Passata 15–20 Minuten geschmort. Und die französische Piperade ist kein Omelett, wie sie manchmal bezeichnet wird, sondern ebenfalls ein Paprikagemüse mit viel Tomaten und Zwiebeln, nur in der baskischen Variante kommen (wenig) Eier hinein.

Häuten oder nicht? Wie beim ungarischen Paprikasalat wird auch für Peperonata oder Piperade die Paprika nicht gehäutet, obwohl die dünne Außenhaut gegart einen herben und leicht bitteren Geschmack entfaltet. Wer die Paprika unbedingt häuten will, verwendet dafür am besten einen Sparschäler. Es wäre auszuprobieren, ob dieser Salat mit vorab geschälten oder mit gerösteten und dann geschälten Paprika mit leichter Rauchnote besser schmeckt – anders auf jeden Fall. Übrigens: Violette, grüne und schwarze Früchte sind immer unreif, gelbe, orangefarbene und rote Exemplare sind reifer. Mit dem Farbwechsel verändern sich auch Geschmack und Aroma, und auch beim Vitamin-C-Gehalt haben sie ihren grünen und violetten Schwestern einiges voraus. Nach dem Blanchieren waren allerdings im Salat auch die dunkelvioletten Exemplare dunkelgrün. Beim nächsten Mal bereite ich den Salat mal nur aus roten Schoten zu.

Pimentón: Auch in Spanien wird aus getrockneten Gewürzpaprika Pulver hergestellt, das milde Pimentón dulce und das scharfe Pimentón picante. Eine geschützte Bezeichnung ist Pimentón de la Vera für das in der Extremadura hergestellte Gewürzpulver mit Raucharoma. Dafür werden die Schoten auf Rosten über Eichenholzrauch getrocknet, wodurch sie ihr rauchiges Aroma erhalten. Zu feinem Pulver vermahlen wird Pimentón in den typischen Blechbüchsen verpackt.