PARKS UND GÄRTEN DER CÔTE D’AZUR: VILLA EPHRUSSI DE ROTHSCHILD

Italienisch inspiriert: Anfang des 20. Jahrhunderts, in den Jahren kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs, ließ sich Béatrice de Rothschild (1864–1934) auf der Halbinsel des Cap Ferrat eine Villa errichten. Geld spielte keine Rolle: Als Erbin eines riesigen Vermögens erwarb die Baroness aus der berühmten Bankiersfamilie im Jahr 1905 ein größeres Grundstück. Für die Pflanz- und Bauarbeiten (die bis 1912 andauerten) ganz nach ihren Wünschen konnte die Bauherrin renommierte Architekten und Landschaftsgestalter verpflichten. Der italienische Baustil und das Interieur ihres rosa verputzten Palazzo vermitteln noch einen Eindruck vom eklektischen Geschmack Béatrice de Rothschilds. Die Leidenschaft der obsessiven Sammlerin galt Kunstgegenständen, Möbeln, Textilien, Tapisserien ebenso wie Porzellan und Objekten aus Schmiedeeisen; einmal erwarb sie sogar eine ganze Kapelle, um nur ein Fresko daraus zu bewahren. Für die damalige Zeit war die Villa trotz der historisierenden Neorenaissance-Architektur absolut modern – ausgestattet mit Aufzug, Telefon, Zentralheizung, Warmwasser und Garage für neun Autos, darunter drei Rolls-Royce. Die mondäne, viel reisende Aristokratin war Teil der High Society der Belle Époque und hielt sich nur selten in der Villa auf (die sie der Académie des Beaux Arts vermachte), denn außer einer Suite in Paris besaß sie weitere Domizile in Monte Carlo und ihre Tuberkulose-Erkrankung führte sie in Kurbäder und zuletzt vor ihrem Tod 1934 nach Davos.

Cap Ferrat: Wie exzentrisch der gesamte Eindruck zur Zeit der Baroness gewesen sein muss, vermittelt sich nur bedingt. Das Cap Ferrat springt weit ins Meer vor, die Buchten von Beaulieu und Villefranche zu beiden Seiten, und auf diesem schmalen Landstreifen der Halbinsel war der Blick spektakulär. Also wurde der Garten wie das Schiffsdeck eines Dampfers angelegt und die Gärtner als Matrosen mit Baskenmütze gekleidet. Auch der Privatzoo auf dem Gelände gehört heute nicht mehr zum Gesamteindruck. Ursprünglich unter der Leitung der Landschaftsarchitekten Achille Duchêne und Harold Peto angelegt, wurde der Garten zudem mehrfach umgestaltet, vieles erst nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt und im 21. Jahrhundert restauriert. So gedeihen im Rosengarten auch neuere Sorten, die es zur Jahrhundertwende noch gar nicht gab. Elegant und prächtig, unbedingt einen Besuch wert, ist das grüne Paradies aber dessen ungeachtet. Oder genau deswegen, denn andere Gärten an der Côte d’Azur zeigen durchaus, dass nach mehr als hundert Jahren wuchernder Vegetation im grünen »Dschungel« das ursprüngliche Konzept kaum noch zu erkennen ist.

Themengärten: Neun Gartenbereiche widmen sich jeweils einer anderen Pflanzenwelt. Eindrucksvoll jetzt im Vorfrühling, wo noch kaum etwas blühte, waren vor allem die außergewöhnlichen Kakteen. 1985 hatte ein Eiswinter den »jardin exotique« zerstört, alte Fotos aus dem Jahr zeigen Skiläufer am Strand von Nizza. Die mehr als meterhohen stachligen Pflanzen und seltenen Sukkulenten verdanken sich teils dem freundschaftlichen Geschenk von Nachbarn (der Familie Marnier-Lapostolle mit einem ebenfalls großen Privatpark), mit denen dieser Bereich restauriert werden konnte. Der spanische Garten mit schattigem Innenhof und Wasserbecken wirkt fast maurisch, der florentinische Garten mit Hufeisentreppe und alten Zypressen eröffnet den schönsten Blick auf die Bucht von Villefranche. Im Lapidarium wurden architektonische Elemente aus antiken und mittelalterlichen Gebäuden deponiert, der japanische Garten mit hölzernem Pavillon, Koi-Teich, typischer Brücke und Laternen ausgestattet. Und der provenzalische Garten erweist der mediterranen Vegetation seine Reverenz mit Olivenbäumen und Pinien, immergrünen Mastixsträuchern, Lavendel und Rosmarin.

Klassisch französischer Garten: Der Rundgang endet im »jardin à la française« direkt vor der Villa – den schönsten Blick auf die symmetrische, eher italienisch wirkende Anlage bietet die Loggia der Villa in der ersten Etage. Am jenseitigen Ende steht auf einem Hügel eine Säulentempelchen, am Hang unterhalb plätschert eine Wasser-Kaskade hinunter und speist das Wasserbecken entlang der zentralen Blickachse. Der Springbrunnen wird alle zwanzig Minuten neu gestartet, dann vereinen sich mehrere Fontänen zum musikalisch untermalten Wasserballett. Blütenpflanzen, geometrisch abgezirkelte Rasenflächen und französischer Formschnitt von Hecken und Buchskugeln ergänzen sich zu einem formellen Garten, der vom ungehemmten Wildwuchs der Palmen und Sträucher konterkariert wird.

 

Villa Ephrussi de Rothschild, 1 avenue Ephrussi de Rothschild, , 06230 Saint-Jean-Cap-Ferrat, www.villa-ephrussi.com, täglich 10–18 Uhr, Eintritt 18 €

Villa Ephrussi de Rothschild Côte d’Azur

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