MEIN BADESTEG AM CHIEMSEE
Sitzen ist das neue Rauchen: Für die Erkenntnis, dass zu wenig Bewegung ungesund ist, brauche ich keine wissenschaftlichen Studien. Weil ich im Alltag viel zu viel sitze – einer der größten Nachteile eines Schreibtischjobs am Computer im Homeoffice –, bewege ich mich gern in meiner Freizeit, nicht nur in Corona-Zeiten. Ab und zu muss man mal raus, und meine 10.000 Schritte pro Tag reichen für den Bewegungsdrang noch nicht aus. Während im Urlaub gilt: »Rauf aufs Rad oder rein in die Wanderschuhe«, steht das Schwimmen im täglichen Trott an erster Stelle.
Kacheln zählen: Mein Lieblingsbadesteg liegt am Chiemsee und gehört zu einem charmanten kleinen Strandbad – mit Biergarten und Bergblick, wie sich das für Bayern gehört. Die kleine Liegewiese lasse ich links liegen und suche mir ein Plätzchen bei den am Bootssteg vertäuten Segeljachten. In der Großstadt sind die Orte fürs Schwimmen meist gekachelt. Und ehrlich gesagt ist mir das auch ganz recht so, ich mag nur Freibäder deutlich lieber als Hallenbäder mit ihrer schwülen Luft. Höchstens träume ich noch von den türkisen Wasserlandschaften Formenteras oder Korsikas, »deren sandheller, aquarienartiger Untergrund zum Betrachten einlädt […], wo das Wasser warm ist, die Wellen sanft und die Strömungen harmlos« (John von Düffel, Gebrauchsanweisung fürs Schwimmen).
Auf den Grund sehen: Aus den Schwimmbüchern dieses Autors weiß ich, dass sich auch »Waterholics« einen Ruck geben müssen, in offenen Gewässern zu schwimmen, und selbst Franziska van Almsick lieber nicht in einen See oder ein Meer steigt, bei denen man nicht auf den Grund sehen kann. Seither schäme ich mich nicht mehr dafür, dass es mich etwas Überwindung kostet, die glitschigen Stufen der Badeleiter hinunter ins Wasser zu steigen und schnell über die dort wachsenden Unterwasserpflanzen hinwegzuschwimmen. Und mich dabei lieber auf den Blick zu den Chiemgauer Alpen und das samtweiche Wasser konzentriere, als auf das, was unter mir ist… Und dann das Glück, Schwerelosigkeit zu spüren! Ein kühles Bad im See als schnelle Erfrischung, abtrocknen oder von der Sonne trocknen lassen und dann das obligatorische Getränk im Seehäusl – ein Hochgenuss und das Highlight jedes Urlaubstags!