LOCQUIREC: SEHNSUCHT NACH DEM HAFEN

GASTBEITRAG VON DR. CHRISTOPH FISCHER: Wenn einer, der das Meer liebt, sich eigentlich nichts anderes vorstellen kann, als nach Langeoog zu fahren, liegt der Gedanke an die Bretagne nicht gerade nah. Nun ist ein Leben ja im Idealfall eine Angelegenheit von Jahrzehnten. Und in Jahrzehnten kann sich viel ändern. Nicht nur das Leben, die Liebe womöglich, aber vor allem auch: die Vorlieben.

Wenn ich in Zeiten von Corona an die Bretagne denke, überkommt mich Sehnsucht. Vermutlich ist die Bretagne das, was ich immer gesucht habe. Das Ende, vermutlich aber eher ein Anfang, das Finistère steht dafür. Wenn man sich aus Köln oder Reutlingen, das gilt nun allein für mich, in Richtung Bretagne begibt, steigt mit jedem Kilometer die Vorfreude. Und wenn auf den letzten Kilometern dann der Atlantik immer näher rückt, und man ein Ziel hat, dann ist es besonders.

Und das hat keineswegs damit zu tun, dass einer irgendwann damit angefangen hat, relativ erfolgreiche Kriminalromane mit einem sympathischen Kommissar Georges Dupin zu schreiben. Der den Bretonen gefiel – sie haben dem Schreiber sogar Orden verliehen –, der ihnen aber mittlerweile nach über acht Folgen eher auf die Nerven geht. Bretonen sind so. Und deshalb mag ich sie. Sie sind anders als die Franzosen, die sie zwar auch sind, aber am Ende doch eher Kelten. Und da ist dann eine zweite alte Verbindung von mir zu ihnen, da ich früher neben Langeoog vor allem immer wieder nach Irland gefahren bin. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Soweit die Vorgeschichte. Wir sind auf dem Weg nach Locquirec, einem wunderschönen Dorf, von dem ich vorher noch nie gehört hatte, bevor liebe Freundinnnen aus Düsseldorf uns davon vorgeschwärmt haben. Nun gut, jetzt sind wir Bürger des Dorfes. Und haben im April 2020 Sehnsucht, weil wir im Moment in Locquirec sein wollten, momentan aber eben nicht in die Bretagne fahren dürfen, weil auch dort gestorben wird.

Also stelle ich mir vor, ich werde morgens wach in unserem kleinen Häuschen, fahre mit meinem Fahrrad oder, okay eher, mit meinem uralten Volvo (fast 400.000 Kilometer) nach Plestin les Grèves zu Christophe, kaufe Baguette und anderes, was dieser Bäcker besser kann als andere, und wir frühstücken mit Blick auf das Meer. Zugegeben ist es in unserer bescheidenen Wohnlage nur ein kleiner Blickausschnitt, aber es genügt, um sich schon frühmorgens darauf zu freuen, nach einem ausgedehnten Spaziergang am frühen Nachmittag bei Chez Tilly vorbeizuschauen. In der Hoffnung, dass der Laden auf hat. Tilly macht auf und zu, wann er will. Auch das gefällt mir.

Ich freue mich auf mein Glas Rosé, zugegebenermaßen gibt es besseren, aber eben keinen anderen im schönen kleinen Hafen von Locquirec. Und wenn Mittwoch ist, geht man vorher nicht spazieren, sondern auf den Markt im Hafen. Und entsprechend früher zum Rosé.

All das fehlt mir. Aber irgendwann dürfen wir sicher wieder hin. Wir wollen ja auch noch den Garten machen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass mir das dann Spaß macht. Und das hat weniger mit dem Gartengedöns zu tun, sondern damit, dass sich unserer in Locquirec befindet. Und man sich nach getaner Arbeit auf den Hafen freuen kann. Okay, auch auf den Rosé.

 

 

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