KOCHBÜCHER MIT SALATREZEPTEN
Langeweile oder Lieblingsrezepte? Zehn Salatbücher stehen in meinem Kochbuchregal, ein elftes habe ich vor einem der letzten Umzüge bereits entsorgt. Nur fünf davon taugen etwas. Andere enttäuschen leider und liefern nicht mal Inspiration, obwohl man sich gerade bei Salat gar nicht strikt an Rezepte halten muss. Zu viele Zutaten bunt zusammengewürfelt mag instagram-tauglich sein, muss aber nicht schmecken… Andere trauen ihrem eigenen Thema nicht und werfen am Ende doch an alles gegrillte Hähnchenbrust, Rinderstreifen, Garnelen oder Jakobsmuscheln. Dass ich fast nur vegetarische Rezepte ausprobiere, sei hier deshalb vorausgeschickt. Hier die fünf Bücher, die den Praxistest bestehen und zugleich den kulinarischen Horizont erweitern. Letzteres ist für mich das entscheidende Kaufkriterium, denn noch ein Rezept für Panzanella, Kartoffelsalat oder Taboulé brauche ich nicht, die gehören längst zu meinem Kochrepertoire. In allen fünf Kochbüchern darf Salat zeigen, was er kann und beschränkt sich nicht auf Rohkost – die Zutaten werden nicht nur in eine Schüssel geworfen und mit einem Dressing kombiniert, sondern vorher teils auch gebacken, gegrillt, mariniert, fermentiert oder geröstet.
Salat satt: Das Buch mit 60 Rezepten macht schon im Titel und Untertitel eins gleich klar – hier verstehen sich Salate als Hauptgerichte zum Sattwerden. Das ist schon mal ein Unterschied zu älteren Bänden wie dem (entsorgten) Brigitte-Salatbuch, in dem Beilagen, Vorspeisen und gehaltvollere Salate munter gemischt waren. Die beiden Herausgeberinnen Amanda Hesser und Merrill Stubbs sind die Gründerinnen des Kochportals »Food52«, doch nur ein kleiner Teil der Rezepte stammt von ihnen selbst. Trotzdem wirken die Salatideen wie aus einer Hand – was daran liegen mag, dass allein 30 von Emily Connor stammen: meine Favoriten im Buch. In den Kapiteln »Blattsalate«, »Salate mit allerlei Gemüse«, »Salate mit Getreide & Hülsenfrüchten«, »Salate mit Pasta & Brot« bin ich fündig geworden (danach stellt ein Drittel der Rezepte Fisch, Meeresfrüchte oder Fleisch in den Mittelpunkt). Mit neuen Ideen für Schärfe im Salat (Karotten-Harissa-Vinaigrette), für Blattsalate (Gedünsteter Endiviensalat mit Feta & Honig), für Gemüse- und Getreidesorten, die ich noch nicht oft für Salat verwendet habe (Rosenkohl, Mangold, Stängelkohl, Emmer, Freekeh).
Nur Salat: Das großformatige Buch von Éva Bezzegh wirkt wie ein Coffee Table Book (die ungarische Originalausgabe ist kleiner und etwas leichter als die zwei Kilogramm der deutschen Übersetzung, im Callwey Verlag erschienen). Mit 96 Rezepten auf 320 Seiten ist der Platzverbrauch üppig. Eigentlich hätte mich das vermutlich abgeschreckt und wäre ein Argument gegen den Kauf gewesen, doch ich hatte das Buch »blind« bestellt, und die Rezepte lohnen sich tatsächlich. Die zwölf Monate des Jahres sind das Ordnungsprinzip und demonstrieren zudem den Anspruch, vorzugsweise saisonale und regionale Zutaten zu verwenden – und bis auf ein paar Ausnahmen mit Kokosnuss oder Papaya klappt das auch. Die eher einfachen Rezepte daraus wie Birnen-Schwarzrettich-Carpaccio, Apfel-Rote-Bete-Salat, Kohl-Fenchel-Karotten-Salat, Feldsalat mit Radieschen oder Ofenkürbissalat mit Kräuterpesto und Ricotta zeigen genau, warum kluges Kombinieren weniger Zutaten zu den besseren Salaten führt. (Wer sich da unsicher fühlt, dem kann ich die Lektüre des Buchs von Thomas Vilgis und Thomas Vierich empfehlen: Aroma Gemüse. Der Weg zum perfekten Geschmack.) Allerdings irritieren Rezepte wie das für den Topinambur-Linsen-Salat, für den beide Gemüse aus der Dose (!) verwendet werden. Die Begründung dafür ist überdies absolut falsch: Linsen müssen weder eingeweicht noch stundenlang gekocht werden. Zudem sind auf dem Foto Artischocken zu sehen – von Topinambur keine Spur. Auch der Portulak im Asia-Hähnchensalat ist Postelein, das zwar auch Winterportulak genannt wird, botanisch sind die beiden Blattgemüse aber nicht verwandt.
Salatsensationen: Auch Peter Gordon sieht Salat in der Rolle als Hauptgericht und entsprechend wenig »Einfache Salate« findet man in seinem Buch, wie das knappe erste Kapitel heißt. Praktisch ist die Einteilung der Kapitel nach Zutaten: Salate mit Gemüse, mit Gemüse und Körnern, mit Gemüse und Käse. In allen wird dann viel an einzelnen Komponenten vorbereitet, Gemüse wie Blumenkohl, Möhren oder Pastinaken wird im Ofen geröstet oder in der Salzkruste gebacken, Brokkoli, Mais oder Auberginen werden gegrillt, Birnen pochiert und Radicchio angebraten. Auch abwechslungsreiche Dressings und Würzungen mit Miso, Wasabi, Blauschimmelkäse, Ingwer, Tamarinde oder Tahini kommen nicht zu kurz. Wobei dann bei den drei Kapiteln mit Fisch, Fleisch und Geflügel manchmal der Salatbegriff etwas überstrapaziert erscheint. Hört sich aufwendig an? Man kann das Buch auch nutzen wie ich und einzelne Anregungen daraus übernehmen – Ofentomaten im Winter, knuspriger Buchweizen für mehr Textur, Miso zum Glasieren von Auberginen, schwarzer Knoblauch und Gomasio als Würzmittel, getrocknete Cranberrys (vor der Verwendung in Zitronensaft aufkochen!), geröstete Trauben oder rauchiges Apfelkompott als süßes Element im Salat…
Salatwerkstatt: Der dänische Koch Claus Meyer ordnet seine 80 Salatrezepte nach den vier Jahreszeiten. Den Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Wintersalaten schickt er Grundlegendes für die eigene »Salatwerkstatt« voraus – Wissenswertes über Essig und Öl, Rezepte für Dressings und Dips, Chips und Croûtons. Denn ein im buchstäblichen Sinn »knackiger« Salat enthält als zusätzliches Element Nüsse, Kerne oder geröstete Brotwürfel. Was man sich außerdem abschauen kann ist die Kunst des Abschmeckens mit Kräutern und Gewürzen oder ungewöhnlichen Vinaigrettes: Krautsalat mit Kreuzkümmel, Rote Bete mit Kerbel, Basilikum und Estragon, Möhren mit Quittenvinaigrette, grüner Spargel mit Kapernvinaigrette, Topinambur mit Grünkohl-Salsa, Erbsen mit Currydressing. Abgeschaut habe ich mir, rote Zwiebeln für Salate vorher in Essig und kochendem Wasser ein paar Minuten ziehen zu lassen, oder beispielsweise auch essbare Blüten als Zutat zu verwenden. Auf meinem Balkon habe ich Borretsch und Kapuzinerkresse gepflanzt.
Extravagante Salate: An den etwa 65 Salaten gefällt mir, dass sie alles andere als extravagant sind, sondern ausgesprochen alltagstauglich und meist »im Handumdrehen zubereitet«. Auch hier wird nach Zutaten sortiert, »Gemüse & Hülsenfrüchte«, »Fleisch, Fisch & Käse« und »Gemüse« heißen die drei Kapitel. Für knusprige Textur sorgen hier »Toppings«, die alle leicht selbst herzustellen sind (Knoblauchstreusel, Dukkah und mehr), für originelle Würzung die Dressings. Bewährtes (Fenchel & Grapefruit, Tomaten, Zwiebeln & Paprika, Insalata Caprese, Thunfisch & weiße Bohnen, griechischer Salat, Salade Niçoise, Sellerie, Birnen & Roquefort, Panzanella) steht neben Varianten (Caesar Salad mit Grünkohl, Blumenkohl-Taboulé) und ungewöhnlicheren Ideen (roher Kürbis, Dicke Bohnen & Pfirsiche, Gurke & Algen, Wassermelone & Fenchel). Wer viel Abwechslung sucht, aber keine großen Experimente machen will, kommt mit den Salatideen gut durchs Jahr.
Amanda Hesser & Merill Stubbs: Salat satt. 60 Rezeptideen für gesunde Hauptgerichte, Südwest Verlag 2018
Éva Bezzegh: Nur Salat. Rezepte für 12 Monate, Callwey Verlag 2020
Peter Gordon: Salatsensationen, Knesebeck Verlag 2017
Claus Meyer: Salatwerkstatt. 80 pfiffige Originalrezepte, Freies Geistesleben 2011, 2. Auflage 2020
Sue Quinn & Victoria Wall Harris: 80 extravagante Salate, Neuer Umschau Buchverlag 2016