FRANZÖSISCHER KÄSE: GALET DE LA LOIRE
Ein Käse aus dem Loire-Tal: Es muss nicht immer Camembert aus der Normandie oder Brie sein. Diese beiden bekanntesten französischen Weichkäse aus Kuhmilch schmecken toll, ohne Frage, besonders wenn sie nicht aus der Großmolkerei kommen, sondern aus handwerklicher Herstellung mit Rohmilch. Der Galet aus pasteurisierter Kuhmilch ist nach den Flusskieseln benannt, die das Ufer der Loire säumen. Der »Kiesel« ist aber alles andere als ein harter Brocken, im Gegenteil, er zeichnet sich durch seine cremige Konsistenz und seine weiche, fast weiße Edelschimmelrinde aus. Zusammen mit seinem milden Geschmack hat man fast das Gefühl, etwas festere Sahne zu essen. Ein Käse für Anfänger sozusagen. Mein Käsehändler bezieht den in Papier verpackten runden Käse von der Fromagerie Louis Tessier, die seit 1926 im Dörfchen Cornillé-les-Caves in der Nähe von Angers ansässig ist, allerdings schon seit über vier Jahrzehnten zum international in 120 Ländern tätigen und börsennotierten Milchindustriekonzern Savencia gehört.
Ein Milchkartell? Als zweitgrößter Käsehändler Frankreichs und fünftgrößter weltweit vertreibt die Molkereigruppe Savencia diverse überregional vermarktbare Supermarktkäse aus industrieller Verarbeitung, von Bresso und Géramont über Le Rustique und Saint-Albray bis zum Frischkäse Le Tartare, hat aber auch unter der Rubrik »Terroir« einige nur lokal produzierte Käse im Portfolio wie den Roquefort Papillon (seit 2019). Der Galet de la Loire scheint vor allem für den Export produziert zu werden – in Frankreich spielt er keine Rolle. Nicht nur in Frankreich betreibt Savencia zahlreiche Käsehersteller, in Deutschland besitzt Savencia im Allgäu den Produktionsstandort von Edelweiss und Anteile an Söbbeke. Anteile an der Andechser Molkerei musste das Unternehmen aus kartellrechtlichen Gründen zurückgeben. Für die Milchpreise, die die Bauern erzielen können, sind solche Übernahmen keine gute Entwicklung, und der Konzentrationsprozess bei den Molkereien setzt sich als Strukturwandel in der Landwirtschaft fort – immer weniger Betriebe halten immer mehr Kühe.
Ziegenmilch: Eine Käsestraße gibt es nicht im Loire-Tal, wie sie zu den Sennereien in der Auvergne, im Jura oder in den Vogesen führen. Die Vielfalt der Käse aus der Region Centre-Val de Loire gilt es also auf eigene Faust zu entdecken. Berühmt sind vor allem die Ziegenkäse. Den rollenförmigen Sainte-Maure de Touraine mit Strohhalm in der Mitte habe ich hier schon vorgestellt. Weitere tolle Ziegenkäse (alle mit AOP) sind Selles-sur-Cher, der runde Crottin de Chavignol und die pyramidenförmigen Pouligny Saint-Pierre und Valençay. Laut französischem Landwirtschaftsministerium liefern rund 90.000 Ziegen die Milch für diese fünf AOP-Käse, 40 Prozent der Bauern mit Ziegen produzieren den Käse aus der Milch noch selbst, darunter eine große Bandbreite von Sorten mit so schönen Namen wie Couronne de Touraine, Fleur de Sologne, Trèfle du Perche, Pampillon, die man in Deutschland nicht oder nur schwer bekommt. Auf dem Wochenmarkt oder in der Fromagerie sollte man unbedingt auch den Olivet aus Kuhmilch mal zum Probieren erwerben – der mit Camembert verwandte Weichkäse aus der Nähe von Orléans kommt oft mit Heu oder Holzasche bestreut in den Handel.