ESSEN WAS MAN RETTEN WILL: HÖRI-BÜLLE

Bülle, Bülle: Beim Büllefest, das alljährlich am ersten Oktobersonntag in Moos stattfindet, sorgen Büllesuppe, Bülledünne und Büllebrote für das leibliche Wohl – und bilden eine gute Grundlage für Most oder Suser (den neuen, noch jungen Wein). Eine Tradition zum Erntedank, bei der sich alles um die Höri-Bülle dreht, eine rote Speisezwiebel, die nur auf der Höri-Halbinsel am Bodensee angebaut wird. Aufgrund ihrer flach-bauchigen Form eignet sie sich besonders gut zum Flechten von Zwiebelzöpfen, die die Stände beim Fest schmücken, teils zweifarbig verwoben mit den ebenfalls flachen »Stuttgarter Riesen«, und zum Verkauf stehen. Die Bülledünne, eine Art Zwiebelflammkuchen, war übrigens früher ein Nebenprodukt des dörflichen Brotbacktags: Im heißen Backhaus wurden aus mit Zwiebeln belegtem, dünn ausgerolltem Brotteig knusprige Fladen gebacken.

Im Herbst ist Erntezeit: Bereits im 9. Jahrhundert ist der Gemüseanbau am westlichen Teil des Bodensees durch die Mönche des Klosters Reichenau dokumentiert. In späteren Jahrhunderten bauten viele Landwirte auf der Höri Zwiebeln als Hauptgemüse an, und die Halbinsel erhielt den volkstümlichen Namen »Zwiebelhöri« oder »Bülleland«. Im Herbst wurden die im Alemannischen Bülle oder Bölle genannten Zwiebeln auf den Märkten der nahen Schweiz, in Konstanz, Radolfzell und Singen verkauft, wo sich Gastwirte, Großhändler und Privathaushalte mit ihrem Jahresbedarf eindeckten. Doch die Höri-Bülle drohte auszusterben, weil Anbau, Ernte und Samenzucht mühsam und arbeitsintensiv sind, die Zwiebel druckempfindlich ist und nicht besonders lange lagerfähig. Produzenten vor Ort ergriffen die Initiative, Slow Food nahm die Höri-Bülle 2008 in die »Arche des Geschmacks« auf, ein Projekt zur Erhaltung der Artenvielfalt, mit dem weltweit alte Nutztierrassen und Kulturpflanzen vor dem Vergessen und Aussterben bewahrt werden, und seit 2014 trägt die Höri-Bülle auch das EU-Gütesiegel »g.g.A.« (geschützte geografische Angabe) – wie Spreewaldgurken, Tettnanger Hopfen oder Filderkraut.

Eine Zwiebel zum Reinbeißen: Bei Feinschmeckern und Köchen genießt die Höri-Bülle große Beliebtheit, weil sie mild, leicht süßlich und sehr aromatisch schmeckt – und man sie gut roh essen kann: ideal zum Vespern und toll im Salat. Also: Unbedingt einkaufen, wenn sie, wie jetzt gerade, erhältlich ist! Denn auf die Nachfrage kommt es an! Eine weitere Zwiebelsorte, die es mir angetan hat, sind die »oignons roses« aus Roscoff in der Bretagne. Weitere Infos und Erzeuger:

http://www.höri-bülle.de

http://www.slowfood.de

 

 

 

 

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