DEUTSCHE WEINE IN ZAHLEN
Stabil: Die Zahlen sprechen deutliche Worte: Wein ist den deutschen Verbrauchern nicht viel wert. Kunden zahlen im Lebensmitteleinzelhandel im Schnitt nur 3,64 Euro pro Liter für deutsche Weine. Wohl gemerkt, das ist der Durchschnittswert, nicht die untere Grenze! Und für eine gängige 0,75-Liter-Flasche ist der Betrag entsprechend noch mal niedriger. Das sind zwar acht Cent mehr als 2019, doch wie ein Winzer mit solchen Beträgen wirtschaftlich arbeiten soll, bleibt ein Rätsel. Oder ein beklagenswerter Rückschluss – Billigwein geht nur mit industrieähnlicher Produktion. Der Grund: 71 Prozent aller Weine werden im Lebensmitteleinzelhandel gekauft, davon deutlich mehr als die Hälfte bei Discountern. Nur 12 Prozent kaufen direkt bei den Winzerinnen oder Winzern ein. Das Deutsche Weininstitut veröffentlicht jährlich Zahlen und Statistiken (als Download unter deutscheweine.de), und aus der Statistik 2021/2022 stammen die hier genannten Werte, die zumeist für 2020 erhoben wurden. Was die Statistik leider nicht enthält: Welche Flächen konventionell und welche ökologisch oder biodynamisch bewirtschaftet werden. Dabei nimmt die Zahl der Bio-Winzer rasant zu.
Big is better? Allerdings werden die kleinen Betriebe mit bis zu 10 Hektar immer weniger, die Konzentration auf große Weingüter in den vergangenen zehn Jahren führt dazu, dass diese inzwischen zwei Drittel der gesamten Rebfläche bewirtschaften (62.267 Hektar). Nur wer industriell im großen Maßstab gefällige Weine produziert, kann auch Supermärkte und Discounter mit den Stückzahlen beliefern, die nötig sind, um kontinuierlich im Regal präsent zu sein. Früher war das nur ein kleiner Kreis von Großkellereien und Winzergenossenschaften, inzwischen sind auch manche Weingüter mit eigenen Weinbergen und zugekauften Trauben dazu in der Lage.
Marktanteile: Deutsche Weine im Trend: In den letzten zehn Jahren hat sich das Interesse an heimischen Gewächsen deutlich erhöht. 45 Prozent der in Deutschland gekauften Weine stammen aus den heimischen Anbaugebieten, Italien folgt mit 15 Prozent, Frankreich mit 12 und Spanien mit 11 Prozent. Betrachtet man allerdings die Rebflächen weltweit, zeigt sich, dass in den letzten 25 Jahren diese drei größten Weinländer den Anbau deutlich verringert haben (Italien –29,8 Prozent, Spanien –37,3 Prozent, Frankreich –15,1 Prozent). In Deutschland blieb die Rebfläche mit 103.000 Hektar stabil. Die beiden flächenmäßig größten Anbaugebiete dominieren den Markt: 30 Prozent der deutschen Weine werden in Rheinhessen erzeugt, knapp 21 Prozent in der Pfalz, dahinter folgen die Mosel mit knapp 17 und Baden mit 13 Prozent. Auf dem Weltmarkt stehen die deutschen Erzeuger mengenmäßig an neunter Stelle, Italien und Frankreich auf Platz eins und zwei produzieren mehr als das Fünffache.
Deutsche Vorlieben: Riesling bleibt als Rebsorte weiter unangefochten die deutsche Nummer 1, er wird auf einem Viertel aller bestockten Weinberge angebaut und reift in allen 13 Anbaugebieten, an Rhein und Neckar ebenso wie an Mosel, Elbe und Ahr. Ihren Anteil deutlich erhöht haben die bei jüngeren Kunden gefragten Rebsorten Grau- und Weißburgunder, auf niedrigerem Niveau auch Chardonnay und Sauvignon Blanc. Immer weniger Winzer setzen dagegen auf Müller-Thurgau oder Kerner. Wobei die Unterschiede groß sind, was die Winzer so aus einem Hektar herausholen – in Sachsen im Durchschnitt 42, in der Pfalz 100 Hektoliter. Das liegt zum einen an Steillagen versus Anbau auf der industriell kultivierbaren Fläche, andererseits macht auch nicht jeder Winzer bei der vielgepriesenen Ertragsreduzierung zur Qualitätssteigerung mit, sondern setzt nach wie vor auf Quantität. Noch lieber als Wein (20,7 Liter pro Kopf im Jahr 2020) trinken die Deutschen aber nach wie vor Bier (94,6 Liter), Wasser (132,6 Liter), Limonaden (114,7 Liter) und Kaffee (168 Liter).
Rotwein im Trend: Zwei Drittel der deutschen Weine sind Weißweine, nur ein Drittel Rotweine. Nur? Das Verhältnis sah vor 25 Jahren noch viel deutlicher aus – der Anteil der roten Rebsorten betrug nur ein Fünftel. Deutsche Rotweinsorte Nummer 1 ist der Spätburgunder, der neben Dornfelder und Lemberger am meisten zum Zuwachs beitrug. Ein Trend zum Rosé, wie ihn einige Magazine feststellen wollten, lässt sich daraus nicht ablesen, eine Übersicht zeigt für die letzten fünf Jahre stabile Zahlen um 10 Prozent. In zwei Anbaugebieten – im Ahrtal und in Württemberg – dominiert ohnehin der Rotwein, dass jetzt auch anderswo mehr produziert wird, macht unter anderem der Klimawandel möglich. Der Anteil wärmeliebender Rebsorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot ist mit 450 und knapp 800 Hektar zwar noch gering, aber der Sortenwechsel könnte eine der Maßnahmen sein, um den Weinanbau trotz höherer Temperaturen zu erhalten. Ob bereits Winzer in höhere Lagen ausweichen, den kältere Temperaturen liebenden Riesling ersetzen müssen oder wegen steigender Niederschläge verstärkt PiWi-Sorten anbauen, lässt sich der Statistik des Weininstituts dagegen nicht ablesen.