BUCHSTABIEREN IN DEUTSCHLAND UND FRANKREICH

K wie Köln: Am 13. Mai hat das DIN-Institut eine neue Norm veröffentlicht, wie in Zukunft mündlich buchstabiert werden soll – die Buchstabiertafel enthält nur noch Städtenamen. Bislang wurde größtenteils nach Vornamen buchstabiert, Anton, Berta, Cäsar, Dora, Emil, Friedrich, Gustav … Das sei nicht mehr zeitgemäß gewesen: einerseits mit zu vielen männlichen Vornamen (16 gegenüber sechs weiblichen Vornamen), anderseits sei es mit Namen auch nicht möglich, gendergerecht auch noch multikultureller Diversität gerecht zu werden. Zumal die Moden unterworfenen Vornamen deutlich jeweils eine bestimmte Zeit widerspiegeln. Zukünftig wird Aachen bis Zwickau buchstabiert: die DIN 5009 für das »Ansagen und Diktieren von Texten und Schriftzeichen« wurde auf Städtenamen umgestellt, ihre Anwendung für das gesprochene Alphabet ist allerdings freiwillig. Ob sich jetzt Städte wohl beschweren werden? Köln und Düsseldorf können ihre lokale Rivalität außer Acht lassen – sie kommen beide vor. Stuttgart dagegen hat es nicht geschafft, Ulm und Augsburg auch nicht, ja, nicht einmal Quedlinburg.

Nazi-Einflüsse: Den Anstoß für die Neugestaltung der Buchstabiertafel gab zudem der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume, der daran erinnerte, dass in der Zeit des Nationalsozialismus alle jüdischen Namen aus der Tafel getilgt wurden. Aus David wurde Dora und aus Nathan Nordpol. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese Änderungen in der ehemals postamtlichen Buchstabiertafel nur teilweise rückgängig gemacht. So kann auch endlich auf den negativ besetzten Namen Xanthippe verzichtet werden. Die Ehefrau des griechischen Philosophen Sokrates gilt als Inbegriff eines zänkischen, streitsüchtigen, übellaunigen Weibes, obwohl über die historische Person kaum etwas bekannt ist. Das ist nun mit Xanten gelöst.

Alphabet téléphonique: International wird anders buchstabiert, teils auch nach Städtenamen. In Frankreich greift man ebenfalls auf Vornamen zurück, von Anatole bis Zoé. Sogar fast durchgängig, man fand mit Quintal, Xavier und Yvonne auch Eigennamen für die »schwierigen« Buchstaben, nur für das im Französischen so seltene K muss Kléber herhalten, der Nachname eines französischen Generals, der in seltenen Fällen auch als Vorname auftaucht (beispielsweise beim Schriftsteller und Offizierssohn Kléber Haedens). Richtig vereinheitlicht ist das gesprochene Alphabet ohnehin nicht, andere Vorschläge als das postalische enthalten Alice statt Anatole, Marie statt Marcel und Samuel statt Suzanne. Mal ganz abgesehen von den frankophonen Varianten aus Belgien, der Schweiz und Québec.

 

 

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