TABAKANBAU IN DER PFALZ
Neue Geschäftsideen gefragt: Einst war die Südpfalz das größte Tabakanbaugebiet Deutschlands. Daran erinnern nicht nur Kunstobjekte wie der Tabakbrunnen in Herxheim (von Barbara und Gernot Rumpf) und der Raucher auf einer Bank in Hayna, sondern auch noch veritable Tabakfelder, wie man sie rund um die beiden Orte entdecken kann. Nachdem im Jahr 2010 die bis dahin großzügigen EU-Subventionen für den Tabakanbau wegfielen, ging die Anbaufläche zunächst zurück, doch in den vergangenen Jahren wuchs sie wieder, weil einige Tabakanbauer auf den in den USA begehrten Ökotabak umgestellt hatten. In Deutschland darf mit biologischem Anbau nicht für Tabak geworben werden, weil Verbraucher sonst fälschlicherweise annehmen könnten, dieser Tabak sei gesünder. Zuletzt hatte sich der Tabakanbau aufgrund des boomenden Markts für Wasserpfeifen stabilisiert – der deutsche Rohtabak wird zum überwiegenden Teil für Shishas verwendet.
Wo der Tabak wächst: In ganz Deutschland gibt es noch um die 130 Betriebe mit insgesamt 2100 Hektar Anbaufläche, neben der Südpfalz auch in Baden beispielsweise. Heimische Sorten wie Geudertheimer und Friedrichstaler sind auch noch verbreitet, klimabedingt pflanzen die deutschen Tabakbauern jedoch vorwiegend Virgin-Tabak an – diese nikotin-, aber auch aromaarmen Tabake werden als Fülltabake aromareicheren Soren beigemischt. Die getrockneten Blätter werden sortiert und in Ballen verpackt an die Tabakfirmen geliefert, bei denen der Tabak fermentiert und anschließend zu Zigarren oder Zigaretten weiterverarbeitet wird. Früher war Tabak auch für Kau- und Schnupftabak begehrt, aber wie das Zigarrenrauchen ging mit dem Siegeszug der Zigarette auch das Priemen zurück.
Südpfälzer Tabakdorf: Einer Urkunde zufolge soll der erste Tabak im Jahr 1573 im Pfarrgarten von Hatzenbühl angebaut worden sein, der Ortbezeichnet sich daher als älteste Tabakanbaugemeinde Deutschlands. Das benachbarte Herxheim war noch Mitte der 1950er-Jahre die größte, was Anbaufläche und Ertrag angeht. Im Ortsteil Hayna zeugen besonders zahlreiche der fensterlosen, aber ausgeklügelt belüfteten Trockenscheunen noch von vergangenen Zeiten – allein im Ortskern sind es über 100. Aber auch andernorts sind hinter den Häusern teils noch die hohen Tabakscheunen zu entdecken, aus Holz erbaut und fast schwarz, in denen die in mühsamer Handarbeit aufgefädelten Blätter früher mehrere Wochen lang getrocknet wurden (heuzutage vermehrt in Trockenöfen) – so an Latten aufgehängt, dass die Luft ausreichend zirkulieren konnte.
Tabakbrechen: Herxheim, Hayna und Hatzenbühl verbindet der Radrundweg »Tabaktour«. Im Jahr 2016 wurde in Hatzenbühl zudem ein 3 Kilometer langer Tabakrundweg mit Informationstafeln eingerichtet, der an die einstige Bedeutung der Kulturpflanze Nicotiana für die Region erinnert. Dieser beginnt am Rathaus und erinnert auch an den Pfarrgarten, in dem Pfarrer Anselm Anselmann im Jahr 1573 erstmalig den aus Amerika eingeführten Tabak pflanzte. Des weiteren erfährt man beispielsweise, dass die Tabakpflanze wie Kartoffeln und Tomaten zur Familie der Nachtschattengewächse gehört und die Blätter in mühevoller Handarbeit geerntet werden, der Reife entsprechend von unten nach oben. Die untersten Blätter der zur Erntezeit bis zu 2 Meter hohen Pflanzen heißen Grumpen, darüber wachsen Sandblatt, Hauptgut und Obergut. Das sogenannte »Tabakbrechen« beginnt, sobald sich eine gelbliche Verfärbung der Blätter zeigt. Nach der Ernte müssen die Blätter schonend getrocknet werden – früher passierte das in den oben erwähnten Trockenscheunen.
Kräuter statt Kraut: Jahrzehnte lang hatte der Tabakanbau wirtschaftlich die Hauptrolle in der Region gespielt, heute haben viele Landwirte auf den Kräuteranbau umgestellt, anfangs nur Petersilie, inzwischen kamen auch weitere Küchenkräuter wie Dill, Kerbel, Estragon, Liebstöckel und Koriander hinzu. In der Erzeugergemeinschaft Pfalzkräuter haben sich knapp zwei Dutzend Landwirte, überwiegend ehemalige Tabakpflanzer, zusammengeschlossen, die auf rund 180 Hektar Kräuter anbauen. Auch das um 1900 gegründete Fermentierungsunternehmen Metz in Hayna, das früher mit Tabak handelte, hat umgesattelt, eine Trocknungsanlage für Kräuter gebaut und verarbeitet diese weiter.