KATHARINA ROGENHOFER: ÄNDERT SICH NICHTS, ÄNDERT SICH ALLES

Ändert sich nichts… Das Buch beginnt mit einer Bestandsaufnahme, bei der sich Katharina Rogenhofer nicht auf die ökologischen Krisen – Artensterben und Treibhauseffekt, Übersäuerung und Erwärmung der Meere, Überdüngung der Böden, Hungersnöte, Wetterextreme und Naturkatastrophen durch den menschengemachten Klimawandel – beschränkt. Die Autorin stellt ohne Umschweife gleich in den ersten Kapiteln klar, dass Klimaschutz Kapitalismuskritik erfordert und fundamental mit sozialer Gerechtigkeit verbunden ist. Die Vergesellschaftung von Kosten und die Privatisierung von Gewinnen ist eines der Probleme, der Fokus auf Wirtschaftswachstum ein anderes, mit den Folgen massiver Umweltzerstörung und Ressourcenverbrauch jenseits planetarer Grenzen.

… ändert sich alles: Dass bislang niemand über die Fakten Bescheid wusste, stimmt schon seit Jahrzehnten nicht. »Vom Schulbuch bis zur Spitzenforschung sind sich alle einig: Der Mensch verursacht eine nie dagewesene Zerstörung.« Warum es trotz politischer Willensbekundungen zum Klimaschutz an der Umsetzung hapert, darauf geht Katharina Rogenhofer am Ende des Buchs in den Kapiteln über »fossile Lobby« und »billige Ausreden« ein. Viel zu oft musste man sich letztere schon anhören – dass es der technologische Fortschritt schon richten wird, dass die Kosten für Klimaschutz zu hoch sind, dass es uns doch gar nicht betrifft, dass es in der Verantwortung anderer liegt…

Green New Deal: Der interessanteste Teil des Buchs widmet sich der Analyse, worauf es nun ankommt bei Investitionen und Finanzen, Wirtschaft und Arbeit, Mobilität und Raumplanung, Gesetzen und Steuern, Kommunikation und Mitbestimmung. Faktenkundig und verständlich fassen Katharina Rogenhofer und ihr Co-Autor Florian Schlederer zusammen, wo es darum geht, mutig aktiv zu werden. Das sind eben nicht nur die Förderung erneuerbarer Energien wie Windkraft und Sonnenenergie und energieeffiziente Sanierung von Häusern und Heizungen, sondern auch der Stopp klimaschädigender Subventionen (Pendlerpauschale, steuerlich begünstigtes Kerosin und Diesel, Dienstwagenprivileg, Mobilitätswende), eine ökosoziale Steuerreform, der Straftatbestand des Ökozids, Kreislaufwirtschaft statt Wegwerfwirtschaft und tatsächlich auch die von Populisten ausgeschlachteten »Verbote« wie das von Inlandsflügen oder ein Tempolimit.

Klimakrise: Ein Buch, das viele Merksätze enthält – womit hier nicht Gedächtnisstützen oder Lernsprüche gemeint sind, sondern Leitsätze zum Nachdenken, Gedanken und Fakten zum Klimawandel und den Ursachen. Nur ein paar Beispiele: »Wir leben in einer Zeit der visionslosen Politik.« »Es geht um eine Politik, die sich den Menschen verschreibt. Nicht der Wirtschaft. Nicht der Arbeit.« »Lassen wir nicht zu, dass PolitikerInnen Sozialpolitik gegen Klimaschutz ausspielen. Beides geht Hand in Hand.« »Nur Einkommen zu besteuern reicht nicht. Um das soziale Fundament zu festigen, müssen auch Vermögen umverteilt werden.«  »In Umfragen sind es aber niemals mehrspurige Straßen und Parkplätze, die eine Stadt lebenswert machen. Es sind Grünflächen, Spielplätze, Promenaden, Gastgärten und Wochenmärkte.«

Fridays For Future: Die junge Biologin engagiert sich als Klima-Aktivistin in vorderster Reihe der »Fridays for Future«-Bewegung in Österreich, wie auch ihr Co-Autor Florian Schlederer, und ist Sprecherin des erfolgreichen Klimavolksbehrens. Ihr aufrüttelndes Buch ist nicht nur wichtig und vereint beeindruckendes Faktenwissen mit klaren Forderungen, es ist Katharina Rogenhofer auch gelungen, über ein so globales Thema kein abstraktes, sondern ein ausgesprochen persönliches und am Konkreten orientiertes Sachbuch zu schreiben. Großes Lob auch an den Paul Zsolnay Verlag: eindringliches Cover, haptisch angenehmes Papier, gute typografische Gestaltung (Schriftauswahl, Satzspiegel, die zentrierten Überschriften in Grau, die Kolumnentitel, Kapitälchen). Inhalt und Form: toll gemacht!

 

Katharina Rogenhofer, Florian Schlederer: Änderts sich nichts, ändert sich alles. Warum wir jetzt für unseren Planeten kämpfen müssen, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2021