HANF IN DER KÜCHE
Faserpflanze: Von der Wurzel über Stängel und Blätter bis zu den Samen lässt sich Hanf fast vollständig verwerten. Seit Jahrhunderten kommt die krautige Nutzpflanze für Bodenbeläge, Papier – darunter Zigarettenpapier, Banknoten, Bibeldünndruckpapier, Tapeten –, Baumaterial und Textilien zum Einsatz, in früheren Jahrhunderten wurden auch Segel und Seile daraus hergestellt (für die heute statt Naturrohstoffen synthetisches Material verwendet wird). Die Entdeckung für die Küche dagegen nimmt gerade Fahrt auf, denn die meisten Menschen verbinden mit der Hanfpflanze nur die berauschende Wirkung ihrer getrockneten Blätter und Blüten als Marihuana oder Haschisch. Anbau und Herstellung als Betäubungsmittel ist in Deutschland verboten, jedoch wurde Cannabis sativa, so der lateinische Name, vor einigen Jahren als verschreibungsfähiges Arzneimittel zugelassen.
Das Auto, das auf dem Acker wächst: Seiner Zeit voraus war der 1941 von Ford vorgestellte Hemp-Car, der die Überzeugung seines Erfinders zur Schau stellte, dass er eines Tages »would grow automobiles from the soil«. Für das Hanf-Auto wurde die Naturfaser nicht nur (mit Soja und Harz) zu einem Kunststoff für die Karosserie verarbeitet, sondern das Fahrzeug wurde auch mit Hanf-Biokraftstoff betrieben und der Motor lief mit Hanföl. Mit 900 Kilogramm wog dieser Leichtbau-Wagen deutlich weniger (rund 450 Kilogramm) als ein Modell mit Metallkarosserie. Heute sind nachwachsende Rohstoffe, ob für Kraftstoff, Textilien oder Dämmung, wieder ein brandaktuelles Thema.
Küchentauglich: High von Hanf? Nein, dem Nutzhanf wurden die berauschende Wirkung weitgehend weggezüchtet. Dennoch dürfen ihn Landwirte nur mit Sondergenehmigung anbauen (was sich nach typisch deutscher Bürokratie anhört). Je nach Sorte werden die einjährigen Pflanzen bis zu vier Meter hoch. Nach der Ernte ab September werden die Samen – auch als Nüsse bezeichnet – durch Pressen zu einem wunderbar aromatischen Öl weiterverarbeitet, beispielsweise in der Ölmühle Bio-Pfister auf der Schwäbischen Alb, von der Ölmühle Solling im Weserbergland oder Seitenbacher im Odenwald. Hanföl, Hanfsamen und Hanfmehl in Bioqualität findet man inzwischen recht leicht im Naturkosthandel. Hanfsamen haben einen milden nussigen Geschmack – ob man ungeschälte oder geschälte verwendet ist Geschmackssache. Ohne Schale sind Hanfsamen kalorienreicher und weicher, denn ihnen fehlt aufgrund der entfernten Hülle der Anteil an Ballaststoffen. Gesund sind beide Varianten: Hanfsamen liefern gesunde Fette, hochwertiges Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe sowie Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Hanf ist hitzeempfindlich, deshalb sollten Hanfsamen nicht geröstet und das grün-goldene Hanföl nur für kalte Gerichte verwendet werden. Da Hanföl schnell ranzig wird, ist es im Kühlschrank am besten aufgehoben und sollte möglichst schnell verbraucht werden. Aus Hanfsamen wird auch glutenfreies Mehl gewonnen. Da es keine Stärke enthält, eignet es sich zwar nur bedingt zum Backen, kann aber gut zum »Anreichern« esslöffelweise unter normales Weizenmehl gemischt werden. Hanfsamen verfeinern nicht nur Salate, sondern schmecken auch in Müsli, Porridge, Joghurt oder einem Obstsalat. Verwendet habe ich sie zum Beispiel in Erbsen, Hanfsamen, Minze, Parmesan und im August-Obstsalat.