500 JAHRE REINHEITSGEBOT: KÖLSCH UND ALT

Obergäriges Bier – In Köln und Düsseldorf gibt es köstliche Auseinandersetzungen über Alt und Kölsch. GASTBEITRAG VON CHRISTOPH FISCHER (GEA)

Der Streit ist uralt, ewig jung und wird besonders im Kölner Karneval immer noch auf die Spitze getrieben. Und an der »längsten Theke der Welt« in der Düsseldorfer Altstadt gehen keine Witze besser als die über Köln und die Kölner. Dass die in beiden Städten gebrauten obergärigen Biere dabei eine dominierende Rolle spielen, kann nicht wirklich verwundern. Der Düsseldorfer trinkt aus Überzeugung Altbier, der Kölner selbstredend Kölsch. Ein Witz in Düsseldorf kann so gehen: Was ist der Unterschied zwischen Alt und Kölsch? Alt ist flüssig, Kölsch überflüssig. Schon Besseres gehört, oder?

Ein anderer aus Köln geht so: Kommt ein Düsseldorfer in eine Kölsch-Kneipe und bestellt ein Alt. Der Köbes, das ist der Mann mit der blauen Schürze, der die Kölsch-Gläser aus einem so genannten Kranz an die durstige Kundschaft verteilt, schaut den Mann konsterniert an, schüttelt fassungslos den Kopf und geht seiner Wege. Nach vier Stunden kommt er mit einem vollkommen schalen Kölsch an den Tisch zurück und sagt: „Is et jetz ald jenooch?“ (Ist es jetzt alt genug?) Haben wir gelacht.

Abgesehen von den auch gelegentlich schalen Witzen ist das mit ober- und untergärigen Bieren eine interessante Geschichte. Es geht dabei eigentlich nur um die Hefe, die ober- oder untergärig ist, oder, sagen wir, »arbeitet«. Wobei die Hefe nur den Gärprozess einleitet, dann aber abgeschöpft wird. Obergärige Hefe schwimmt nach dem Brauvorgang oben, untergärige sinkt auf den Boden des Braukessels. Die obergärige Hefe »arbeitet« bei Temperaturen von 15– 20 °C, die untergärige nur bei 4–9 °C. Zu Urzeiten, als es noch keine Kühlanlagen gab, konnte man untergäriges Bier daher nur im Winter brauen, obergäriges dagegen auch von Frühjahr bis Herbst. Obergäriges Bier, auch historisch, wurde immer gerne am Niederrhein getrunken; untergäriges Bier braute man schon im 16. Jahrhundert in Bayern und Württemberg. Bei Besichtigungen von Pils- oder Export-Brauerien friert man deshalb im Gärkeller, in niederrheinischen Gewölben kann man es dagegen gut aushalten.

Altbier heißt Altbier, nicht, weil es ein altes Bier ist, sondern ein Bier alter Brauart. Was nichts daran ändert, dass man es jung trinken sollte. Die dunklere Färbung des Alt im Vergleich zum Kölsch rührt daher, dass die beim Mischen von Getreide und Wasser entstehende Grünmalz getrocknet oder geröstet wird. Die Grünmalz für helles Bier wird bei 80, die für dunkles bei mindestens 105 °C geröstet. Die Malz wird erneut mit Wasser gemischt, die entstehende Maische wird gefiltert, mit Stammwürze versehen und mit Hopfen gekocht, erneut gefiltert, dann wird mit der Hefe der Gärprozess eingeleitet. Alles verstanden?

Nach dem deutschen Reinheitsgebot dürfen die Brauer ausschließlich Hopfen, Hefe, Malz und Wasser für ihr Bier verwenden. Trotzdem gibt es über 4000 Biersorten in Deutschland. Was genial anmutet, aber nichts am »Glaubensstreit« zwischen Köln und Düsseldorf geändert hat. Altbier wird dabei nicht nur in Düsseldorf, Köln, Krefeld und Wuppertal, auch im westfälischen Münster, wo eigentlich eher Pils getrunken wird, gebraut. Kölsch dagegen ist streng auf die Stadtgrenzen beschränkt und darf nur in Köln gebraut werden, da ist der Brauer ausgesprochen eigen. Es gibt in Köln noch mehr als zwei Dutzend Brauereien und eben so viele Kölsch-Sorten.

Annäherung nicht ausgeschlossen: Menschen, die in Köln und Düsseldorf leben, tragen den Richtungsstreit nicht mehr in vollem Umfang mit. Denn ein süffiges Alt in den bekannten Düsseldorfer Brauhäusern im Uerige, im Schumachers in der Oststraße oder im Füchschen in der Ratinger Straße ist mindestens so ein Hochgenuss wie ein frisches Kölsch beim Früh am Dom, beim Päffgen im alten Rotlichtbezirk am Friesenplatz, im Gaffel-Brauhaus am Alter Markt oder in der Malzmühle.

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