WEINPROBE MAL ANDERS: DEGUSTATION NACH TIROLER ART

GASTBEITRAG VON DR. CHRISTOPH FISCHER: Degustationen haben oft etwas Vornehmes. Obwohl es eigentlich nur darum geht, Wein zu trinken und danach zu sagen, ob es einem gemundet hat. Wie man die Eindrücke dann beschreibt, welche Worte man wählt, begünstigt gelegentlich das Vorurteil, dass Weinproben nur etwas für Leute sind, die den ganzen lieben langen Tag nichts anderes zu tun haben als Wein zu probieren. Und die den jeweils anderen durch ihre Expertise gerne bescheinigen, schlicht und ergreifend keine Ahnung zu haben.

Der Tiroler sieht das anders. Offenbar insbesondere der, der seiner Heimat gelegentlich entflieht, um sich im Bregenzerwald von seinen Landsleuten zu erholen. Wir erholten uns in Schwarzenberg im Bregenzerwald von Reutlingen und Köln. Wir speisten sehr gut im Gasthof Hirschen und nebenan im Gasthof Adler. Dort saßen die Tiroler, die wir zuvor in der Sauna im Hirschen getroffen hatten.

Wir tranken eine Flasche guten Grünen Veltliners, die Tiroler probierten offene Weine glasweise und hatten ihren Spaß daran. Man merkt so etwas. Und jetzt kommt meine eigentliche Geschichte. Ich fragte nach einem hervorragenden Feldsalat und dem ebenso hervorragenden Tafelspitz meine Saunafreunde aus Tirol, ob ihnen beim Probieren ein Wein besonders in Erinnerung geblieben sei. Die Tirolerin schaute mich an, hielt mir ihr Glas entgegen und sagte: »Probieren Sie selbst… «

»Darf ich wirklich«, fragte ich, vollkommen überrumpelt, und probierte. Ein Rotwein-Cuvee aus dem Kremstal. Und der Göttergatte aus Tirol bot mir hernach einen Schluck von seinem Zweigelt aus dem Burgenland, selbstverständlich auch aus seinem Glas. »Der ist noch besser als das Cuvee«, sagte er. Ich nahm auch den. Und am Nebentisch bestätigten andere Österreicher die hohe Qualität des Zweigelt. Und zeigten mir das entsprechende Etikett. Leider war die Flasche nur noch eine Flasche, sonst hätten sie mir vermutlich auch noch eine Degustation angeboten. Zur Bestätigung gewissermaßen.

Ich war so beeindruckt, dass ich mich anderntags in der Sauna nochmals herzlich bedankte. So etwas würde ich in Deutschland nicht für möglich halten, sagte ich. »Ja, die Deutschen«, sagte die Tirolerin lächelnd bei 90 Grad in der finnischen Sauna. Gar nicht einmal abschätzig, wie das Österreichern sonst gelegentlich eigen ist. Mir bleibt diese Degustation der besonderen Art in Erinnerung. Als etwas Unkompliziertes, als etwas Selbstverständliches. Sagte auch die Tirolerin. »Sie haben so nett und interessiert nach dem Wein gefragt, warum sollten Sie den dann nicht probieren?« Ja, warum eigentlich nicht.

 

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