WASSER: DER KRITISCHE AGRARBERICHT 2017
Die Welt ist durstig: Schon seit 1993 gibt das AgrarBündnis e.V. alljährlich den »kritischen Agrarbericht« heraus. Das AgrarBündnis ist ein Zusammenschluss von Organisationen aus der Landwirtschaft, Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie Verbraucher- und Entwicklungspolitik. Im Jahrbuch dokumentieren etwa 50 Autorinnen und Autoren die ganze thematische Breite der agrarpolitischen Debatte eines Jahres vor dem Hintergrund der europäischen und weltweiten Entwicklung, präsentieren praktische Alternativen und diskutieren Lösungen für die Zukunft. Der globale Wasserverbrauch steigt und Wasser wird weltweit immer knapper: Grund genug für das AgrarBündnis, 2017 das Thema »Wasser« in den Mittelpunkt zu stellen. Neben Themen wie Wasserverbrauch in der industriellen Produktion und Wasserverschmutzung in der Landwirtschaft analysieren mehrere Beiträge auch explizit die Auswirkungen auf die Ernährung bzw. zeigen auf, wie Verbraucher bewusst auswählen können.
Unser Wasserfußabdruck: In ihrem Artikel zur möglichen Rolle von Ökolandwirtschaft in wasserarmen Regionen (am Beispiel von Almeria) liefern Alexander Koch und Steffen Riese interessante Zahlen für deutsche Verbraucher (siehe auch die Diskussion um Avocados): In Deutschland ist Wasser zwar in ausreichender Menge verfügbar, allerdings verbrauchen wir nicht nur durch unseren Lebensstil enorm viel Wasser, sondern auch durch unsere Ernährungsgewohnheiten. Die Wassermenge, die für die Erzeugung eines Produkts aufgewendet werden muss, wird als »virtuelles Wasser« bezeichnet. Das virtuelle Wasser, das in Deutschland in Lebensmitteln steckt, stammt nur knapp zur Hälfte (47 Prozent) von hier: »Die übrigen 53 Prozent des Wassers werden also gewissermaßen importiert – mit den Futter- und Lebensmitteln, die in anderen Ländern für den Export nach Deutschland produziert werden. Dabei handelt es sich nicht selten um Länder, in denen Wasser sogar sehr viel knapper ist als bei uns.« Andererseits habe die heimische Gewächshausware in Sachen Ökobilanz nicht unbedingt die Nase vorn – hier ist der CO2-Fußabdruck wegen des Energiebedarfs beim Heizen das Problem.
Fleisch oder Pflanzen: Im Beitrag von Thomas Schröder über »Wasser und Vegetarismus« geht es vor allem um den Wasserverbrauch durch die Erzeugung von Fleisch und anderen tierischen Produkten, um ein Zigfaches höher als bei Pflanzen. Der »virtuelle« Wasserverbrauch ist dementsprechend bei einer vegetarischen Ernährung deutlich geringer. Seine Beispiele: »So könnte man mit dem Wasserverbrauch für ein Ei (200 Liter) ungefähr ein Kilogramm Tomaten (214 Liter) produzieren und für ein Glas Milch (255 Liter) ungefähr ein Kilogramm Salat (240 Liter).« Jeder Deutsche verbraucht im Durchschnitt täglich knapp 4000 Liter »virtuelles Wasser« – das könnte man durch sein Konsumverhalten ändern, denn je weniger Tiere in der Landwirtschaft gehalten werden, desto weniger Wasser wird verbraucht. Auch beim Thema Wasser gilt also für den Verbraucher: Kaufe regional, saisonal und weniger Fleisch.
Kranenburger: Frank Waskow widmet einen Artikel der Frage »Leitungswasser oder Mineralwasser?« Sein Zahlenmaterial: In den 1970er-Jahren tranken die Deutschen nur 12,5 Liter, im Jahr 1980 rund 40 Liter Mineral- und Heilwasser pro Kopf und Jahr. 2015 konsumierte jeder Verbraucher bereits 147 Liter im Jahr. Problematisch daran ist vor allem, dass viele Mineralwässer in Plastikflaschen abgefüllt werden, bei aus dem Ausland importierten Flaschen kommen noch lange Transportwege hinzu. Auch der Autor, Ernährungswissenschaftler bei der Verbraucherzentrale NRW, hielt die Bezeichnung als »Bio-Mineralwasser« zunächst für einen Marketinggag. Schließlich kauft man abgefülltes Mineralwasser ja ohnehin vor allem, weil man es für »naturrein« und gesundheitlich unbedenklich hält. Ist Biowasser als noch reiner als rein? 2012 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Bezeichnung keine irreführende Werbung sei. Gegenwärtig sind nur eine Handvoll Marken als Bio-Mineralwasser zertifiziert, aber Schätzungen zufolge könnte etwa ein Drittel der deutschen Brunnen und Abfüllbetriebe die strengeren Kriterien (bezüglich Schadstoffen, mikrobiologischer und chemischer Reinheit, ressourcenschonender Herstellung etc.) erfüllen.
Einzelne Artikel sowie Ausgaben der Jahre zuvor als PDF: http://www.kritischer-agrarbericht.de
Der kritische Agrarbericht 2017 erschien im Januar 2017 als Buch (320 Seiten, 24 € plus Porto, Bestellung über den ABL Verlag: http://www.bauernstimme.de/buecher/der-kritische-agrarbericht.html