RIVER CAFÉ: KOCHBUCH VON ROSE GRAY UND RUTH ROGERS

900 Rezepte: Auf knapp 800 Seiten, das lohnt sich! Ich konnte noch nicht viel nachkochen, weil ich mir den Kochbuchklotz gerade erst gekauft habe, einerseits wegen des legendären Rufs des River Cafés, aber auch wegen des Umfangs, aber ich empfehle es schon jetzt zum #indiebookday. Ich verspreche mir eine Fundgrube an weniger bekannten Rezepten aus der cucina rustica, der einfachen italienischen Küche, obwohl wahrlich nicht wenige Italien-Kochbücher bereits in meinem Regal stehen. Und tatsächlich geht der Fundus über die Klassiker wie Vitello tonnato, Panzanella, Ossobuco und Kürbisravioli weit hinaus. Für Ossobuco findet man drei Varianten. Unter den etwa 50 Risotto-Rezepten sind gleich drei Rezepte mit Radicchio und vier mit Erbsen. Risotto verde, mit frischen Kräutern und Spinat, habe ich schon ausprobiert, das risotto al rosmarino ist vorgemerkt. 130 Seiten für Gemüse und Salate! Sechs Sardellensaucen! Zwei Dutzend Rezepte für Artischocken, und im Warenkunde-Kapitel ein Hinweis zu den Sorten! Und 15 Desserts mit Zitronen! Der Echtzeit Verlag hat hier in einem Band zusammengefasst, was zuvor in sechs River-Café-Kochbüchern einzeln erschienen war. Auf Saucen, Bruschette, Suppen, Pasta, Gnocchi, Risotto, Polenta und Frittate folgt eine Fülle an Fleisch- und Fischrezepten, mit nachvollziehbaren Anleitungen, unprätentiös und für wirklich jeden leicht nachzukochen.

Britaly: Was in den 1980er-Jahren als Kantine eines Architekturbüros begann, machten Rose Gray und Ruth Rogers als River Café zu einem überaus angesagten italienischen Restaurant in London. Mit ihren kulinarischen Grundprinzipien – beste Produktqualität und Frische der saisonalen Zutaten, Gerichte wie in Italien zu Hause oder der Trattoria um die Ecke – etablierten die beiden Frauen eine (damals) neue Form des Kochens, die bei ihnen ausgebildete Köche wie Hugh Fearnley-Whittingstall und Jamie Oliver noch weiter popularisierten.

Echtzeit: Der Schweizer Verlag traut sich was beim Gestalten von Büchern. Die Rezeptseiten sind zweispaltig und unten (Rezepttexte) und oben (grüne Vorspänne) bündig aufgebaut – so ungewöhnlich wie aufgeräumt. Beim warenkundlichen Teil herrscht auch mal Mut zum Weißraum – zwischen den Buchstaben des Alphabets. Selbst dem Register wurde gestalterische Kreativität gewidmet – und auch inhaltlich hat sich jemand damit wirklich Mühe gemacht. Ein Kochbuch, in dem man sucht und findet! Schon das ist ein großer Pluspunkt. Ich habe mir noch zwei weitere von Echtzeit veröffentlichte Kochbücher bestellt, doch der 2007 von Wendelin Hess, Beat Müller und Markus Schneider gegründete Verlag publiziert auch andere Bücher – in großer thematischer Bandbreite, von Elisabeth Bronfen mit »Angesteckt«, einem Beitrag zu Pandemie und Kultur, bis zu Michèle Roten, »Wie Frau sein«, Protokoll einer Verwirrung.

Salate und Saucen: Mir gefällt auch, dass das Buch mit den Saucen beginnt, jedes Kapitel ein eigenes Inhaltsverzeichnis hat und allein hundert Seiten dem Gemüse gewidmet sind. Meiner persönlichen Vorliebe entsprechend habe ich zuerst das Salatkapitel studiert. Auch dort gibt es höchst erfreuliche Anregungen, um das eigene Kochrepertoire zu erweitern: Rezepte mit Artischocken, Wirsing oder Topinambur, mit Puntarelle oder Bottarga. Ganz fehlerfrei blieb die Übersetzung nicht (für den Krabbensalat kommen Exemplare zu 1–1,4 kg in den Kochtopf), aber ich möchte gar nicht wissen, was mir schon beim Übersetzen von Kochbüchern durch die Lappen ging. Oder heißen Krebse in der Schweiz Krabben? Vermutlich…

River Café – Alle Rezepte. Die italienische Küche von Rose Gray und  Ruth Rogers, übersetzt von Ulrike Becker und Johanna Hofer von Lobenstein, Echtzeit Verlag, Basel 2020

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