NIZZA: HOTEL LE ROYAL AN DER PROMENADE DES ANGLAIS

Nichts, um mein Haupt zu betten: Ganz im Gegenteil, für mein Wochenende in Nizza hatte ich vorab ein Quartier reserviert. Zu meinem Erstaunen ein unschlagbar günstiges Bett sogar: Übernachten an der Côte d’Azur, und insbesondere in der ersten Reihe direkt am Meer, hatte ich mir sehr viel teurer vorgestellt. Teils waren die Zimmertarife wohl der Vorsaison (Anfang März) geschuldet, womöglich aber auch dem Rückgang der Besucherzahlen nach dem Anschlag am 14. Juli 2016, dem Nationalfeiertag Frankreichs. »Nichts, um sein Haupt zu betten« heißt das Buch von Françoise Frenkel, das ich vor Ort gelesen habe – für die aus Nazideutschland geflohene jüdische Buchhändlerin wird in den 1940er-Jahren ein Hotel in Nizza zur Zuflucht (Buchbesprechung folgt, erschienen im Hanser Verlag). Mondän wie das legendäre Negresco nur wenige Meter weiter ist das Hotel Le Royal zwar nicht, aber es residiert ebenfalls hinter einer prächtigen Belle-Epoque-Fassade. Ein Zimmer mit Blick auf die elegante Uferpromenade und die sanft geschwungene Baie des Anges, die Engelsbucht, war es dann auch nicht, sondern ein ruhiges und gepflegtes Einzelzimmer (Single Côté Ville) nach hinten zur Stadt hinaus. Ich habe dort gut geschlafen und das (gratis) WLAN genutzt, ansonsten war ich in der Stadt unterwegs… Daher kann ich über die Qualität des Frühstücks oder des Restaurants nichts sagen, aber ansonsten das Dreisternehotel zur Übernachtung sehr empfehlen.

Der Laufsteg von Nizza: Die großen Prachtbauten aus der Belle Epoque und das ehemalige Art-Déco-Kasino (heute ein Hotel) an der Promenade des Anglais, sozusagen die »Fassade« der Küstenstadt, stammen aus jener Zeit, als die europäische Hautevolée im Winter wegen des milden Klimas an die französische Riviera reiste. Ihren Namen verdankt die elegante Uferpromenade den reichen Engländern, die im 19. Jahrhundert in großer Zahl ihr Winterquartier in südliche Gefilde verlegten. Heute bevölkern am frühen Morgen vor allem Jogger den breiten Bürgersteig oberhalb des Stadtstrands, doch bald füllt sich die Promenade mit Spaziergängern, Radfahrern, Skateboardern und Inlineskatern. Auf den überall verteilten weißen Holzbänken und blauen Stühlen ist bald kein Platz mehr frei, man unterhält sich, liest oder genießt die Frühlingssonne.

Jetzt erst recht: An diesem wunderschönen Frühlingswochenende im März 2017 herrschte eine entspannte, zwanglose und lebendige Atmosphäre überall in der Stadt – trotz des Anschlags im Jahr zuvor mit 86 Toten und 458 Verletzten. Bewunderswert konsequent halten die Franzosen daran fest, sich nicht einschränken zu lassen, die Terroristen nicht gewinnen zu lassen. Apropos Kurztrip: Ich fliege nicht gerne, höchstens alle drei Jahre mal, und schon gar keine Langstreckenflüge. Dass ich dadurch auf Europa beschränkt bleibe, stört mich überhaupt nicht, die Liste von Orten, die ich hier noch sehen möchte, ist eher endlos. Aber nach Nizza bin ich bewusst geflogen, um diese Jetzt-erst-recht-Haltung in Frankreich zu unterstützen. Ob die vielen Absperrungen den erhöhten Sicherheitsvorkehrungen geschuldet waren oder dem Radrennen Paris-Nice, das genau am Märzwochenende meines Besuchs in Nizza endete, war nicht ganz klar, die patrouillierenden Jungsoldaten mit Maschinengewehren waren es sicher. Seit den Terroranschlägen in Paris im November 2015 befindet sich Frankreich im Ausnahmezustand. Mehrmals wurde der Zustand seither verlängert – nun zum fünften Mal bis zum Juli 2017.

Le coup de canon de midi: Ich bin jedenfalls zusammengezuckt, als es plötzlich extrem laut knallte. Aber außer mir sonst keiner. Es brach keine Panik aus, alle blieben völlig gelassen, niemand erschrak. Was war? Eine Detonation? Nein, mittags um 12 Uhr hallt ein »Kanonenschuss« über die Altstadt. Im Jahr 1861 soll Sir Thomas Coventry-More auf eigene Kosten auf dem Burgberg, der Colline du Château, eine kleine Kanone installiert haben. Seine Frau liebte lange Spaziergänge und der Legende nach rief er sie – quasi mit Donnerhall – zurück ins traute Heim, um das Mittagessen für ihn vorzubereiten. Bis heute weiß man daher dank des täglichen Knalls in Nizza, wann Mittagszeit ist. Das Kuriose an der Geschichte: Eine Kanone gibt es gar nicht mehr, es handelt sich tatsächlich um eine Detonation! Ein Sprengmeister der Stadt zündet jeden Tag auf der Colline du Château einen großen Feuerwerkskörper.

Hotel Royale, 23 Promenade des Anglais, 06000 Nice, Tel. 0033 4 93 16 43 00