IM KINO: E.1027 EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER
E.1027: Der aus Ziffern und Buchstaben bestehende Name, den Eileen Gray (1878-1976) für ihr erstes Haus wählte, ist ein Zahlenspiel aus ihren Initialen und denen ihres damaligen Partners Jean Badovici, mit dem sie die Villa Ende der 1920er-Jahre in Roquebrune-Cap-Martin an der Côte d’Azur gemeinsam errichtete. Schnell wird ihr Rückzugsort berühmt und zum Treffpunkt für Künstlerfreunde, die Ruhe ist dahin. Eileen Gray zieht sich zurück, nach nur zwei Sommern, und baut weiter oberhalb an der Küste ein zweites Refugium, das sie Tempe a Pailla nennt.
Ein Gebäude wie eine zweite Haut: Die irische Designerin und Architektin entwarf mit E.1027 eine Ikone der Moderne, ein so zurückhaltendes wie avantgardistisches Gesamtkunstwerk, mit dem sie internationales Ansehen gewann. Das konnten ihre männlichen Kollegen nicht gut aushalten. Ende Oktober 2024 lief die Doku-Fiktion »E.1027. Eileen Gray und das Haus am Meer« von Beatrice Minger (Schweiz 2024, 89 Minuten) im Kino an. Der Film erzählt aus dem Blickwinkel der Designerin, mit vielen originalen Zitaten und unterlegt mit Archivmaterial. Erzählt wird in bedächtigem Tempo mit langen Einstellungen, ein fast elegisches Kammerspiel, das zum Teil mit Theaterszenen auf einer minimal ausgestatteten Bühne, teils in der restaurierten Villa am Mittelmeer mit Schauspielern eine Dreiecksbeziehung vorstellt. Mit der britischen Schauspielerin Natalie Radmall-Quirke hat die Schweizer Regisseurin
Maison au bord de mer: Der damals schon bekanntere Architekt Le Corbusier entdeckte die Villa in den 1930er-Jahren und war davon so fasziniert, dass er falschen Zuschreibungen, die in ihm den Architekten von E.1027 sahen, nicht widersprach. Auch dieses männliche Dominanzgebaren trug dazu bei, dass Eileen Gray in Vergessenheit geriet. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs entstellt »Corbu« die Wände mit Wandmalereien und ließ davon Fotografien veröffentlichen. Entsetzt forderte Eileen Gray die Rücknahme der ungebetenen Malereien, die sie als Vandalismus empfand, was Le Corbusier ignorierte. Vergeblich versuchte er in den 1950er-Jahren, E.1027 zu erwerben. Stattdessen baute er im Jahr 1952 gleich nebenan eine rustikale Blockhütte, Le Cabanon, und noch immer ist der Weg am Haus nach dem egomanen Architekten benannt. Doch die erst spät wiederentdeckte Eileen Gray ist inzwischen als einflussreiche Wegbereiterin moderner Architektur anerkannt.