FRANZÖSISCHE ORIGINALE: SENF AUS BURGUND
Moutarde de Dijon: Zu feinem Senfmehl zermahlene oder nur grob zerquetschte Senfkörner, Essig, Wasser oder Wein, Salz, Gewürze, mehr braucht man für die Senfherstellung nicht. Dass im 18. Jahrhundert der Senf aus Dijon zum Inbegriff bester Qualität wurde, lag vielleicht daran, dass der Essig durch Verjus, den Saft unreifer Trauben, ersetzt wurde. Für den Dijon-Senf, der als feine oder körnige Variante erhältlich ist, darf nur braune und schwarze Senfsaat zum Einsatz kommen, mit ihrem kräftigeren und schärferen Geschmack sorgen sie für die typische Würze. Der grob gemahlene körnige Dijon-Senf, auch Rôtisseur-Senf genannt, wird zum Grillen und Braten (frz. rôtir) bevorzugt, weil er bei starker Hitze sein Aroma nicht verliert. Doch die Bezeichnung »Dijon-Senf« ist kein Hinweis auf den Herstellungsort (obwohl einige französische Senfmüller im Burgund produzieren), sondern nur auf das besondere Herstellungsverfahren – es darf sich also jeder Senf »Dijon-Senf« nennen, der sich ans traditionelle Rezept hält.
La Moutarderie Fallot: Großes Renommée bei Feinkosthändlern und Sterneköchen genießt die schon 1840 gegründete Senfmühle Fallot in Beaune, nach wie vor ein Familienunternehmen und der letzte verbliebene unabhängige Senf- und Essighersteller. Fallot ist Mitglied der Vereinigung »Moutarde de Bourgogne«, die als Gegeninitiative gegen diese Beliebigkeit einen neuen Qualitätsstandard setzen will. Zudem unterstützt das Unternehmen den Senfanbau im Burgund, sodass es nicht nur den heimischen Burgunderwein, sondern auch regionale Senfsaat für die Produktion verwenden kann. Für die verschiedenen Sorten hinzugefügt werden frische Kräuter wie Basilikum oder Estragon, Gewürze oder sogar Obst wie schwarze Johannisbeeren (Cassis), die den Senf leuchtend violett färben. Zu meinen Favoriten zählen der Senf mit grünem Pfeffer, »moutarde à la provençale« mit roten Paprika und »moutarde verte à l’estragon«, der hellgrüne Estragonsenf, der gut zu Blattsalaten passt.
Maille: Der Senf des 1747 gegründeten französischen Traditionshauses (das heute allerdings keine Manufaktur mehr ist, sondern ein Unternehmen, das zum Nahrungsmittel-Multi Unilever gehört) ist auch in deutschen Supermarktregalen zu finden, allerdings meist nur die beiden beliebtesten Sorten Dijon-Senf und »moutarde à l’ancienne« (grobkörniger Senf, aus dem die Schalen nicht entfernt wurden) und manchmal »moutarde au raifort« (Meerrettichsenf). Von den vielen saisonalen Varianten beispielsweise mit Walnüssen, Blauschimmelkäse, Morcheln, Basilikum, Rucola, Feigen oder schwarzen Johannisbeeren bekommt man hier nichts zu sehen. Bei Senftests von Öko-Test und Slow Food schnitt Dijon-Senf von Maille etwas schlechter als andere Marken ab, weil er Kaliummetabisulfit und Citronensäure enthält. Bei Ersterem handelt sich um ein Antioxidationsmittel, das dem Produkt eine hellere Farbe gibt – dieser Zusatzstoff ist typisch für Dijon-Senfe aus Frankreich –, bei letzterem um ein Säuerungsmittel. Geschmacklich dagegen war der Maille-Senf überragender Sieger etwa im Falstaff-Test (Wein- und Gourmet-Magazin). Wann immer ich in Frankreich bin, bringe ich mir die saisonalen Sorten in kleinen Gläschen mit, die man nur dort bekommt, zuletzt »Herbes Vertes« (grüne Kräuter) und »Aneth et Citron Vert« (Dill und Limette), die ich in Paris in der Boutique an der Place de la Madeleine gekauft habe. Schön als Geschenk sind die in schwarze Steingut-Töpfchen abgefüllten Sorten.
Senf im Salat: Je nach Sorte hat der Senf ordentlich Wumms, denn es gibt ihn in unterschiedlichen Schärfegraden – bei der Herstellung geben ihm weiße bis gelbe Körner (Sinapis alba) feine Aromen, rotbraune (Brassica juncea) oder schwarze (Brassica nigra) verleihen Schärfe. Wie Radieschen, Rettich oder Kresse gehört Senf zur Familie der Kreuzblütler. Je nach Mischung heller und dunkler Körner entfaltet das Ergebnis seine nasenreizende Wirkung oder überrascht mit süßer Milde. Zwar verschwindet der Senf in einer Vinaigrette in einer Reihe weiterer Zutaten, doch ist er als Säurelieferant integraler Teil und verbindet als Emulgator Essig und Öl. Denn schließlich ist ein Salat nur so gut wie sein Dressing.
Scharfmacher: Die Auswahl und das Verhältnis von hellen zu dunklen Senfkörnern, der Mahlgrad der Körner, der verwendete Most, Verjus oder Essig und natürlich die Qualität der Rohstoffe bestimmen grundsätzlich den Geschmack des Senfes. Je größer der Anteil der dunklen Körnersorte, umso schärfer schmeckt ein Senf, je mehr helle, umso milder. Schmeckt man mit verschiedenen Zutaten ab, erhält man eine riesige Vielfalt dieses wohl beliebtesten Würzmittels. Chilisenf ist eher für Grillmarinaden als für Salatsaucen geeignet. Feigensenf oder Birnensenf passen gut zu Käse – ihr Senfanteil ist jedoch eher gering.
Kühl und dunkel lagern: Senf ist ein recht haltbares Lebensmittel, denn der darin enthaltene Essig konserviert. Doch bei zu viel Licht verliert er seine Farbe, Wärme nimmt ihm die Schärfe. Am besten aufgehoben ist er deshalb nicht bei Raumtemperatur, sondern im Kühlschrank. Als bekennender Senffan (Bratwurst esse ich nur wegen des Senfs, ein Leberwurstbrot eigentlich auch) habe ich immer gleich mehrere geöffnete Gläser im Vorrat – auch weil sie nicht ewig ihr Aroma behalten, greife ich gern zu den kleineren Größen.